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Die schwarzen Juwelen 05 - Finsternis

Titel: Die schwarzen Juwelen 05 - Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Bishop
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Korridor auf und starrte Jared mit glühendem Blick an. »Ich hoffe, sie reißt dich ganz allmählich in Stücke.«
    »Höchstwahrscheinlich wird sie genau das tun«, sagte Jared, nachdem der Begleiter die Tür hinter sich zugeworfen hatte. Unter größter Willensanstrengung gelang es ihm, die zwei Schritte auf die Bank aus unbearbeitetem Holz zuzugehen. Er breitete das Hemd aus und ließ sich behutsam darauf nieder, dankbar, dass seine zitternden Beine ihn eine Weile nicht tragen mussten.
    Jared, wenn du nackt im Teich baden gehst, dann denk dran, dein Handtuch über den Baumstamm zu legen, bevor du dich hinsetzt. Ansonsten ziehst du dir Splitter an Stellen ein, an denen du sie am wenigsten haben möchtest.
    Wo denn, Mutter?
    Frag deinen Vater.

    Das hatte er getan. Belarr hatte seinen Sohn eine Minute lang gemustert und dann vor sich hin gegrummelt, warum sie nicht wenigstens eine Tochter haben konnten, damit er sich revanchieren könne. Dann hatte Belarr einen Seufzer ausgestoßen und erklärt, was Reyna wahrscheinlich meinte. Auf diese Weise hatte Belarr es immer ausgedrückt: Wahrscheinlich meint deine Mutter Folgendes … Als empfände er, der starke Krieger, das Bedürfnis, sich abzusichern, wenn er die Worte einer Frau erklären sollte, insbesondere die Worte der Frau, die er geheiratet hatte.
    Jared seufzte erschöpft. Seine Schmerzen gingen über die bloßen körperlichen Verletzungen hinaus, als er sich die grob gewobene Hose anzog und in die minderwertigen Ledersandalen schlüpfte. Er griff nach dem Hemd, das aus kratzendem Material bestand, brachte es jedoch nicht fertig, es sich über den Kopf zu ziehen. Er atmete behutsam durch und drehte sich zu dem mannshohen Spiegel um, der an der Rückwand des Zimmers befestigt war. In dem Gebäude, in dem Lustsklaven die Besitzerin wechselten, war die gesamte Rückwand verspiegelt. Den Grund dafür konnte er nachvollziehen. Er wollte lieber nicht darüber nachdenken, warum sie hier ebenfalls einen Spiegel angebracht hatten, wo es gleichgültig war, ob ein Sklave beim Verlassen des Gebäudes adrett und gepflegt aussah.
    Seine Finger bebten, als er leicht über die Knöpfe der Hose strich. Mental oder mit den Fingern tastend … er konnte den Unsichtbaren Ring einfach nicht erspüren. Er hatte nicht die leiseste Ahnung, wie sensibel der Ring eingestellt war. Wo lag die Grenze zwischen erlaubter einfacher Kunst und dem, was mit schrecklichen Qualen bestraft werden würde?
    »Kühnes Draufgängertum«, murmelte Jared. Es war schwierig, die Risiken abzuschätzen, während er noch so wenig über die Graue Lady und ihren Hof wusste. Doch er konnte sich das Hemd einfach nicht über den Kopf ziehen, ohne vorher die Wunden mit einem gewissen Schutz zu versehen. Er hatte noch die Schreie von Männern im Ohr, denen
man ein Hemd auszog, das an den Peitschenwunden auf ihrem Rücken festgeklebt war, woraufhin die Wunden erneut aufrissen. Er hatte gesehen, wie jene Männer aussahen, nachdem ihre Wunden endlich verheilt waren.
    Einfache Heilkunst. Ein Fingerhut voll Macht. Mehr benötigte er nicht, um einen festen Schutzschild über seinem Rücken und Bauch zu erschaffen, der das Hemd von seiner Haut fernhalten würde.
    Erneut atmete Jared behutsam durch. Dann erschuf er den Schild und wartete ab.
    Nichts. Keine Schmerzwelle von dem Ring, keine wütenden Schritte im Korridor.
    Er musste erst die Furcht hinunterschlucken, bevor er sich das Hemd überziehen und sein Ebenbild im Spiegel betrachten konnte.
    Zwar war er nicht gerade für einen Ausflug inmitten von Adeligen angezogen, doch er war dennoch ein attraktiver Mann: hoch gewachsen und gut gebaut, mit der für Shalador typischen goldenen Haut – nicht braun wie bei den langlebigen Haylliern oder hell wie bei anderen Völkern, sondern von der Sonne geküsst, von Goldstaub überzogen. Ein schöner Teint, wenn man das dunkelbraune Haar und die braunen Augen der Shaladorier dazurechnete.
    Allerdings waren seine Augen von dem seltenen shaladorischen Grün – Augen, die sich durch die Blutlinien bis zu Shal, der großen Königin, zurückverfolgen ließen, die einst die verschiedenen Stämme zu einem Volk vereint hatte.
    Reynas Augen.
    Er war der Einzige der drei Jungen, der ihre Augen geerbt hatte.
    Bis vor Kurzem war er noch zum Sterben bereit gewesen, doch nun, da er noch am Leben war, wollte er auch am Leben bleiben. Süße Dunkelheit, er musste es schaffen, lange genug zu überleben, um nach Hause zurückzukehren, lange genug,

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