Die schwarzen Juwelen 05 - Finsternis
Dorothea.
Also war er überhaupt nicht sicher.
Doch sie war alles, was er jetzt hatte. Auch das war ihm klar geworden, als ihm aufgefallen war, wie sorgsam unbeteiligt die Wächter vor dem kahlen Raum dreingeblickt hatten, um ihn ihre wahren Gefühle nicht ahnen zu lassen. Er hatte das stillschweigende Abkommen gebrochen, dass der Hauptmann seine Männer vor den Launen der Hexen bei Hofe schützen würde. Sie würden ihm weiterhin gehorchen, um nicht bestraft zu werden, doch respektieren würden sie ihn niemals wieder.
Mit einem einzigen Befehl hatte Dorothea ihn von allen außerhalb des Ersten Kreises abgesondert – und selbst von den Mitgliedern des Ersten Kreises würde er isoliert sein, wenn er sich nicht als erfolgreich genug erwies, um sein bisheriges Versagen wettmachen zu können. Wenn sein Cousin Opfer jener grausigen Verstümmelung werden sollte, würde seine Familie zwar Krelis’ Gegenwart tolerieren, wenn er sie
besuchte, doch man würde ihn niemals willkommen hei ßen. Sein Traum von einer hübschen, friedfertigen Ehefrau, die er als Zuchtstute benutzen konnte, wäre zusammen mit seinen ungeborenen Kindern ausgeträumt. Es würde ihm nichts anderes übrig bleiben, als weiterhin die Huren zu besteigen, die sich in den Häusern des Roten Mondes verdingten.
Krelis hob die Brandyflasche an die Lippen und schluckte, bis er wieder Atem schöpfen musste.
Er würde dieses kleine Luder finden, bevor sein Cousin Dorotheas Messer zu spüren bekam.
Und sein Schoßhund würde den Preis des Versagens kennen lernen.
Kapitel 19
Möchtest du Schach spielen?«, fragte Jared, während er das Schachspiel aufbaute, das der Wirt ihnen zur Verfügung gestellt hatte. Er musste sich große Mühe geben, nicht in typisch männliche Überfürsorge zu verfallen. So hatte Lia seine Reaktion bezeichnet, als ihre Beine nachgegeben hatten, während sie früher am Tag in dem Zimmer auf und ab gegangen war. Sie tue lediglich etwas gegen die Steifheit in ihren Gelenken, hatte sie gesagt. Sie jage ihm eine Heidenangst ein, hatte er zurückgerufen.
Dann hatte seine schwache kleine Königin gedroht, ihm die heiße Suppe, die Teil des Mittagessens gewesen war, in den Schoß zu kippen, wenn er nicht aufhörte, ihr mit dem Rat auf die Nerven zu gehen, sie solle ein Mittagsschläfchen halten.
Er ging ihr nicht auf die Nerven. Er war noch nie jemandem auf die Nerven gegangen! Er machte sich lediglich Sorgen. War ihr der Unterschied denn gar nicht bewusst?
»Eine Partie«, versuchte Jared sie zu überreden, wobei er mit den Zähnen knirschte, um sie nicht anzubrüllen, dass sie sich gefälligst hinsetzen solle. »Bloß, um uns die Zeit zu vertreiben.«
Lia sah in dem viel zu großen Pullover und der eng anliegenden Hose, die einem der Wirtssöhne gehört hatten, viel zu zerbrechlich und außerdem sehr jung aus. Sie verschränkte die Arme und bedachte Jared mit einem steinernen Blick, der ihn ohne den Anflug des Schmollmundes nervös gemacht hätte. »Als wir das letzte Mal gespielt haben, hast du dich bloß aufgeregt.«
Jared legte sich eine Hand aufs Herz. »Ich verspreche, mich diesmal nicht aufzuregen.« Jedenfalls nicht über das
Spiel. »Wenn du natürlich keine Lust zum Spielen hast, können wir uns auch einfach schlafen legen.«
Sie fauchte ihn böse an.
»Wer derart ausfällig wird, sollte niemanden dafür rügen, dass er sich manchmal ein wenig aufregt«, sagte Jared in tugendhaftem Tonfall.
Sie ballte die Hände zu Fäusten.
Jared beobachtete sie und musste gegen das Verlangen ankämpfen, sie noch ein wenig mehr zu provozieren. In ihrem geschwächten Zustand würde sie wahrscheinlich der Länge nach auf dem Boden landen, sobald sie nach ihm schlug. Und wenn er ihr anschließend aufhelfen musste, würde sie nur noch wütender werden.
Nachdem Jared seine roten Spielfiguren zu seiner Zufriedenheit aufgestellt hatte, griff er nach den schwarzen.
»Das sind meine!«, erklärte Lia und setzte sich so ruckartig auf, dass die Bewegung beinahe widerwillig wirkte.
Während sie ihre Figuren aufstellte, goss Jared ihr ein Glas Fruchtsaft und sich selbst ein Glas Wein ein.
Letzte Nacht hatte er sie fest umschlungen gehalten; mehr aus dem Bedürfnis heraus, jeden ihrer beruhigenden Atemzüge zu spüren, als weil er geglaubt hatte, dass seine Gegenwart ihr helfen könnte. Am Morgen war er unsanft von ihrem Ellbogen geweckt worden, während sie schwor, seinen liebsten Körperteilen grässliche Dinge anzutun, wenn er sie nicht
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