Die Schwarze Schwesternschaft
Zittern: Sie war die dünnste von ihnen und hatte das wenigste Fett, und obwohl Magda wusste, dass die Emmasca zäher als Kupferdraht war, nahm sie sich vor, mit ihr über wärmere Kleidung zu sprechen. Diese war in größeren Höhen unbedingt notwendig, und Camilla fühlte sich ständig verpflichtet, ihre Zähigkeit unter Beweis zu stellen. Sicher ging es ihr gegen den Strich, sich wärmer anzuziehen als zum Beispiel Vanessa, die, obwohl schlank, die normale Fettschicht einer menschlichen Frau besaß. Camilla besaß sie nicht und scheute sich, die Aufmerksamkeit auf diese Tatsache zu lenken.
Vorsichtig drehte Magda sich um, ohne die Schläferinnen links und rechts von ihr zu stören. Würde sie die ganze Nacht wach liegen? Wirklich, sie sollte sich bemühen einzuschlafen. Sie bereitete sich auf die geistigen Übungen vor, die sie bei der Matrix-Arbeit gelernt hatte. Dann entschied sie sich, vorher noch kurz Kontakt mit dem Verbotenen Turm aufzunehmen - mit ihrer Familie. Sie mussten wissen, wo sie steckte und dass sie nicht so bald heimkehren würde, wie sie es versprochen hatte.
Auch wenn wir morgen diesen verdammten Pass überqueren und Lexie und Rafaella einholen, ich kehre zu Shaya zurück, sobald es möglich ist!
Jaelle lag in tiefem Schlaf. Es ist nicht nötig, dass sie mitkommt.
Magda überwachte ihren Körper, vergewisserte sich, dass das Blut in Fingern und Zehen richtig zirkulierte. Es bestand immer eine gewisse Gefahr, wenn man seinen Körper unter diesen Umständen verließ.
Dann hatte sie ihren Körper verlassen und stand auf der grauen, konturlosen Ebene der Überwelt. Sie hielt Ausschau nach der Landmarke des Verbotenen Turms und sandte Callista einen stummen Ruf zu.
Doch da war keine Spur von dem Turm. Stattdessen nahm vor Magdas Augen ein fremdes, seltsames Gesicht Gestalt an.
Es war das Gesicht einer Frau, alt, mit tiefliegenden Augen und ganz weißen Brauen, einer runzeligen Stirn unter geflochtenem Haar, das ebenfalls weiß war. Im Gegensatz zu der Güte und dem Frieden, die Magda mit Runzeln und Alter assoziierte, sah diese Frau sie böse an - und obgleich sie kein Wort sprach, fühlte Magda ihren zornigen Einspruch.
Kehre um. Du darfst hier nicht durchgehen.
»Mit welchem Recht machst du mir die Freiheit der Überwelt streitig?« Magda beschwor in ihrem Geist ein deutliches Bild von dem Turm und Damon, seinem Bewahrer, herauf.
Die alte Frau warf den Kopf zurück und stieß Geräusche aus, die Magda nur als Kläffen bezeichnen konnte, wenn sie auch gleich darauf erkannte, dass es ein höhnisches Gelächter war.
Der schneidet hier draußen keine Stufen in das Eis; du wirst mehr leisten müssen als er, um durchzukommen! Kehre lieber um, Mädchen, zurück zu deinem Kind, das du gar nicht erst hättest verlassen sollen! Was denkt ihr Mädchen euch überhaupt, dass ihr hier herumklettert! He-he-he! Haltet ihr euch für stark und zäh? Seid ihr stolz darauf, diesen kleinen Hügel erklommen zu haben, he? Du hast noch gar nichts gesehen. Chiya! (Das Wort war angefüllt mit ätzender Verachtung). Ein Rudel von Mädchen und zwei alte Damen, die nicht ehrlich genug sind, um zuzugeben, dass sie so etwas nicht mehr schaffen! O nein, ihr schafft es nicht! Kennt ihr vielleicht den Weg, kennt ihr die Losungsworte? Versucht es, versucht es nur, mehr sage ich nicht. He, he, he, hehe-eh-eh-eeeee!
Den Kopf im Nacken, so lachend, dass die weißen Zöpfe tanzten, drohte die grässliche alte Vettel Magda mit der Faust. Magda wusste, dass sie ihre Angst verriet, denn in der Überwelt war es unmöglich, die eigenen Empfindungen zu verbergen. Trotzdem erklärte sie fest: »Alte Mutter, du kannst mir den Zutritt hier nicht verbieten.«
Und was tust du hier draußen, nachdem du dein Kind und alles andere verlassen hast?
Magdas Wissen über die Gesetze der Überwelt erstickte den Impuls zu antworten: Was geht das dich an? Man konnte einer Herausforderung nicht aus dem Wege gehen. Auch war das nicht ihre erste, obwohl sie eine Begegnung wie mit dieser schrecklichen alten Frau noch nie gehabt hatte. So sagte sie nur: »Ich folge dem Ruf der Pflicht und der Freundschaft.«
Ha! Du bist weder die Freundin der einen noch der anderen, die euch vorausgezogen sind. Du hast nicht den Mumm, das zu tun, was sie tun. Du bist nur neidisch auf sie.
Magda dachte darüber nach und antwortete: »Darauf kommt es nicht an. Meine Freundinnen machen
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