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Die Schwarze Keltin

Die Schwarze Keltin

Titel: Die Schwarze Keltin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellis Peters
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wieder in ihre skandinavische Muttersprache, obwohl alle diese kräftigen jungen Krieger wahrscheinlich im Königreich Dublin zur Welt gekommen waren wie schon zuvor ihre Väter, und sie die keltischen Sprachen, die um sie herum gesprochen wurden, einigermaßen verstehen und sich in Krieg und Frieden auch darin verständlich machen konnten. Die Dänen behielten die Sonne im Auge. Der Tag, den sie mit Plündern zugebracht hatten, ging zu Ende. Sie verloren jetzt keine Zeit mehr.
    Cadfael hatte sich schon gefragt, wie der Anführer das eine gesunde Pferd einsetzen würde, und hatte eigentlich erwartet, daß er es sich vorbehalten würde, selbst darauf zu reiten. Statt dessen befahl der Mann dem Jungen, der am wenigsten wog, sich in den Sattel zu setzen, hob dann Heledd vor ihn auf das Pferd, band ihr die Hände mit ihrem eigenen Gürtel fest und bedeutete dem Jungen, sie mit seinen Armen festzuhalten, die trotz seiner fünfzehn Jahre schon so muskulös waren, daß Heledds Widerstand zwecklos gewesen wäre. Doch inzwischen hatte sie begriffen, daß Widerstand sowohl sinnlos als auch unwürdig war, und nahm es hin, gegen die breite Brust des Jungen gedrückt zu werden, ohne noch dagegen anzukämpfen.
    Nach der Miene zu urteilen, die sie dabei schnitt, wartete sie nur auf die erste sich bietende Gelegenheit zur Flucht und bewahrte sich ihre ganze Schläue und Kraft, bis der Moment sich anbot. Sie war verstummt, verschloß die Lippen und Zähne aus Wut oder Furcht und hielt eine angespannte, brütende Würde durch, doch was sich hinter ihrem ruhigen Gesichtsausdruck zusammenbraute, war nicht auszumachen.
    »Bruder«, sagte der junge Mann und drehte sich schnell zu Cadfael um, der noch zwischen seinen Bewachern eingeklemmt war, »wenn dir an dem Mädchen etwas liegt, kannst du unbehelligt neben ihr gehen. Doch ich warne dich, Torsten wird dicht hinter dir sein, und er kann einen jungen Baum mit einer Lanze noch auf fünfzig Schritte spalten, darum bleib am besten auf deinem Posten.« Er grinste bei dieser Warnung, war er sich doch schon sicher, daß Cadfael keine Absicht hatte, sich davonzumachen und das Mädchen in Gefangenschaft zurückzulassen. »Vorwärts jetzt und schnell«, sagte er frohgemut und gab das Tempo vor, und die gesamte Reisegesellschaft ordnete sich zu einer Reihe und folgte dem Pfad, Cadfael eingeschlossen, der dicht neben seinem Rotschimmel lief, mit einer Hand am Leder des Steigbügels.
    Falls er Heledd durch seine Gegenwart soweit wie möglich beruhigen konnte, war Cadfael für sie da; er bezweifelte allerdings, ob sie dafür sehr viel Bedarf hatte. Seit man sie aufs Pferd gehoben hatte, hatte sie nichts mehr getan als sich etwas bequemer zu setzen, und die ganze Spannung in ihrem Gesicht war einer nachdenklichen Ruhe gewichen. Jedesmal, wenn Cadfael aufblickte, um wieder nach ihr zu schauen, fand er, daß sie sich in ihrer unvorhergesehenen Lage noch entspannter eingerichtet hatte. Und jedesmal schaute sie neugierig nach dem blonden Anführer, der alle anderen um Haupteslänge überragte und aufrecht und stolz vor ihnen herging. Eine leichte Brise ließ seine langen Locken wehen.
    Zwischen Weideland und Waldstücken kamen sie auf ihrem abschüssigen Weg schnell voran, bis ihnen zwischen den Stämmen der letzten Baumgruppe schon silbern das Meer entgegenglitzerte. Die Sonne stand tief im Westen und ließ die Wellen golden erscheinen, die ein leichter Wind über das Wasser trieb, als sie das Meeresufer erreichten, und die Männer, die als Wachen zurückgeblieben waren, stießen Willkommensschreie aus und brachten das Drachenboot so nahe wie möglich an den Strand, um sie aufzunehmen.
    Bruder Mark, der von seinem Vorstoß nach Westen mit leeren Händen zurückgekehrt war, um das Treffen an der Weggabelung vor Sonnenuntergang einzuhalten, wurde auf eine Gruppe von Männern aufmerksam, die, obwohl sie sich schnell und leise bewegten, unüberhörbar ein Stück weiter vorn seinen Weg kreuzten, um dann abwärts in Richtung Strand zu gehen. Er blieb in Deckung, bis sie vorbei waren, und ritt ihnen dann vorsichtig in derselben Richtung nach, nur um sicher zu sein, daß sie auch wirklich außer Sicht- und Hörweite waren, bevor er zu dem vereinbarten Treffpunkt weiterging. Die Route, der Mark den Abhang hinunter durch den Wald folgte, verlief quer zu dem offenen Reiterweg und brachte ihn schnell erneut in die Nähe der Fremden, so daß er sich zurückziehen und von neuem anhalten mußte, während er sie zwischen

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