Die schwarzen Juwelen 03 - Schatten
es wird eine weitere Minute dauern, bis sie gelernt haben, wie sich dieser spezielle Ring anfühlt, sodass sie ihn als den deinen erkennen können.«
»Beim Feuer der Hölle!«
Jaenelles Lächeln wirkte mitleidig, gleichzeitig aber auch belustigt. »Warte nur ab, wenn ein besorgter Lucivar zum ersten Mal bei dir auftaucht. Es ist ein echtes Erlebnis.«
»Da bin ich mir sicher«, murmelte Karla.
Einen Augenblick später wurde sie erst von eisiger Kälte, dann von Hitze durchzuckt. Der Ring pulsierte an ihrem Finger. Auch nachdem diese Empfindungen abgeklungen waren, konnte sie das tiefe Machtreservoir spüren, das gerade außer Reichweite darauf wartete, angezapft zu werden.
»Du solltest noch wissen, dass wenn der Schild erst einmal erwacht ist, nur die anderen des Ersten Kreises zu dir vordringen können, wenn du Hilfe brauchst«, sagte Jaenelle.
Karla nickte. »In dem Fall sollte ich ihn besser immer tragen. Es wäre undenkbar, wenn ihn sich jemand anders überstreifte und diese Art Schutz genießen würde.«
»Niemand sonst kann den Ring tragen. Er wurde für dich
angefertigt. Sollte ein anderer versuchen, den Schild zu aktivieren, wären die Folgen … unangenehm.«
»Ich verstehe.« Sie bat Jaenelle nicht darum, ihr den Begriff ›unangenehm‹ näher zu erläutern.
Jaenelle betrachtete Karla einen Moment lang. »Nutze ihn gut, Schwester.«
»Danke, das werde ich.«
»Ich sehe besser zu, dass der Rest des Hexensabbats die übrigen Ringe erhält.« Jaenelle griff nach der Tasche, in der sich die anderen Ringschatullen befanden. Dann zögerte sie. »Musst du wirklich morgen abreisen?«, wollte sie ein wenig wehmütig wissen.
»Die Pflicht ruft«, erwiderte Karla lächelnd. Erst nachdem Jaenelle das Zimmer verlassen hatte, fügte sie hinzu: »Außerdem hat Saetan keinen Zweifel daran gelassen, dass keine Ausrede, um noch länger bleiben zu können, als akzeptabel betrachtet werden würde.«
Sämtliche Königinnen sowie die Männer des Ersten Kreises kehrten zu ihren Heimatterritorien zurück. Lucivar brachte seine Familie und die anderen Eyrier nach Ebon Rih. Surreal und Wilhelmina würden ihn ebenfalls begleiten. Andulvar und Prothvar waren bereits auf dem Weg nach Askavi, und Mephis war zu seinem Stadthaus in Amdarh aufgebrochen.
Sie verstand, warum Saetan die Burg leer haben wollte. Alle begriffen es. Morgen Nachmittag würden sämtliche Freunde verschwunden sein, die Jaenelle bisher als Schutzschilde benutzt hatte. Ihre einzigen menschlichen Begleiter wären dann der Höllenfürst, der sich gewiss rar machen würde – daran hegte Karla keinerlei Zweifel –, und Daemon. Der Gefährte sollte freie Bahn haben und könnte endlich ungestört um seine Lady werben.
»Möge die Dunkelheit uns beistehen«, murmelte Karla, während sie auf die Tür zuschritt und sie aufriss. Im nächsten Augenblick stand sie wie angewurzelt im Türrahmen.
Lucivar, Aaron, Chaosti, Khardeen und Morton lächelten sie an.
»Nun, nun, nun«, säuselte Lucivar. »Sieh an, wen wir hier gefunden haben.«
Karla gab sich Mühe, das Lächeln zu erwidern. »Küsschen«, stieß sie matt hervor und hoffte inständig, dass es nicht allzu lange dauern würde, bis Jaenelle die restlichen Ringe aktiviert hatte.
Kapitel 10
1 Kaeleer
Nach einem zweiwöchigen Aufenthalt in Ebon Rih kehrte Surreal auf die Burg zurück, warf einen Blick auf Daemon und begab sich sogleich auf die Jagd nach Jaenelle.
Schließlich spürte sie Jaenelle nach langem Suchen auf – wobei im Grunde Graufang Ladvarian aufspürte, der sich bei Jaenelle befand. Sie hielt sich in einem Winkel der Burg auf, der so weit vom Wohnbereich der Familie entfernt war, dass man davon ausgehen konnte, dass dort niemand nach ihr suchen würde.
Jaenelle trat aus einem Zimmer und bemerkte Surreal, die den Gang entlanggeschritten kam. Freude zeichnete sich auf ihren Gesichtszügen ab. »Surreal! Ich habe dich nicht so früh wieder …«
Surreal packte Jaenelle am Arm und schleifte die jüngere Frau in das Zimmer zurück. »Das hier ist ein Gespräch unter Frauen«, fuhr sie Graufang und Ladvarian an. »Geht ein paar Büsche wässern.« Dann schlug sie den beiden erstaunten Vierbeinern die Tür vor der Schnauze zu.
»Surreal!« Jaenelle schüttelte die Hand ab, die sie gepackt hielt. »Ist etwas geschehen in …«
»Was im Namen der Hölle machst du hier?«, rief Surreal.
Jaenelle blickte wachsam und verblüfft zugleich drein. »Im Augenblick lese ich.«
»Ich spreche nicht
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