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Die Schwarze Keltin

Die Schwarze Keltin

Titel: Die Schwarze Keltin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellis Peters
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nehmen?
    »Ein Schiff allein«, sagte Mark schließlich, als der Pfad breiter wurde und es möglich machte, zu zweit nebeneinander zu reiten. »Ist das vernünftig? Können die Wikinger da nicht auf Widerstand stoßen und sogar in Gefangenschaft geraten?«
    »Durchaus möglich, daß sie das jeden Augenblick gewärtigen«, stimmte Cadfael zu, »aber hier gibt es niemand, der es versuchen will. Sie sind nachts an Carnarvon vorbeigefahren, und nachts werden sie auch wieder verschwinden. Das wird eins der kleinsten und schnellsten Boote in ihrer Flotte sein. Die haben mehr als zwanzig Krieger an den Rudern. Keines unserer Schiffe könnte die Verfolgung aufnehmen. Du hast gesehen, wie das Boot gebaut ist. Es kann in beide Richtungen gerudert werden und wenden wie der Blitz.
    Gefahr besteht für sie nur, wenn die Mannschaft an Land ist, um Verpflegung aufzuspüren. Darin sind sie aber schnell – schnell an Land und schnell wieder auf dem Wasser.«
    »Aber warum schicken sie nur ein kleines Schiff allein aus?
    Wie ich habe erzählen hören«, sagte Mark, »greifen sie mit voller Kraft an und plündern nicht nur, sondern machen auch Gefangene, die sie als Sklaven mit sich nehmen. Das kann ihnen aber nicht gelingen, wenn sie nur ein Schiff einsetzen.«
    »Diesmal«, sagte Cadfael und überlegte, »verhält es sich anders. Wenn Cadwaladr sie hergeholt hat, dann hat er ihnen für ihre Dienste eine reiche Belohnung versprochen. Sie sind hier, um Owain zu überzeugen, daß es klug wäre, seinen Bruder wieder zum Herrn seiner Ländereien einzusetzen. Sie erwarten, dafür gut bezahlt zu werden, und wenn sich das billig erledigen läßt, indem sie durch ihre bloße Anwesenheit drohen, ohne einen Mann im Kampf zu verlieren, werden sie das vorziehen, und Cadwaladr wird dagegen nichts einzuwenden haben, solange dabei dasselbe Ergebnis herauskommt. Wenn er kriegt, was er verlangt, und auf sein Land zurückkehrt, muß er in Zukunft schließlich noch mit seinem Bruder leben, warum also die Beziehungen zwischen ihnen noch mehr verschlechtern als notwendig? Nein, sie werden diesmal nicht wahllos brennen und morden, und sie werden auch niemand verschleppen, es sei denn, ihr Geschäft läuft schief.«
    »Warum dann dieser Vorstoß mit einem einzelnen Schiff so tief in die Meerenge hinein?« fragte Mark vernünftig.
    »Die Wikinger müssen schließlich auch essen, und es ist nicht ihre Art, ihren eigenen Proviant mit sich zu führen, wenn sie in ein Land kommen, wo sie sich kostenlos ernähren können. Mittlerweile kennen sie die Waliser gut genug, um zu wissen, daß wir ohne viel Gepäck leben und reisen und unsere Familien und unser Vieh schon bei wenigen Stunden Vorwarnung in die Berge bringen können. Das kleine Schiff da hat wenig Zeit verloren und, sobald die Küste bei Abermenai in Sicht gekommen war, gerade auf solche kleinen Dörfer zugehalten, die die Nachricht erst spät bekamen oder Zeit brauchten, ihr Vieh zusammenzutreiben. Sie werden heute nacht zu ihren Kameraden zurückkehren und ihr Schiff mit soviel Schlachtvieh und soviel an Mehl und Korn beladen, wie sie kriegen konnten. Und irgendwo inmitten dieser Wälder und Felder sind sie gerade damit beschäftigt, ihre Beute auf zutreiben.«
    »Und wenn sie auf eine einzelne Frau stoßen?« wollte Mark wissen. »Würden sie sich dann auch beherrschen und sie nicht mißbrauchen?«
    »In dem Fall möchte ich mich für keinen Mann verbürgen, sei er Däne, Waliser oder Normanne«, gab Cadfael zu. »Wäre sie eine Prinzessin von Gwynedd, dann wäre sie ein höheres Lösegeld wert, wenn sie jungfräulich und bei guter Gesundheit bliebe, statt verletzt und mißbraucht zu werden. Nun ist Heledd zwar nicht aus fürstlicher Familie, doch sie kann sehr gut für sich selber sprechen und deutlich machen, daß sie unter Owains Schutz steht und sie dafür werden einstehen müssen, wenn sie ihr ein Leid antun. Doch selbst dann...«
    Sie hatten eine Stelle erreicht, wo sich der Waldpfad gabelte.
    Eine Abzweigung führte nach Westen ins Landesinnere, die andere mehr geradeaus nach Osten.
    »Wir sind näher an Carnarvon als an Bangor«, rechnete Cadfael nach und hielt an der Weggabelung an. »Aber hat Heledd das gewußt? Was jetzt, Mark? Osten oder Westen?«
    »Am besten teilen wir uns auf«, sagte Mark und erschrak ein wenig über seinen eigenen Mut. »Sie kann nicht sehr weit sein.
    Sie muß sich ja verborgen halten. Heute abend verläßt das Schiff diese Gegend. Vielleicht findet sie solange ein

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