Die schwarzen Juwelen 08 - Blutsherrschaft
eigenen Platz in seinem Arbeitszimmer freigeräumt, wo er seine gesammelten Aufzeichnungen über seine Pläne für Eyota im Kleinen und Dena Nehele im Großen aufbewahren konnte. Einzig das Wissen, dass jede verfügbare Person dieses Jahr als Erntehelfer einspringen
musste, und die Notwendigkeit, die Geschäfte fertigzustellen und mit Waren zu füllen, hielt Gray davon ab, noch etwas auf die Liste der Dinge zu setzen, die er bis zum Wintereinbruch erledigen wollte.
Sie entfernten sich von der Mauer und blieben neben der kleinen Sitzgruppe unter dem mächtigen Baum stehen.
*Ranon!*
Der freudige Ruf war die einzige Warnung, bevor er plötzlich einen hocherfreuten Sceltie im Arm hatte. Der Staub, der aufwirbelte, als Khollie mit voller Wucht auf seine Brust traf, ließ ihn husten. »Was hast du denn getrieben?«
*Die Frauen haben Shiras Bau saubergemacht. Ich habe geholfen.*
Der Schwanz schlug mit Begeisterung gegen seine Brust und wirbelte noch mehr Staub auf.
»Du hast deinen Schwanz als Staubwedel benutzt, oder?«
*Ja! Shira sagt, du musst erst meinen Schwanz waschen, bevor ich ins Haus darf.* Khollie wand sich in Ranons Armen und versuchte, ihn am Ohr zu lecken.
Sein Schwanz war nicht der einzige Körperteil, der eine Wäsche vertragen konnte.
Ranons stieg das Blut ins Gesicht, während die anderen Männer ihm mit belustigtem Interesse zusahen. Er verachtete sich dafür, auch nur das kleinste bisschen Scham zu fühlen, aber das änderte nichts an der Wahrheit. Khollie war anders. Er hatte etwas Herzerwärmendes an sich, das nichts damit zu tun hatte, dass er jünger war als die anderen Scelties. Es war auch nicht einfach ein Charakterzug. Ranon hatte Kinder gesehen, die etwas ähnlich Herzerwärmendes ausstrahlten. Sie waren nicht so wie andere Kinder. Irgendetwas stimmte mit ihnen nicht ganz.
Nicht, dass Khollie kein schlauer Kerl war. Das war er. Man musste ihm die Dinge genau erklären, aber nur einmal. Und er trug ein Tigerauge-Juwel.
Aber wenn Ranon schon von einem Sceltie adoptiert werden musste, warum hätte es dann nicht einer wie Keely oder Darcy, oder, beim Feuer der Hölle, sogar Nachtnebel sein
können? Als Ferall den Sceltie-Kriegerprinzen mit dem Opal-Juwel gesehen hatte, war er staunend stehen geblieben.
Nachtnebel brachte hartgesottene Krieger dazu, sich aufzurichten und ihm Beachtung zu schenken. Khollie, der unscheinbare Hund mit dem Flickenteppich-Fell, brachte sie nur zum Lächeln.
Elendill trat ein Stück nach links und gab Ranon den Blick auf seinen Bruder Janos frei, der sich die Arme um den Bauch geschlungen hatte und sich vor Lachen krümmte.
Doch der Junge richtete sich schnell wieder auf und kam auf sie zu.
»Na komm, Khollie«, sagte Janos. »Ranon muss bei den Menschen hier bleiben, ich helfe dir beim Waschen.«
*Du hast was gut bei mir*, sagte Ranon, als Khollie aus seinen Armen sprang und ihm dabei den staubigen Schwanz ins Gesicht schlug.
*Stimmt*, pflichtete Janos ihm bei.
Er ist kein Junge mehr, auch wenn er erst achtzehn ist, dachte Ranon, während er Janos und Khollie nachblickte, als sie zum Haus gingen. Allein seit letztem Sommer hat er sich sehr verändert.
Einer der Gründe für diese Veränderung trat gerade aus dem Haus. Reyhana trug ein schlichtes, langes Sommerkleid und Sandalen.
Ranon hörte Janos’ scharfen Befehl, der Khollie von einem freudigen Sprung abhielt. Er beobachtete, wie sein Bruder sich auf ein Knie niederließ, um sich Khollies Körpergröße und dem eingezogenen Kopf anzupassen, und auf Reyhana zeigte. Das Mädchen nickte, als stimme sie Janos’ Worten zu. Er sah, wie Khollie sich aufrichtete, nicht länger ängstlich, jetzt da er verstanden hatte, dass Janos’ scharfe Worte ihn davor hatten bewahren wollen, etwas Falsches zu tun – wie Reyhana in die frisch gewaschenen Arme zu springen.
Und er sah, wie Janos Reyhana ansah, sah, wie seine Finger kurz über ihre Hand strichen, als er aufstand, um Khollie für sein Bad in den Waschraum zu bringen.
Eine schwere Entscheidung für einen jungen Mann, der
darauf brannte, mehr zu bekommen als ein paar Küsse und Streicheleinheiten. Reyhana war die vielversprechendste Shalador-Königin ihrer Generation, und bis zu ihrer Jungfrauennacht würden mindestens noch ein paar Jahre vergehen. Es würde Janos das Leben kosten, wenn ein unbedachter Liebesakt dem Mädchen auf irgendeine Art schaden sollte.
Doch er wusste, wie es war, jung zu sein und einer Frau sein Herz geschenkt zu haben.
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