Die schwarzen Juwelen 03 - Schatten
sie gehört.«
Erneut herrschte Schweigen. Schließlich meinte der Hund: *Es ist schwer zuzuhören, wenn man mit der Pfote in einer Falle steckt.*
Dieses Maß an Verständnis, die Vergebung taten ihm weh. Er sah den Sceltie an, denn er musste die Wahrheit erfahren. »Ladvarian … habe ich sie für immer zum Krüppel gemacht?«
*Nein*, erwiderte der Sceltie sanft. *Sie wird heilen, Prinz. Von Tag zu Tag geht es ihr ein Stück besser. Es wird nur länger dauern.*
Daemon ging zu dem Zelt zurück und betrat das Innere.
Diesmal sah er nur Jaenelle vor sich.
*Sie ist ganz. Es fehlt kein Stück*, sagte Ladvarian besorgt.
Mit einem Nicken schlüpfte Daemon aus den Schuhen, zog sich das Jackett aus und legte sich dann behutsam neben sie. Er stützte sich auf einen Ellbogen, um sie betrachten zu können. Zaghaft streckte er die Hand aus und strich mit den Fingern über ihr kurzes goldenes Haar. Beinahe war er zu ängstlich, um auch nur so weit zu gehen. Sie war so zerbrechlich. So furchtbar, furchtbar zerbrechlich. Aber sie lebte!
*Wir mussten ihr das Fell stutzen.*
Angesichts des Zustands, in dem sie sich befunden haben musste, war es eine praktische Lösung gewesen, um den verwandten Wesen zu ersparen, sie regelmäßig ›striegeln‹ zu müssen.
Er streichelte ihr leicht mit den Fingern über die Wange. Ihr Gesicht war zwar schrecklich abgemagert, aber immer noch dasselbe.
Dann fiel ihm das Juwel auf, das auf ihrer Brust ruhte. Zuerst dachte er, es handele sich um Purpur. Dann konnte er in den Tiefen des Juwels Rose, Aquamarin und Opal funkeln sehen. Grün, Saphir und Rot. Grau und Schwarzgrau. Und einen Hauch von Schwarz.
*Es heißt Schatten der Dämmerung *, erklärte Ladvarian. *Es gibt kein anderes Juwel dieser Art.* Mit diesen Worten zog sich der Sceltie zurück und ließ Daemon mit ihr allein.
Er beobachtete sie, während sie schlief; sah ihr einfach nur zu. Nach einer Weile war er mutig genug, um seine Finger auf Erkundungsreise zu schicken.
Ladvarian hatte Recht. Sie war ganz, doch sie war kaum mehr als eine dünne Hülle aus Haut, die um Knochen und Organe lag.
Als ein Finger sachte über ihre Brustwarze strich, hielt er inne, dachte über das offene Hemd nach und blickte sich dann zu dem Strand um, von wo aus Ladvarian und Kaelas ihn beobachteten. *Sie wusste nicht, dass ich komme, nicht wahr?*
*Nein*, erwiderte Ladvarian.
Er musste nicht fragen, warum das so war. Wenn es ihm nicht möglich gewesen wäre, das zu akzeptieren, was sich seinen Blicken bot, hätten die verwandten Wesen ihr niemals erzählt, dass er hierher gekommen war. Stattdessen hätte Ladvarian sie an einen anderen Ort gebracht, zu jemand anderem , der sie im Laufe der Wintermonate heilen würde.
Er kannte seine Antwort. Er liebte sie und wollte nur eines: bei ihr sein. Doch trotz Ladvarians Worten … oder wegen Ladvarians Worten … war er sich nicht länger sicher, ob sie ihn immer noch wollte.
Da regte sie sich ein wenig, und er wusste, dass er nirgendwohin gehen würde, solange sie ihn nicht fortschickte.
Er richtete sich vorsichtig auf, um ihr nicht wehzutun, beugte sich über sie und strich sanft mit den Lippen über die ihren.
Er hob den Kopf. Sie starrte ihn aus gehetzten Saphiraugen an.
»Daemon?« In ihrer Stimme lag so viel Unsicherheit.
»Hallo, mein Herz.« Er rang darum, nicht zu weinen, was seine Stimme heiser klingen ließ. »Ich habe dich vermisst.«
Mühsam hob sie langsam die Hand und legte sie ihm an die Wange. Ihre Lippen verzogen sich zu einem Lächeln. »Daemon.«
Als sie seinen Namen diesmal sagte, klang es wie eine zärtliche Liebkosung und wie ein Versprechen.
Danksagung
Mein Dank geht an Lorna Czarnota und Tom Heim für den Unterricht im Bogenschießen; außerdem an Pat Feidner, die immer eine lustige Geschichte zu erzählen wusste, wenn ich eine brauchte; an den Kreis, der jedes kreative Unterfangen feiert und unterstützt; an Kandra und Tatianna für all ihre Hilfe mit der Webseite; und an die gesamte Leserschaft, die am Wunder des Geschichtenerzählens teilnimmt.
Titel der amerikanischen Originalausgabe
THE BLACK JEWELS TRILOGY 3:
QUEEN OF THE DARKNESS
Deutsche Übersetzung von Ute Brammertz
Deutsche Erstausgabe 4/2006
Redaktion: Natalja Schmidt
Copyright © 2000 by Anne Bishop
Copyright © 2006 der deutschsprachigen Ausgabe by
Wilhelm Heyne Verlag, München,
in der Verlagsgruppe Random House GmbH
Gesetzt aus der Slimbach
Satz: KompetenzCenter, Mönchengladbach
eISBN
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