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Die Schwarze Schwesternschaft

Titel: Die Schwarze Schwesternschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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und schüttelte sie.
       »Du hast im Schlaf aufgeschrieen, Liebes. Hattest du einen bösen Traum?«
       Mit zitternden Händen wischte sich Camilla den Schweiß vom Gesicht und rang um Beherrschung.
       »Aye«, flüsterte sie endlich, »ich danke euch, dass ihr mich geweckt habt, Eidesschwestern.« Sie wusste, dass die anderen ihren Traum gesehen hatten, aber sie konnte sich darauf verlassen, dass sie keine Fragen stellen würden, und dafür war sie dankbar.

    Am nächsten Morgen war Cholaynas Farbe gut, und sie atmete so leicht, dass die Frauen, die den Frühstücksbrei brachten, das Dampfzelt abbauten und wegtrugen. Cholayna setzte sich auf, zog sich bis auf die Stiefel an und behauptete, es gehe ihr ausgezeichnet.
       Nun erhob sich von neuem die Frage, die sie beiseite geschoben hatten, solange Cholayna in Lebensgefahr schwebte. Magda fürchtete sich vor der Diskussion. Auch wenn Cholayna neuen Anstrengungen nicht gewachsen war, würde sie sich niemals bereit erklären, umzukehren und Vanessa und Magda die Suche nach Lexie zu übertragen.
       So vermieden sie das Thema sorgfältig, und das erzwungene Stillschweigen zerrte an Magdas Nerven. Es war ein schöner, heller Tag. Vanessa machte einen Spaziergang am Klippenrand und versuchte, im Voraus eine Route festzulegen. Eine Weile begleitete Magda sie.
       »Sag mir, Vanessa, hast du heute Nacht schlechte Träume gehabt?«
       Vanessa nickte, errötete und wandte das Gesicht ab. Von selbst teilte sie Magda ihren Traum nicht mit, und Magda fragte nicht. Sie standen von neuem unter Angriff. Die weise Schwesternschaft wurde sehr wirksam von der schwarzen Schwesternschaft bewacht, jedenfalls sah es so aus… oder konnte es sein, dass die beiden unentwirrbar miteinander verflochten waren? Was sie und Jaelle geträumt hatten, rührte von ihren eigenen inneren Dämonen und Fehlern her, nicht von äußeren Einflüssen.
       Aber Camilla? Ihr Alptraum hatte keine Grundlage in einem Unrecht, das sie getan hatte, sie wurde nicht von Erinnerungen an einen Fehler, eine Grausamkeit oder eine Unterlassung verfolgt. Das unschuldige Kind, das sie gewesen war, hatte die an ihm begangenen Gräuel in keiner Weise verdient.
       Jaelle hatte die nicht zu beantwortende Frage gestellt: Warum gedeihen die Bösen? Nicht einmal die Cristoferos hatten eine Antwort darauf. Sie kleideten die Frage in eine poetische Sprache und nannten sie ein Mysterium ihres Gottes.
       Vanessa beschäftigte sich im Augenblick nicht mit philosophischen Spekulationen, sondern mit praktischen Überlegungen.
       »Von hier aus müssen wir zu Fuß weiterziehen. Ein paar Chervines könnten es schaffen, aber ich kann mir nicht vorstellen, wie ich ein Pferd über diese Pfade bringe.«
       »Glaubst du, Cholayna wird es aushalten?«
       »Höllenfeuer, Lorne, ich bin keine Gedankenleserin. Aber sie wird darauf bestehen mitzukommen, und ich traue mir nicht zu, es ihr auszureden. Willst du es versuchen? Nein? Das habe ich mir gedacht.«
       Sie kehrten in das Gebäude zurück, in dem sie die letzten Tage gewohnt hatten, und sahen, dass Camilla sich vor jemandem im Lee der Feuerstelle verbeugte. Jaelle sagte, als fahre sie mit einer Vorstellung fort: »Und diese beiden sind unsere Gefährtinnen Vanessa ryn Erin und Margali n’ha Ysabet.«
       Magda ging um das Feuer und erblickte eine kleine, schmächtige Frau, der das Haar in einem langen Zopf über den Rücken hinunterhing, wie die Bauersfrauen um Caer Donn es trugen. Gekleidet war sie in eine knielange Jacke in dunklem Safrangelb, am Ausschnitt und an den Ärmeln mit einem kindlichen Muster aus Blättern und Blüten bestickt, und einfache braune Reithosen. Als einzigen Schmuck hatte sie einen glatten Kupferring im linken Ohr.
       »Mein Name ist Kyntha.« Sie sprach das gewöhnliche Casta des Gebirges, aber langsam und sorgfältig.
       »Ich bin geschickt worden, und ich muss bald wieder gehen. Sagt mir, warum ihr in dies Land so weit hinter Nevarsin gekommen seid.«
       Jaelle beugte sich vor und flüsterte so leise, dass niemand sonst es hören konnte: »Das ist die Frau, von der Rakhaila mir erzählte.« Laut sagte sie: »Wir sind auf der Suche nach zwei Freundinnen. Jetzt haben wir Grund zu der Annahme, dass ein Unglück sie ereilt hat oder sie in Gefangenschaft geraten sind.«
       Kyntha erwiderte darauf nichts. Jaelle fasste in eine Tasche und holte Rafaellas Brief hervor, der der Anlass zu ihrer Reise gewesen war.
     

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