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Die schwarzen Raender der Glut

Die schwarzen Raender der Glut

Titel: Die schwarzen Raender der Glut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Ritzel
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Wissen Sie, wie sich das hinzieht? Eine Behörde setzt die andere ins Brot, immer neue Auflagen und Anforderungen, und plötzlich meldet sich das Sozialamt und sucht eine Bleibe für Leute, die ein Akzeptanz-Problem haben. Mein Mandant sagt, na gut, lassen wir sie mit befristeten Mietverträgen herein.« Er nimmt einen Schluck von seinem Kaffee, verzieht das Gesicht und greift nach seiner Süßstoffdose. »Die Baugenehmigung lässt noch immer auf sich warten, die Leute mit dem Akzeptanz-Problem haben sich eingerichtet und wollen nicht mehr heraus, das Haus kommt immer weiter herunter . . .«

    »Und irgendwann brennt die Bude dann ab. Sehr praktisch.«
    »Kein Grund zur Häme«, sagt Eisholm. »Die Miete für diese Leute kam vom Sozialamt. Das ist sicheres Geld. Auch wenn in diesem Land alles Pleite geht, wird es noch immer das Sozialamt geben. Warum sollte mein Mandant sicheres Geld in den Wind schlagen? Wozu investieren, wenn das ein solcher Umstand ist? So lukrativ ist das ja gar nicht mehr, einen Neubau hinzustellen, nicht in dieser Lage, nicht mit einer anatolischen Nachbarschaft . . .«
    »Sie wollten mir erklären, wie es aussieht, wenn die Branche Ihres Mandanten subtil wird. Was macht mein Vermieter, wenn er mich aus meiner Dachstockwohnung heraushaben will, weil das ein schickes Penthouse werden soll?«
    Die Krähenaugen blicken sie merkwürdig, fast abwesend an. »Sie wohnen im Dachgeschoss? Da haben Sie sowieso keine Chance. Da ist dann plötzlich das Wasser weg, weil der Druck leider nicht ausreicht, veraltete Installation, Sie verstehen? Und Sie wissen doch, wie das dauert bei den Installateuren. Und das Treppenhaus muss umgebaut werden, und ein Lift muss her, wenn Sie Glück haben, erreichen Sie ihre inzwischen unheizbare Wohnung übers Außengerüst . . .«
    »Und wenn ich mir das alles nicht gefallen lasse, ins Hotel ziehe und den Vermieter verklage?«
    Wieder streift sie dieser kurze, wie zufällige Blick. »Ich weiß nicht, ob ich Ihnen das raten würde.« Er schüttelt den Kopf. »Den Leuten passiert so schnell etwas. Sie halten mit Ihrem Auto vor der Ampel, und ein Lastwagen kann nicht bremsen. Oder Sie haben einen Termin abends, Sie wissen doch, was für Leute sich heutzutage auf den Straßen herumtreiben, Leute, die mir nichts, dir nichts zum Messer greifen . . .«
    Er trinkt seine Tasse aus. »Nein, ich würde Ihnen raten, sich gütlich zu einigen. Wenn Ihnen eine Abfindung geboten wird, nehmen Sie sie und gehen.«
    »Und wenn er nichts bietet?«
    »Gehen Sie trotzdem.«

     
    Vor der Zufahrt zu der Waschstraße steuert Birgit den Peugeot nach rechts in eine der Haltebuchten, an denen Münzstaubsauger aufgestellt sind. Sie steigt aus, holt die Fußmatten heraus und sieht sie sich dabei an. Außer weißlichem Staub und den Kiesbrocken, die nach Lehrerparkplatz aussehen, ist nichts zu entdecken. An einer Stelle kleben noch immer Reste von dem Kaugummi, in den Hubert einmal hineingetreten sein will.
    An einem Blechgestell klopft sie die Matten aus. Hingebungsvoll kniet neben ihr ein junger Mann in einem goldmetallic lackierten Opel sonst was und hantiert mit Staubsauger und Eselsgeduld zwischen irgendwelchen Polstern. Aber wenn deine Freundin will, dass du beim Hausputz hilfst, schaust du sie kariert an, denkt Birgit und betrachtet den in eng sitzende Jeans eingezwängten Hintern, der aus dem Wagen herausragt. Auch nicht schlecht.
    Im Polster des Fonds findet sie eingeklemmt einen ihrer alten Drehbleistifte und leider nicht das kleine Kettchen mit dem Amethyst, das sie seit Wochen vermisst. Im Seitenfach der Fahrertür stecken zusammengeknüllt zwei Parkscheine, sie faltet sie auseinander, die Parkscheine stammen von einem Automaten am Hauptbahnhof, der eine war am 20., der andere am 13. Juni ausgestellt, der eine um 22.24 Uhr, der andere um 22.26 Uhr, und beide für jeweils eine Viertelstunde. Sie schaut in ihrem Taschenkalender nach, beides waren Dienstage gewesen, dienstags war sie im Literaturzirkel, zum Literaturzirkel ging sie zu Fuß.
    Wen bringt er da zum Zug?
    Bettina wohnt? Irgendwo draußen. Neckargemünd? Wenn das so ist, warum bringt er sie dann nicht mit dem Peugeot dorthin?
    Na klar. Sie will dort nicht mit ihm gesehen werden.
    Unsinn. Er muss sie ja nicht bis vors Elternhaus fahren.
    Sie steckt die beiden Parkscheine ein; sicherheitshalber wird sie im Fahrplan nachsehen, welche Nahverkehrszüge um oder kurz nach 22.30 Uhr vom Hauptbahnhof abfahren, vermutlich
in alle Richtungen um

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