Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Schwarze Keltin

Die Schwarze Keltin

Titel: Die Schwarze Keltin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellis Peters
Vom Netzwerk:
herauszufordern. Sie würden vielleicht ein wenig plündern und sich die Zeit auf angenehme Weise damit vertreiben, ein paar entlaufene Rinder und verirrte Dörfler zu entführen, aber sie waren nicht solche Narren, Owain in seinem ganzen Zorn gegen sich aufzubringen.
    »Bringt das Pferd hier heraus auf den Weg«, sagte Cadfael.
    »Ihr könnt meines reiten, und ich werde Eures führen.«
    So funkelnd, wie Heledd ihn ansah, weckte ihr Blick zwar keine Zweifel, die Cadfael beunruhigt hätten, ließ aber auch nicht erkennen, ob sie ihm Folge leisten würde. Sie zögerte nur einen Augenblick, in dem die Ruhe des windstillen Nachmittags ihm erstaunlich tief vorkam, dann drehte sie sich um, teilte die Zweige und verschwand, wobei sie die Ruhe nachhaltig erschütterte, als sie sich unter Rascheln und Knacken in ihr abgeschirmtes Versteck vorarbeitete. Nach wenigen Augenblicken hörte er das Pferd leise wiehern und dann wieder die Geräusche im Gebüsch, als die junge Frau mit ihrem Pferd zu ihm zurückkehrte. Und dann, verblüffend spitz, wild und zornig, hörte er sie schreien.
    Instinktiv setzte er zu einem Sprung an, um zu ihr zu gelangen. Aber er konnte nicht einmal einen Schritt machen. Es raschelte plötzlich im Gebüsch, dann griffen Hände nach seiner Kutte und Kapuze und nach seinen Armen, um ihn im Stehen festzuhalten, und Cadfael stemmte sich hilflos gegen diesen Griff, den er nicht brechen konnte, der aber merkwürdigerweise nicht dazu gedacht war, ihm Leid zuzufügen, sondern ihn einfach gefangen zu halten. Plötzlich tummelten sich auf der kleinen Lichtung große, blonde Männer in Lederkleidung mit bloßen Armen, und Cadfael gegenüber brach ein Mann aus dem Dickicht, der noch größer als die anderen war, ein junger Riese, der den kräftigen, mittelgroßen Cadfael um Kopf und Schultern überragte und vor Freude so laut lachte, daß der bis dahin stille Wald davon widerhallte. Fest in den Armen hielt er die wütende Heledd, die mit ihrer ganzen Kraft kämpfte und um sich schlug, ohne damit eine große Wirkung zu erzielen. Eine Hand hatte sie allerdings schon freibekommen, zog dem Mann ihre Fingernägel über die Wange und griff in sein langes, flachsgelbes Haar, um daran zu ziehen und zu zerren, bis er sich umdrehte, den Kopf weit genug hinunterbeugte, mit den Zähnen ihr Handgelenk packte und es festhielt. So groß und gleichmäßig seine Zähne in seinem lachenden Mund auch geglänzt hatten, ritzten sie Heledds Haut jetzt aber nicht einmal.
    Nicht aus Furcht oder Schmerz, sondern aus Verblüffung lag Heledd mit einem Mal still in seinen Armen und löste erstaunt den Griff ihrer Hände. Als er sie jedoch wieder losließ, um von neuem zu lachen, erholte sie sich in ihrer Wut und schlug vergeblich mit der Faust gegen seine breite Brust.
    Nach ihm war ein grinsender junger Mann von etwa fünfzehn Jahren aus dem Wald gekommen, der Heledds Pferd mit sich führte. Als er Cadfaels Tier sah, das sich am Waldrand an seiner langen Leine unruhig hin und her bewegte, stieß er über dieses neue Beutestück ein Freudengeheul aus. Tatsächlich schienen diese marodierenden Männer eher in gutmütiger Wettkampf-Laune als bedrohlich zu sein. Es waren auch nicht so viele, wie es durch ihre animalische, stürmische Art und die schiere Größe erst den Anschein gehabt hatte. Zwei Männer mit Brustkörben wie Fässer und Schnurrbärten und geflochtenen Zöpfen aus strohgelbem Haar hatten Cadfael fest im Griff. Ein dritter hatte Heledds Pferd beim Zügel genommen und streichelte den Hals und die helle Mähne des Tieres.
    Irgendwo ganz in der Nähe hielten sich auf dem Reitweg noch andere von ihnen auf. Cadfael hörte ihre Bewegungen und wie sie sich beim Warten unterhielten. Es war ein Wunder, wie so große und schwere Männer sich so leise an ihre Beute hatten anschleichen können. Die Wikinger hatten auf dem Rückweg zu ihrem Schiff gehört, wie die Pferde untereinander Laut gegeben hatten und waren so zu ihrer unverhofften Beute geführt worden: ein Klosterbruder, eine junge Frau, die nach ihrem Reittier und ihrer Kleidung zu schließen eine hohe Stellung hatte, und zwei gute Pferde.
    Während Heledd sich erfolglos gegen ihn wehrte, schätzte der junge Riese ganz sachlich seine Beute ein, und Cadfael fiel auf, daß er zwar auf eine lässige Weise rauh, aber nicht brutal zu seiner Gefangenen war. Anscheinend hatte Heledd das mitbekommen und ihren Widerstand aufgegeben, nicht nur, weil sie erkannt hatte, daß er vergeblich war,

Weitere Kostenlose Bücher