Die schwarzen Juwelen 08 - Blutsherrschaft
Eryk.
»Eure Mutter wartet zu Hause auf euch«, sagte Ranon. Er war es Shaddo schuldig, mit ernster Miene und fester Stimme zu sprechen. Aber verdammt nochmal, eigentlich wollte er lachen.
*Nach Hause!*, knurrte Darcy.
Eryk sah Darcy finster an. »Warte nur, bis ich meine Geburtszeremonie
hatte. Dann kommandierst du mich nicht mehr so herum!«
*Dann habe ich immer noch die schärferen Zähne.*
Schwer, dem zu widersprechen, dachte Ranon. Aber er würde den Kommentar heute Abend Shaddo gegenüber erwähnen müssen. Er war sich nicht sicher, ob Eryks Geburtsjuwel dunkler sein würde als das Darcys, aber man durfte dem Jungen nicht erlauben, Kunst einzusetzen, um ein Familienmitglied zu verletzen – nicht einmal, wenn dieses Familienmitglied Fell trug und vier Beine hatte … und die schärferen Zähne.
Er und die anderen Männer gingen weiter die Herbststraße hinunter, vorbei an dem Haus, in dem sich Lord Rogir und seine Familie langsam einlebten. Ein paar Mädchen waren im Vorgarten und übten Seilspringen. Besser gesagt, zwei der Mädchen schwangen das Seil, und Keely sprang darüber.
Er blieb nicht stehen. Fremde machten die Mädchen immer noch nervös, und Keely, auch wenn sie im Moment aussah wie ein lebendiges Kuscheltier, hatte sich selbst zur Beschützerin der jungen Frauen erklärt, die im Königinnen-Viertel lebten. Sie würde nicht zögern, anzugreifen, wenn man ihr die Männer nicht angemessen vorstellte. Und er wollte wirklich keine Zeit für diese ›angemessene Vorstellung‹ verschwenden – die gründliches Beschnüffeln beinhaltete – , die die Scelties für nötig hielten, um einen Unbekannten in die Nähe ihrer Menschen zu lassen.
»War das noch ein Sceltie?«, fragte Hikaeda. »Wie viele leben hier?«
»An manchen Tagen fühlt es sich an wie hundert, aber es sind zwölf, plus Vae«, antwortete Ranon. Und in einem Dorf, das nur ein paar Hundert Einwohner hatte, verschob dieser Sachverhalt das Gleichgewicht nicht zugunsten der Menschen.
Er zeigte den Männern noch ein paar weitere Straßen. Die bewohnten Häuser waren sehr gepflegt. Man sah nicht viele Menschen, aber trotz allem lag ein Gefühl der Energie und
des Eifers in der Luft, ein Gefühl von Arbeit, die mit leichtem Herzen verrichtet wurde.
Sein Volk hatte schon immer viel Herz gehabt. Und jetzt hatte es auch Grund zur Freude.
»Ihr habt Leute verloren«, bemerkte Ferall leise und deutete mit dem Kopf auf die leeren Häuser.
»Hier in Eyota haben wir einen Großteil der Familien bereits vor dem Sturm und den Aufständen verloren«, antwortete Ranon. Was bedeutete, die meisten waren von den verdorbenen Königinnen hingerichtet worden, die man dazu angehalten hatte, das Volk der Shalador auszulöschen.
»Das tut mir leid«, sagte Ferall.
»Wir haben überlebt. Und jetzt haben wir Hoffnung.«
Ferall warf ihm einen seltsamen Blick zu, aber in diesem Moment erreichten sie die Hauptstraße, und seine Gäste blieben stehen. Blieben einfach stehen.
Alle Landwirte waren bei ihren Tieren oder auf den Feldern und bereiteten sich auf die Ernte vor, die in ein paar Wochen beginnen würde. Viele Handwerker aller Richtungen arbeiteten in ihren eigenen Läden. Doch jeder, der nicht verfolgt hatte, wie dieser sorgfältig geplante Wahnsinn von Tag zu Tag zunahm, musste den Eindruck gewinnen, dass jedes männliche Wesen, das alt und kräftig genug war, um etwas zu heben und zu tragen, dass jede Person, die mit Werkzeugen umgehen konnte – oder es lernen wollte, ganz gleich, welchen Geschlechts –, sich auf der Hauptstraße aufhielt und zwischen den Gebäuden hin und her eilte.
»Mutter der Nacht«, sagte Elendill.
Ranon rief die Uhr herbei, die sein Großvater ihm zum zwanzigsten Geburtstag geschenkt hatte, ließ sie aufschnappen und sah nach der Zeit. Dann ließ er die Uhr verschwinden. »Das beruhigt sich gleich. Nämlich genau… jetzt.«
Und tatsächlich trat Burle gerade aus einem der Gebäude. Mit kunstverstärkter Stimme rief er: »Pause!«
Alle Hammer-, Säge- und Klappergeräusche verstummten. Menschen strömten aus den verschiedenen Häusern und liefen die Straße hinauf.
»Der Ältestenpark wird als Aufenthaltsort genutzt«, sagte Ranon. »Dort gibt es etwas zu essen und zu trinken, und jeden Tag sind ein oder zwei der Ältesten dort, um den Menschen zuzuhören oder Fragen zu beantworten.«
»Beim Feuer der Hölle, Ranon«, sagte Hikaeda. »Wie sind deine Leute in der Lage, das hier zu tun?«
Ranon holte tief Luft und
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