Die schwarzen Juwelen 05 - Finsternis
liebsten hätte er sich die Stelle über seinem Herzen massiert, um den tiefen, wachsenden Schmerz zu lindern, doch er hatte Angst, er könnte das Netz beschädigen.
Talon stieß Blaed an. »Beziehen wir unsere Posten.« Er ging ein Stück die Straße entlang, drehte sich dann jedoch um. »Jared? Alles in Ordnung bei dir?«
Jared ließ die Hand sinken. »Mir geht es gut.«
Eine Minute später stand er allein auf der Straße. Alle anderen hatten sich versteckt. Die Tür der Kutsche blieb geschlossen. In ein paar Minuten würde Krelis klar werden, dass sie ihm Lia nicht ausliefern würden, und die Schlacht würde beginnen.
Zu spät, dachte Jared auf dem Weg zu dem Gasthaus, in dem er sich bis ganz zum Schluss verstecken würde. Er hätte es Lia sagen sollen, solange noch Gelegenheit dazu war, hätte sie wissen lassen sollen, wie viel sie ihm bedeutete. Sein Bedauern, sich nicht mehr mit Reyna aussprechen zu können, hätte ihn lehren sollen, nicht unnötig zu warten, wenn er jemandem sein Herz ausschütten wollte. Doch die Scham über die Art, wie er die letzten neun Jahre gelebt hatte, hatte ihn davon abgehalten, Lia drei wichtige Wörter zu sagen.
Und jetzt war es zu spät.
Kapitel 36
Krelis ließ sein Messer aus der Scheide und wieder zurück gleiten.
Ihm gefiel der Rhythmus.
Es war beinahe an der Zeit, diesem shaladorischen Bastard zu zeigen, was mit einem Menschen geschah, der töricht genug war, Hayll die Stirn zu bieten.
Das Messer glitt hinein und wieder heraus, schneller und schneller.
Vielleicht würde er die Schwarze Witwe, dieses Miststück, mit weit gespreizten Beinen fesseln und sie den Rhythmus seiner beiden Messer vergleichen lassen.
Sie würde schreien. Oh, wie sie schreien würde!
Vielleicht würde er das kleine königliche Luder dabei zusehen lassen.
Was machte es schon, dass ihn niemand mehr, nicht einmal die Priesterin, der er diente, für einen Ehrenmann hielt? Jetzt verfügte er über etwas, das viel besser war als Ehre.
Macht.
Kapitel 37
Von seinem Platz am Fenster des Gasthauses aus beobachtete Jared, wie Thera aus der Kutsche schlüpfte und auf das nächste Haus zustürmte.
Was macht sie da?, fragte er sich, während er zusah, wie sie von Haus zu Haus lief, immer weiter die Straße hinauf. Wenn sie noch zusätzliche Anweisungen für Talon hatte, warum sandte sie diese dann nicht einen mentalen Faden entlang?
Er setzte sich ein Stück zur Seite, um sie nicht aus den Augen zu verlieren. Warum lief sie nach Osten? Dort gab es lediglich den Tanzkreis und die heilige Stätte. Beides konnte sie nicht erreichen, ohne an den hayllischen Angreifern vorbeizukommen. Selbst Thera wäre nicht derart töricht.
Und warum hatte sie Lia allein gelassen?
Jared blickte in die andere Richtung. Er konnte gerade noch die geschlossene Tür der Kutsche sehen, die Thera und Lia benutzt hatten.
Nach kurzem Zögern trat Jared ins Freie. Er blickte nach Osten.
Thera war verschwunden.
Er sah zu der Kutsche.
Eigentlich hatte er hier draußen nichts zu suchen. Aber ihnen blieb doch gewiss noch eine Minute, oder? Eine Minute, um nach Lia zu sehen und sicherzugehen, dass es ihr gut ging. Eine Minute, um ihr im Stillen zu sagen, was er ihr jetzt nicht mehr laut sagen würde, weil er sie nicht ablenken wollte.
Er trat einen Schritt auf die Kutsche zu.
»Krieger!«, donnerte Krelis’ mithilfe der Kunst verstärkte Stimme. »Eure Zeit ist abgelaufen, Krieger!«
Jared warf der Kutsche einen sehnsuchtsvollen Blick zu. Dann zog er sich wieder in das Gasthaus zurück. Er tat einen tiefen Atemzug und ließ die Luft langsam wieder aus seinen Lungen entweichen. Theras knappen letzten Anweisungen folgend, füllte er das Netz mit seiner roten Kraft. Langsam und stetig. Keine Wellen der Macht, welche die Angehörigen des Blutes in dem Netz, die keine Juwelen trugen, überwältigen würden. Sondern eine langsame und stetige Flut.
Randolf. Blaed. Talon.
Er benutzte sie als Prüfsteine, weil sie die letzten drei gewesen waren, die Thera dem Netz hinzugefügt hatte, und er sie immer noch wieder erkennen konnte. Und wenn er Talon stark durch das Netz spüren konnte, wusste er, dass es vollständig war.
Sie waren so bereit, wie sie nur sein konnten.
Jegliche Hayllier, die von dem Landeplatz kamen, würden an den Kutschen und an ihm vorbei müssen.
Jared fletschte die Zähne. »Komm schon, Bastard. Lass die Schlacht beginnen.«
Kapitel 38
Einer der hayllischen Wächter, der das östliche Ende des Dorfes
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