Die schwarzen Juwelen 05 - Finsternis
erinnern könnte, was er über die Wirkungsweise des Ringes gehört hatte, oder inwiefern dieser sich vom Ring des Gehorsams unterschied!
Andererseits sollte er vielleicht dankbar sein, dass es ihm nicht einfallen wollte.
Hinter ihm ging die Tür auf, und der angeheuerte Begleiter der Lady, der im Zimmer geblieben war, um ihn im Auge zu behalten, nahm Haltung an. »Lady?«
Verflucht. Etwas hatte sich zugetragen, während er mit seinen Gedanken woanders gewesen war. In der Stimme des Wächters schwang verhaltene Angst mit. Es war ein vertrauter Klang, der bedeutete, dass sich die Wut einer Hexe mit dunklen Juwelen beim nächsten unachtsamen Wort entladen konnte.
»Die Kleidung, nach der du verlangt hast, wird jeden Augenblick eintreffen«, sagte der Begleiter. Der Mann schluckte. »Gibt es noch etwas, Lady?«
Es kostete Jared all seine Selbstbeherrschung, sich nicht umzudrehen, um zu sehen, was sie tat. Er konzentrierte sich und erriet, dass ein Deckel von einem Glasbehälter geschraubt wurde.
»Ich möchte mir die Wunden ansehen«, sagte die Graue Lady. »Sie müssen gründlich gereinigt und mit dieser Heilsalbe behandelt werden. Ich habe mit dem Kerl noch einiges vor und möchte nicht, dass er mir wegstirbt, bevor ich auch nur den geringsten Nutzen aus ihm gezogen habe.«
Ihre Stimme jagte Jared einen Schauder über den Rücken. Doch es war ihre mentale Signatur, die ihn fast völlig aus der Fassung brachte. Selbst ohne die Anwesenheit des wilden Fremden erregte sie eine Lust in ihm, die über rein körperliches Begehren hinausging; es handelte sich um die Art Lust, die ein Mann mit dunklen Juwelen in der Gegenwart einer Hexe mit dunklen Juwelen empfand. Es ging so weit, dass er sich danach verzehrte, von ihr berührt zu werden, ihre Hände auf seiner Haut zu spüren.
Dafür hasste er sie am allermeisten.
Der Begleiter zögerte. Schließlich sagte er: »Darum kann ich mich kümmern, Lady.«
Erleichterung breitete sich in Jared aus, als Grizelle das kleine Zimmer verließ. Es war besser, die rauen Hände eines anderen Mannes zu spüren, als erneut von jenen zarten Fingern angefasst zu werden.
Als die Wachen ein paar Minuten später die Kleidung und die restlichen Pflegeutensilien brachten, konnte Jared an nichts anderes als seinen übermächtigen Durst denken. Am liebsten hätte er den Begleiter gefragt, ob er von der Wasserschüssel trinken dürfe – in diesem Augenblick hätte er alles getrunken, egal was dem Wasser zur Wundreinigung beigesetzt worden war -, doch angesichts des wütenden Knurrens des Mannes blieben ihm die Worte im Halse stecken. Es bereitete ihm stechende Schmerzen, als der Begleiter ihm Rücken und Bauch mit dem warmen Wasser wusch, das reinigende Kräuter enthielt. Währenddessen fragte Jared sich, ob Grizelle gewusst hatte, welche Qualen ihm dies zufügen würde, oder ob es ihr einfach gleichgültig war, wie lange er schon nichts mehr getrunken hatte.
Jared ertrug die Reinigung, ohne einen Laut von sich zu geben, doch er stieß ein Keuchen aus, als der Wächter ihm die Heilsalbe auf die Peitschenwunden an seinem Rücken rieb. Die Salbe fühlte sich nach dem warmen Wasser eisig an. Außerdem betäubte sie seine Haut rasch.
Auf diese Weise von noch mehr Schmerzen erlöst, entsann er sich des Rates, den Daemon Sadi ihm im Laufe des Jahres gegeben hatte, das sie zusammen am selben Hof verbracht hatten.
Daemon hatte es kühnes Draufgängertum genannt. Wenn ein Mann, aus welchem Grund auch immer, als Häufchen Elend an einen Hof kam und sich mit der Zeit ein wenig erholte oder ein gewisses Temperament an den Tag legte, würden die Königin und die Hexen in ihrem Ersten Kreis dies als Trotz auslegen, und die anderen Männer, die fürchten mussten, ihren Platz in der Hackordnung des Hofes zu verlieren,
als Herausforderung. Wenn ein Mann jedoch von Anfang an kühn und draufgängerisch auftrat, wurde der Königin und den übrigen Hexen ins Gedächtnis gerufen, dass man ein dunkles Juwel nicht einfach unterschätzen durfte, bloß weil ein Mann einen Ring trug und als Sklave betrachtet wurde. Solch ein Mann wurde mit größerer Vorsicht behandelt und sah sich weniger Herausforderungen vonseiten der anderen Männer ausgesetzt. Man sah ihn als in Ketten gelegtes Raubtier, nicht als Beute. An manchen Höfen gab dies den Ausschlag, ob man überlebte oder nicht.
»Das kann ich selbst«, krächzte Jared, als der Begleiter daran ging, die Wunden an seinem Bauch mit der Salbe zu versorgen. Er war
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