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Die schwarzen Juwelen 02 - Dämmerung

Die schwarzen Juwelen 02 - Dämmerung

Titel: Die schwarzen Juwelen 02 - Dämmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Bishop
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gelogen hatte?
    In dem Augenblick, als er seinen Geist öffnete und das blutbefleckte Laken betastete, war er auch schon auf den Knien und gab den kargen Inhalt seines Magens von sich. Er erbebte, als etwas tief in seinem Innern zerbrach.
    Verflucht sei Sadi! Die Seele des Bastards sollte in den Eingeweiden der Hölle schmoren. Sie war noch ein Kind ! Wie konnte er ihr etwas Derartiges antun? Sie war Hexe , der lebende Mythos. Sie war die Königin, der zu dienen sie von jeher erträumt hatten. Verflucht seiest du, Sadi!
    Die Wächter zogen Lucivar wieder auf die Beine.
    »Wo ist er?«, wollte Philip Alexander wissen.
    Lucivar schloss seine goldenen Augen, um nur das Laken nicht mehr sehen zu müssen. Noch nie in seinem Leben hatte
er sich derart müde und leer gefühlt. Weder als Mischlingsjunge in den eyrischen Jagdlagern, noch an den unzähligen Höfen, an denen er seitdem über die Jahrhunderte hinweg gedient hatte, noch hier in Pruul als einer von Zuultahs Sklaven.
    »Wo ist er?«, fragte Philip erneut, eindringlicher.
    Lucivar schlug die Augen wieder auf. »Woher zur Hölle soll ich das wissen?«
    »Als die Krieger Sadis Spur verloren, befand er sich auf dem Weg nach Südosten – nach Pruul. Es ist allseits bekannt …«
    »Hierher würde er nicht kommen.« Die Wunde in seinem Innern begann zu brennen. »Das würde er nicht wagen.«
    Dorothea SaDiablo trat auf ihn zu. »Warum nicht? Ihr habt einander schon oft geholfen. Es besteht kein Grund …«
    »Es besteht sehr wohl ein Grund«, widersprach Lucivar grimmig. »Sollte mir dieser kaltblütige Bastard je wieder unter die Augen treten, werde ich ihm das Herz aus dem Leib reißen!«
    Sichtlich erschüttert wich Dorothea zurück. Zuultah beobachtete ihn argwöhnisch.
    Langsam ließ Philip Alexander die Arme sinken. »Man hat ihn zum Geächteten erklärt. Auf seinen Kopf ist eine Belohnung ausgesetzt. Sobald man ihn findet …«
    »Wird er angemessen bestraft werden«, fiel Dorothea ihm ins Wort.
    »Wird er hingerichtet!«, entgegnete Philip erregt.
    Einen Moment lang herrschte betretenes Schweigen.
    »Prinz Alexander«, schnurrte Dorothea, »selbst jemandem aus Chaillot sollte bekannt sein, dass es unter den Angehörigen des Blutes kein Gesetz gegen Mord gibt. Wenn ihr nicht vernünftig genug wart, ein unausgeglichenes Kind von einem Kriegerprinzen mit Sadis Temperament fern zu halten…« Anmutig zuckte sie die Schultern.
    Philip erbleichte. »Sie war ein braves Mädchen«, erwiderte er, doch in seiner Stimme klang der Hauch eines Zweifels mit.

    »Ja«, gurrte Dorothea. »Ein braves Mädchen. So brav, dass deine Familie sie alle paar Monate fortschicken musste, um sie … erziehen zu lassen.«
    Ein unausgeglichenes Kind. Die Worte dröhnten in Lucivars Ohren und ließen das Feuer in seinem Innern zu eiskalter Wut werden. Ein unausgeglichenes Kind. Halt dich von mir fern, Bastard! Du solltest mir besser nicht mehr zu nahe kommen. Denn wenn sich mir die Gelegenheit bietet, werde ich dich in Stücke reißen.
    Nach einer Weile zogen sich Zuultah, Dorothea und Philip zurück, um ihr Gespräch in den kühleren Räumen von Zuultahs Anwesen fortzusetzen. Lucivar nahm es gar nicht wahr. Er merkte kaum, wie man ihn zurück in die Salzminen führte; er spürte weder die Spitzhacke in seiner Hand noch den brennenden Schmerz, den der Schweiß in den Peitschenstriemen auf seinem Rücken hinterließ.
    Er sah nur immerzu das blutbefleckte Laken vor sich.
    Dann schwang Lucivar die Spitzhacke.
    Lügner.
    Vor sich erblickte er weder die Wand noch das Salz, sondern Daemons Brust, das Herz, das unter der goldbraunen Haut schlug.
    Seidener … bei Hof abgerichteter … Lügner!
    2Hölle
    A ndulvar lehnte an einer Ecke des großen Ebenholzschreibtisches.
    Saetan sah von dem Brief auf, den er gerade schrieb. »Ich dachte, du wolltest in dein Nest zurückkehren?«
    »Hab’s mir anders überlegt.« Andulvar ließ den Blick durch das private Arbeitszimmer schweifen, um ihn schließlich auf dem Porträt von Cassandra verweilen zu lassen, der Königin mit den schwarzen Juwelen, die vor 50 000 Jahren die Reiche regiert hatte. Vor fünf Jahren hatte Saetan herausgefunden,
dass ihr endgültiger Tod nur vorgetäuscht gewesen war. Cassandra war eine Hüterin geworden, um das Erscheinen der nächsten Hexe zu erwarten.
    Und was ist mit der nächsten Hexe geschehen?, dachte Andulvar düster. Jaenelle Angelline war ein mächtiges, außergewöhnliches Mädchen, aber im Grunde genauso verletzlich

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