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Die Schwarze Keltin

Die Schwarze Keltin

Titel: Die Schwarze Keltin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellis Peters
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freimütig ein Geschäft und dann beschämt einen Rückzieher machen.«
    »Ihr verdammt mich nicht weniger als ihn«, sagte Gwion.
    »Dich kann ich wenigstens verstehen. Du bist zum Verräter geworden, weil du unbeirrbar treu bist. Damit hast du dir keinen Gefallen getan«, sagte Owain müde, »doch deine Freunde werden sich deshalb nicht von dir abwenden.«
    »Dann bin ich in Eurer Gewalt. Was werdet Ihr mit mir tun?«
    »Nichts«, sagte der Fürst. »Du kannst hierbleiben oder gehen, wie du willst. Wir geben dir Nahrung und Unterkunft, wie wir es in Aber getan haben, falls du bleiben und abwarten willst, welches Schicksal auf Cadwaladr wartet. Falls nicht, dann geh, wann und wohin du willst. Du gehörst zu ihm, nicht zu mir, und niemand wird dich behindern.«
    »Und Ihr fordert nicht mehr, daß ich mich Euch unterwerfen soll?«
    »Darauf lege ich keinen Wert mehr«, sagte Owain und machte im Aufstehen eine Handbewegung, mit der er beide Männer entließ. Sie gingen zusammen hinaus, wie sie eingetreten waren, doch als sie draußen vor dem Bauernhof angelangt waren, der Owain als Hauptquartier diente, war Cuhelyn schon im Begriff, sich schroff abzuwenden und davonzugehen, als Gwion ihn am Arm zurückhielt.
    »Er straft mich mit soviel Nachsicht! Er hätte mein Leben fordern oder mich doch in die Ketten legen können, die mir gebühren. Wendest auch du die Augen von mir ab? Wenn es anders gewesen wäre, wenn Owain selbst oder Hywel in Feindeshand geraten wären, hättest du deine Treue zu ihnen nicht über deine Ehre gesetzt und wärst zu ihnen gegangen, um sie, falls nötig, zu beschwören?«
    So plötzlich, wie er sich abgewendet hatte, kam Cuhelyn jetzt auf ihn zu. Seine Miene war angespannt. »Nein. Ich habe stets nur solchen Herren die Treue geschworen, die selbst vollkommen von Ehre waren und dasselbe auch von denen forderten, die ihnen dienten. Hätte ich getan, was du getan hast, und Hywel zuliebe meinen Eid gebrochen, hätte er mich niedergeschlagen und ausgestoßen. Cadwaladr aber, und daran habe ich keinen Zweifel, hat dich erfreut willkommen geheißen.«
    »Das ist mir so schwergefallen«, sagte Gwion feierlich vor Verzweiflung. »Schwerer als zu sterben.«
    Doch Cuhelyn hatte sich bereits mit Bedacht losgemacht und ging durch das Lager davon, das gerade im ersten Tageslicht zum Leben erwachte.
    Unter Owains Männern fühlte Gwion sich als Fremder und Ausgestoßener, obwohl sie seine Gegenwart in ihrer Mitte ohne Murren duldeten und sich nicht die Mühe machten, ihn zu meiden oder auszuschließen. Hier hatte er keinen Platz. Seine Hände und seine Fertigkeiten standen nicht im Dienst des Fürsten, und sein eigener Herr blieb für ihn unerreichbar. Für sich und stumm ging er durch die Reihen der Waliser, und auf einem kleinen Hügel im Norden des Lagers stand er lange, um auf die Dünen zu schauen, wo man Cadwaladr gefangen hielt, eine Geisel im Gegenwert von zweitausend Silberstücken in Vieh, Bargeld und Waren, die Heuer für eine ganze wikingische Flotte.
    Er blickte in die Ferne, wo die Äcker in die ersten Sanddünen übergingen und die verstreuten Bäume von Unterholz und Gestrüpp abgelöst wurden. Irgendwo dort in der Ferne lag der mit Gewalt zurückgeholte Cadwaladr vielleicht in Ketten und wartete auf Hilfe, die ihm sein Bruder kühl vorenthielt. Ganz gleich, was Cadwaladr vorgeworfen wurde, nichts konnte in Gwions Augen rechtfertigen, daß Owain seinen Bruder im Stich gelassen hatte, nicht das Versprechen, das er gebrochen hatte, und nicht einmal der Mord an Anarawd, falls sein Herr damit überhaupt zu tun gehabt hatte. Seinen eigenen Treuebruch sah Gwion als unverzeihlich an und verstand die, die sein Verhalten verdammten, doch für ihn gab es nichts, was Cadwaladr getan hatte oder noch tun konnte, das ihn als seinen ergebenen Vasallen davon abgebracht hätte, seinen Herrn zu verehren und ihm zu folgen. Einmal geschworene Treue galt für das ganze Leben.
    Und er konnte nichts tun! Sicher, er hatte die Erlaubnis, fortzugehen, wenn er das wollte. Einhundert gute Krieger warteten auf ihn wenige Meilen von hier. Doch was war eine Kompanie gegen die Zahl von Kriegern, über die die Dänen verfügen mußten, und gegen die Verteidigungsanlagen, die sie errichtet hatten? Ein schlecht vorbereiteter Versuch, ihr Lager zu stürmen und Cadwaladr zu befreien, kostete ihn vielleicht das Leben. Schlimmer noch fand Gwion die Aussicht, daß die Dänen, die auf See unangreifbar waren, durch einen Angriff

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