Die schwarzen Juwelen 03 - Schatten
zurück zur Burg fahren würde.
Er überquerte die Weide und blieb einen knappen Meter vor Ladvarian stehen. Der Sceltie sah unnatürlich dünn aus, doch in den braunen Augen schimmerte Freude – und Wachsamkeit.
»Ladvarian«, meinte Daemon leise und voll Respekt.
*Daemon.* Ladvarian trat unbehaglich von einem Bein auf das andere. *Menschenmann … Manche Menschenmänner achten zu sehr auf das Äußere.*
Er verstand die Warnung und konnte die Angst aus den Worten heraushören. Nun begriff er auch, weswegen sie ihm nicht gestattet hatten, früher zu kommen – sie hatten befürchtet, er könnte ihren Anblick nicht ertragen. Sie hatten immer noch Angst.
»Es macht nichts, Ladvarian«, sagte er sanft. »Es macht nichts.«
Der Sceltie musterte ihn eingehend. *Sie ist sehr zerbrechlich. *
»Ich weiß.« Das hatte Draca ihm wieder und wieder eingeschärft, bevor sie ihn hatte ziehen lassen.
*Sie schläft viel.*
Er lächelte trocken. »Ich habe kaum geschlafen.«
Zufrieden drehte Ladvarian sich um. *Hier entlang. Pass auf. Es gibt viele Sicherheitsnetze.*
Als er sich umsah, entdeckte er die Verworrenen Netze, die einen Geist bestricken und in eigenartige Träume – oder schreckliche Alpträume – locken konnten.
Er ging vorsichtig vorwärts.
Nachdem sie etliche Minuten gegangen waren, erreichten sie einen Pfad, der in eine geschützte Bucht führte. Auf einer Anhöhe, ein gutes Stück über dem Grundwasserspiegel, stand ein großes Zelt. Der farbige Stoff würde vor Sonneneinstrahlung schützen, schien jedoch lose genug zu sein, um Luft durchzulassen.
In der Nähe des Wassers befanden sich zahlreiche ungeschickt erbaute Sandburgen. Er musste lächeln, als er sah, wie Kaelas versuchte, mit einer seiner riesenhaften Pfoten Sand aufzulesen.
Am Zelteingang waren die Stoffbahnen zurückgeschlagen, sodass die Frau sichtbar war, die im Inneren schlief. Sie trug einen langen Rock aus wild ineinander wirbelnden Farben. Ihr amethystfarbenes Hemd war nicht zugeknöpft und der Stoff zur Seite geglitten, sodass man ihren Oberkörper sehen konnte.
Schon nach einem Blick wich Daemon jäh von dem Zelt zurück.
Ein paar Meter weiter blieb er stehen und versuchte, normal einzuatmen, während sich sein Magen verkrampfte.
Die verwandten Wesen hatten ihr Bestes gegeben. Sie hatten sich monatelang mit aufrichtiger Hingabe auf den Heilungsprozess konzentriert, um überhaupt zu diesem Ergebnis
zu gelangen. Nie im Leben wollte er wissen, wie sie ausgesehen haben musste, als sie Jaenelle hierher gebracht hatten!
Er spürte, wie Ladvarian von hinten auf ihn zutrat. Da der Sceltie wusste, wie sie ausgesehen hatte, verstand der Hund seine Reaktion wahrscheinlich nicht. »Ladvarian …«
*Sie ist zu schnell von den heilenden Netzen aufgestiegen*, sagte Ladvarian mit einer Stimme, in der bittere Vorwürfe mitschwangen. * Wegen dir.*
Langsam wandte Daemon sich um. Sein Herz blutete nach dem verbalen Schlag, den der Hund ihm versetzt hatte.
*Wir haben versucht, ihr zu sagen, dass du unverletzt bist, dass sie länger unten in den heilenden Netzen bleiben müsse. Wir versicherten ihr, dass die Selt- … dass Tersa dir sagen würde, dass sie zurückkäme, dass sich der Höllenfürst um seinen Welpen kümmern würde. Doch sie hat nur immer wieder gesagt, dass du leiden würdest, und dass sie es versprochen habe. Sie blieb so lange in den Netzen, bis ihre inneren Verletzungen geheilt waren und stieg dann empor. Doch als sie sah …*
Daemon schloss die Augen. Nein. Süße Dunkelheit, nein! Sie hatte bestimmt Schmerzen gehabt, Qualen erlitten. Das alles wäre ihr erspart geblieben, wenn sie unten in den heilenden Netzen geblieben wäre.
»Tersa hat es mir gesagt«, stieß er mit gebrochener Stimme hervor. »Immer und immer wieder. Doch … ich konnte nur daran denken, dass Jaenelle versprochen hatte, mich zu heiraten, und mich dann verlassen hatte, und…« Die Stimme versagte ihm.
*Vielleicht hätten wir dich einweihen sollen*, sagte Ladvarian nach langem Schweigen zögerlich. *Wir haben bezweifelt, dass die Menschen an ihre Heilung glauben würden – zumindest nicht stark genug. Aber vielleicht hättest du daran glauben können, wenn wir dir von all den Netzen erzählt hätten. *
Es war nicht sehr wahrscheinlich. Egal, wie sehr er daran hätte glauben wollen , ihn hätten Zweifel beschlichen – und vielleicht hätte er am Ende alles zerstört, was er retten wollte.
»Tersa sagte mir, alles würde gut werden. Ich habe nicht auf
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