Die Schwarze Keltin
meinen Bruder verletzen oder töten, sie es mit mir zu tun bekommen. Wir verstehen uns, die Dänen und ich. Soll ich denn meine Männer ins Feld schicken, um ihn aus dem Morast zu ziehen, den er sich selbst bereitet hat? Nein! Nicht einen Mann, nicht eine Klinge, nicht einen Bogen!«
»Das kann ich nicht glauben!« sagte Gwion und starrte ihn mit aufgerissenen Augen an.
»Erzähl ihm, Cuhelyn, wie diese Auseinandersetzung steht«, sagte Owain und lehnte sich mit einem Seufzer über soviel unangemessene wie unschuldige Loyalität zurück.
»Mein Lord Owain hat seinem Bruder vorurteilslose Verhandlungen angeboten«, sagte Cuhelyn einfach, »und ihm gesagt, daß er erst seine Wikinger loswerden muß, bevor davon die Rede sein kann, ihm sein Land zurückzugeben. Und daß es nur einen Weg gibt, sie nach Hause zu schicken, und der ist, ihnen zu zahlen, was er ihnen versprochen hat. Der Streit ist seiner, und er muß ihn lösen. Doch Cadwaladr hat geglaubt, er wüßte es besser und wenn er meinen Herrn erst unter Druck setzte, würde der sich mit ihm verbünden, um die Dänen gemeinsam zu vertreiben. Und so würde er nichts bezahlen müssen! Also hat er Otir getrotzt und ihn zurück nach Dublin schicken wollen. Er hat ihm erzählt, er habe Frieden mit Owain geschlossen und sie würden die Wikinger gemeinsam ins Meer treiben, wenn sie die Anker nicht von selbst lichteten.
Womit«, sagte Cuhelyn, biß die Zähne zusammen und richtete den Blick stolz und fest auf Owain, der schließlich der Bruder dieses bösartigen Menschen war und so offene Worte scheuen mochte, »er gelogen hat. So einen Friedensschluß und so ein Bündnis hat es nie gegeben. Er hat gelogen, und er hat einen feierlichen Vertrag gebrochen und wollte dafür auch noch Zustimmung und Lob! Schlimmer noch, durch diesen Betrug hat er die drei Geiseln in Gefahr gebracht, zwei Mönche und eine Frau, die von den Dänen festgehalten werden. Mein Herr hält seine Hand über sie und bietet ein gerechtes Lösegeld. Doch für Cadwaladr macht er keinen Finger krumm. Und jetzt weißt du«, sagte er heftig, »warum die Dänen ihn sich nachts geholt haben, und warum sie dir, der ihnen nichts getan hat, kein Haar gekrümmt haben. Sie haben kein Blut vergossen und keinen Mann aus dem Gefolge meines Herrn verletzt. Von Cadwaladr wollen sie das, was er ihnen schuldig ist. Denn ein walisischer Fürstensohn sollte sogar Wikingern gegenüber sein Wort halten.«
Er sagte das in einem festen und bestimmten Ton, und dabei war er doch außer sich vor Zorn, so daß Gwion bis zum Ende stumm blieb.
»Alles, was Cuhelyn dir gesagt hat, ist wahr«, sagte Owain.
Gwion öffnete seine wunden Lippen und sagte hohl: »Ich glaube es. Trotz alledem ist Cadwaladr immer noch Euer Bruder und mein Herr. Ich weiß, daß er impulsiv und jähzornig sein kann. Er handelte, ohne nachzudenken. Aber ich kann doch nicht meiner Treue abschwören, wenn Ihr Eure Blutsbande verleugnet.«
»Das«, sagte Owain mit fürstlicher Geduld, »habe ich nicht getan. Er soll den Männern gegenüber sein Wort halten, die er hergeholt hat, um sein Land zurückzugewinnen, und er soll mein Land von den ungebetenen Eindringlingen befreien. Er bleibt mein Bruder, wie er es zuvor gewesen ist. Doch ich wünsche mir, daß er sich von seiner Böswilligkeit und seiner betrügerischen Art befreit, und ich werde den Dingen, die er getan hat und die ihn entehren, nicht noch mein Siegel aufdrücken.«
»So eine Forderung kann ich nicht stellen«, sagte Gwion mit einem trockenen und schmerzlichen Lächeln, »und meine Gefolgstreue kann ich auch nicht auf diese Weise einschränken. Ich bin auf ihn eingeschworen und sogar in dieser Sache sein Gefolgsmann. Ich gehe mit ihm, wo immer er hingeht, sogar in die Hölle.«
»Du bist in meiner Gewalt«, sagte Owain, »und ich denke, weder du noch er gehören in die Hölle.«
»Aber jetzt wollt Ihr ihm nicht helfen! Ach, Herr«, bat ihn Gwion erregt, »bedenkt, was man von Euch sagen wird, wenn Ihr Euren Bruder in den Händen seiner Feinde laßt.«
»Noch vor kaum einer Woche«, sagte Owain mit mühsamer Beherrschung, »sind diese Wikinger seine Freunde und Kriegskameraden gewesen. Hätte er sich nicht in mir geirrt und sie um ihren Lohn betrogen, wären sie es immer noch. Seinen Verrat an ihnen kann ich verzeihen, aber nicht, wie grob und närrisch er mich mißverstanden hat. Ich werde nicht gern für einen Mann gehalten, der freundlich auf Eidbrecher und Männer schaut, die erst
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