Die schwarzen Juwelen 08 - Blutsherrschaft
stieß sie langsam wieder aus. Er hörte den Neid in Hikaedas Stimme – und machte sich Sorgen über Feralls Schweigen. Aber sie mussten erfahren, warum dieser Wohlstand ausgerechnet hier aufkam.
»Das hier ist das Heimatdorf der Königin. Ihretwegen waren wir in der Lage, gewisse Geschäftsbeziehungen aufzubauen, die mit der Zeit ganz Dena Nehele zugutekommen werden.« Er hielt inne. »Gray hat sich mit Daemon Sadi angefreundet und einen Handel abgeschlossen: Im Austausch dafür, dass Prinz Sadi hier ein paar Geschäfte überschrieben wurden, hat er dem Hof ein Darlehen für Gegenstände und Nahrungsmittel gewährt, die das Volk von Dena Nehele brauchen wird – vor allem im kommenden Winter.«
Alle vier Männer keuchten erschrocken auf. Er konnte einen Anflug von Angst spüren. Allein Sadis Namen zu hören, wirkte sich auf die meisten Männer so aus.
» Gray hat sich mit Sadi angefreundet?«, fragte Elendill.
»Ja.« Keine überraschende Frage, wenn man bedachte, in welcher Verfassung Gray die letzten zehn Jahre über gewesen war. »Wir werden Sachen kaufen können, die hier kaum erhältlich sind – Decken, Kleidung und Schuhe zum Beispiel«, fuhr Ranon fort. »In der Südprovinz wurde während der Aufstände eine Webergilde niedergebrannt. Indem sie einen Teil des Darlehens in Anspruch nehmen, können sie Webstühle und Wolle kaufen, ein paar leerstehende Häuser zur Werkstatt herrichten und sich ihren Lebensunterhalt wieder selbst verdienen.«
»Wie bittet ein Dorf um solche Hilfe?«, fragte Hikaeda mit äußerster Höflichkeit.
»Wer auch immer das Dorf regiert, schickt ein Gesuch an Lady Cassidy und teilt ihr mit, was benötigt wird – und wie
viel es kostet.« Ranon seufzte. »Unser Land wurde über Generationen hinweg zerstört. Es wird mehr als ein paar Monate dauern, um alles Unrecht wieder zu beheben. Aber jetzt können wir Futter für unser Vieh und Nahrungsmittel für unser Volk zu kaufen, wenn die Ernte dieses Jahr schlecht ausfällt. Wir haben Verbindungen, die wir uns vor einem Jahr nicht einmal erträumt hätten.«
»Wenn du dir Sorgen über Neider machst, das musst du nicht«, sagte Ferall. »Es ist gut und richtig so, dass das Dorf der Königin als Erstes von ihren Bemühungen profitiert. Und wie ihr Hof sollte es als Beispiel dafür dienen, was möglich ist.«
Bevor ihm eine Antwort darauf einfiel, rief jemand seinen Namen.
Rainier fuhr heran und blieb neben ihnen stehen.
Was hatte Ferall gerade darüber gesagt, keine Neider fürchten zu müssen? Beim Feuer der Hölle! Er war neidisch. Dieser Ponywagen, den Rainier lenkte, schrie geradezu nach Adelsbesitz. Nicht weil er so schick war, sondern aufgrund der Qualität und der Handwerkskunst, die in seine Herstellung geflossen waren. Und der kastanienbraune Wallach, der den Wagen zog, war ein Prachtstück von einem Pferd.
»Gut, dass ich dich gefunden habe. Niemand scheint zu wissen, wo Gray heute arbeitet«, sagte Rainier.
»Wahrscheinlich ist er gerade in der Residenz beim Mittagessen«, antwortete Ranon.
»Ich kann nicht bleiben. Ich bin nur kurz vorbeigekommen, um zu sehen, ob Marcus irgendetwas braucht und um das Jungchen hier mal auf Herz und Nieren zu prüfen, damit es keine Probleme mit ihm gibt. Jetzt mache ich mich auf den Rückweg nach Kaeleer. Prinz Yaslanas Frau ist unpässlich, und ich bleibe eine Weile in Ebon Rih, um bei den Verwaltungsangelegenheiten zu helfen. Lucivar hat derzeit keine Geduld mit dem Papierkram – oder mit den Menschen, die ihn verursachen.«
Rainier lächelte, während er sprach, aber Ranon sah die
Sorge im Blick des Mannes. »Gibt es irgendetwas, das wir tun können?«
»Nein, aber er wird das Angebot zu schätzen wissen.«
Rainier lächelte weiter, während er kurz zu den anderen Männern blickte, aber Ranon hatte das Gefühl, der Kriegerprinz hätte soeben eine schnelle – und gründliche – Einschätzung seiner Gäste vorgenommen.
»Nun ja«, sagte Rainier, »dann bringe ich diesen Jungen hier schnell in den Stall und mache mich auf den Weg.«
»In den Stall?«
Rainier machte eine Geste, die Pferd und Wagen mit einschloss. »Die Ladys Morghann und Jaenelle schicken das hier den Ladys Shira und Cassidy. Die Königinnen und Heilerinnen in Scelt schätzen die Bauart dieser Kutsche, weil die hinteren Bänke viel Stauraum bieten und sie so klein ist, dass eine Lady sie bequem fahren kann. Lord Khardeen hat den Wallach von Fohlenalter an großgezogen und eigenhändig ausgebildet, der Kleine
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