Die Schwarze Keltin
lassen konnte, wenn sie es so wünschte. Am Fürstenhof war diese Geschichte schon vom Stallknecht der Magd und vom Waffenknecht dem Pagen zugeflüstert worden, so daß sie rasch auch ihm, der letzten Geisel aus Ceredigion, zu Ohren gekommen war. Die Sache hatte ihn gleichgültig gelassen, da Gwynedd nicht sein Zuhause, Owain nicht sein Herr und Gilbert von Sankt Asaph auch nicht sein Bischof war.
Sollte es dieselbe Frau sein? Sie war unterwegs gewesen, fiel es ihm wieder ein, um einen Mann aus Anglesey zu heiraten, der in Owains Diensten stand.
»Du bist Ieuan ab Ifor«, sagte er, »der die Tochter des Priesters heiraten soll.«
»Der bin ich«, sagte Ieuan und sah ihn an. »Und wer bist du, der meinen Namen kennt und weiß, was ich hier tue? Ich habe dich bisher unter den Gefolgsleuten des Fürsten nicht gesehen.«
»Aus gutem Grund. Ich bin nicht sein Gefolgsmann. Ich bin Gwion, die letzte der Geiseln, die er aus Ceredigion mitgebracht hat. Ich war immer Cadwaladrs Mann und bin es noch heute«, antwortete Gwion entschieden und sah, wie in den schwarzen Augen, die ihn musterten, langsam ein Feuer aufglühte. »Was auch geschieht, ich gehöre zu Cadwaladr. Doch ich hoffe, daß es gut ausgeht.«
»Es ist seine Schuld«, sagte Ieuan zornig, »daß Meirions Tochter bei diesen Seeräubern gefangen ist. Du kennst doch den kleinen Fruchtbecher, in dem Eicheln sitzen? Soviel, wie da hineingeht, soviel Gutes hat er jemals getan, und das wenige kannst du noch vor die Säue werfen. Erst holt er diese barbarischen Piraten nach Gwynedd, dann hält er sich nicht an das, was er mit ihnen ausgemacht hat, setzt sich einfach ab und läßt unschuldige Geiseln zurück, an denen Otir seinen ganzen Zorn auslassen kann. Der Mann ist für seine eigenen Leute genau so ein Verhängnis wie für Anarawd, den er umgebracht hat.«
»Ich rate dir, geh nicht zu weit«, sagte Gwion eher müde und traurig als verletzt, »denn ich mag es nicht, wenn schlecht von ihm gesprochen wird.«
»Beruhige dich! Weiß Gott, ich kann keinem Mann vorwerfen, daß er zu seinem Fürsten steht, aber Gott möge dir einen besseren Fürsten schicken. Mag sein, daß du ihm alles vergibst, egal, wie er dich beschämt. Doch du kannst von mir nicht erwarten, daß ich ihm vergebe, wie er meine Braut dem Schicksal überlassen hat, das die Dänen ihr bereiten mögen.«
»Der Fürst hat erklärt, sie stehe unter seinem Schutz«, sagte Gwion, »so habe ich es erst vor einer Stunde vernommen. Er hat für sie und die beiden Mönche aus England ein gerechtes Lösegeld angeboten und damit die Warnung verbunden, daß er Wert auf ihre Sicherheit legt.«
»Der Fürst ist hier«, sagte Ieuan grimmig, »und sie ist dort, und den Dänen fehlt der eine Mann, den sie gerne bei sich wüßten. Vielleicht vergreifen sie sich jetzt an anderen Gefangenen.«
»Nein«, sagte Gwion, »du irrst dich. Dein Zorn auf ihn mag sich beruhigen. Vergangene Nacht haben sie ein Schiff in die Bucht geschickt und Männer an Land gebracht, um sich den Weg hier in das Lager zu bahnen, in sein Zelt. Sie haben Cadwaladr als Gefangenen mitgenommen, damit er selbst sein Lösegeld bezahlt oder die Folgen am eigenen Leibe spürt. Ein weiteres Opfer ist gar nicht nötig. Den, den sie brauchen, haben sie fest im Griff.«
Ieuan kniff seine buschigen Augenbrauen erst ungläubig zusammen, doch als Gwion ihn unverwandt anblickte und die düstere Spannung sich löste, zog Ieuan sie verwirrt und staunend hoch.
»Du täuschst dich, das kann nicht sein...«
»Das ist die Wahrheit.«
»Woher weißt du das? Wer hat dir das berichtet?«
»Das brauche ich mir nicht erzählen zu lassen«, sagte Gwion. »Ich bin bei ihm gewesen, als sie gekommen sind. Ich habe alles gesehen. Mitten in der Nacht sind vier von Otirs Dänen bei ihm eingebrochen, haben ihn mitgenommen und mich gefesselt und geknebelt zurückgelassen, genau wie den Mann, der am Tor Wache gestanden hatte. Hier habe ich noch die Verletzungen der Seile, mit denen sie mich gefesselt haben.
Schau!«
Wo er versucht hatte, sich zu befreien, hatten die Stricke sich tief in die Handgelenke eingeschnitten. Die Verletzungen sprachen für sich selbst. Ieuan starrte sie lange an und versuchte zu verstehen. Schließlich sagte er: »Deshalb hast du also zu mir gesagt ›Du auch‹? Jetzt brauche ich nicht mehr zu fragen, um welchen der Gefangenen der Wikinger du dir Sorgen machst. Aber entschuldige, wenn ich dir offen sage, deine Sorgen kümmern mich nicht. Was ihm auch
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