Die schwarzen Raender der Glut
ein Flop?«, will Barbara wissen.
Vor einer halben Stunde hatten sie die Oberstudienrätin Birgit Höge wieder verlassen. Der Abschied war etwas kühl angehaucht. Trotzdem hatte die Gastgeberin sich Berndorfs Handynummer geben lassen. Dass er in Professorin Steins Berliner Institut offenbar nicht zu erreichen sein würde, schien sie nicht weiter zu wundern. »Allerdings werde ich kaum etwas nachzutragen haben«, hatte sie noch angemerkt. »Vor allem nicht zur Affäre der geheimnisvollen silbernen Kette.« Kurzes silberhelles Lachen. »Leider nicht. Zu gerne wäre ich in ein gruseliges kleines Geheimnis verwickelt. Aber ich bin nun einmal nur eine langweilige Lehrerin. Eine Person ganz ohne Geheimnisse.«
Das silberhelle Lachen klingt Berndorf noch in den Ohren, während er nachdenkt. »Nein«, sagt er schließlich. »Kein Flop. Eine kleine Rundfahrt mit der Geisterbahn. Vergilbtes wertloses Papiergeld in falsche Münze umgewechselt. Sielaff hat Recht. Es ist nicht professionell.«
»Immer muss der kleine Junge getröstet werden«, antwortet Barbara. »Ich bin aber nicht deine Mama. Sollte ich dir nicht besser einen Tritt in den Hintern geben?«
»Tu mal.«
»Dann sag mir, was wir inzwischen wissen und was nicht. Und danach entscheiden wir, was wir als Nächstes tun.«
»Sehr einfach«, antwortet Berndorf. »Wir wissen, und das seit 28 Jahren, dass die Polizei durch einen irreführenden Anruf zu der Wohnung von Franziska Sinheim gelockt wurde. Das heißt, mit mir hat man das gemacht. Außerdem wissen wir, dass es in Franziskas Umfeld einige Leute gibt, denen diese junge Frau ein wenig zu entschlossen und unbefangen gewesen sein mag. Sonst wissen wir nichts.«
»Das gefällt mir nicht.« Barbara beugte sich über ihn. »Wer hat, konkret, ein Motiv gehabt, Franziska zu denunzieren?«
»Dein Genosse Halt-das-mal. Nur scheidet der schon wieder
aus, weil es eine Frau war, die angerufen hat. Falls sich Steguweit richtig erinnert. Vielleicht die Dame Volz. Vielleicht unsere klirrende Gastgeberin von gerade eben. Aber warum eigentlich gerade die? Kurz, wir wissen gar nichts. Wir wissen nicht, wem Franziska Jugendschön alles den Freund ausgespannt hat oder mit ihren kessen Artikeln auf die Zehen getreten ist. Wir wissen nicht, ob es die wohlmeinende Nachbarin war, auch nicht, was es mit dem Silberschmuck auf sich hat, wir wissen nichts über die Leute, die den Geldtransporter überfallen haben, und wir wissen nicht, wo die Beute abgeblieben ist.«
»Wieso wissen wir da nichts?«
Berndorf greift in sein Jackett und fingert einen Packen Papiere heraus. Er sieht sie durch und reicht Barbara die Absage, die Troppau aus der JVA Aichach bekommen hat.
Barbara hebt die Augenbrauen. »Sabine Eckholtz – ist das nicht eine von diesen Terroristinnen, die in der DDR untergekommen waren?«
»Ja«, sagt Berndorf. »Ein paar Jahre nach der Wende ist sie dann aufgeflogen und in München verurteilt worden. Sie war dabei, als sie diesen Manager am Starnberger See erschossen haben. Vielleicht war sie es sogar, die geschossen hat.«
»Und der Überfall auf die Landeszentralbank? Da habt ihr doch auch nach einer Frau gesucht?«
»So klar ist das nicht. Zwar galt Sabine Eckholtz als Geldbeschafferin der Terroristen. Und als diejenige, die das Sagen hatte, wenn sie bei einer Aktion beteiligt war. Die Anklage hat es jedenfalls so dargestellt. Aber ist damals in Mannheim wirklich eine Frau beteiligt gewesen?«
»Dass es keine war, hat doch nur diese Anruferin behauptet. Und das war eine Lügnerin.«
»Richtig. Und trotzdem. Der Eckholtz-Prozess hatte übrigens nicht nur Troppau neugierig gemacht, sondern auch mich. Ich habe damals bei der Bundesanwaltschaft angerufen und gefragt, ob die Eckholtz zu dem Überfall bei der Landeszentralbank befragt worden sei.«
»Und?«
»Nichts. Der Fall ist verjährt.«
Barbara überlegt. »Trotzdem solltest du noch einen Versuch machen, mit der Eckholtz zu sprechen.«
Sie lässt nicht locker, denkt Berndorf. »Wenn ich es tue, dann nicht so, wie Troppau es gemacht hat«, antwortet er ausweichend. »Vielleicht werde ich ihren Anwalt anrufen. Ich glaube, ich kenne ihn. Es ist derselbe, der vor zwei Jahren Thalmann verteidigt hat.«
»Deinen Rasiermesser-Mörder? Igitt.«
»Das ist ein sehr netter Mensch«, widerspricht Berndorf. »Der Anwalt, meine ich. Hartnäckig, aufmerksam. Und vor allem nicht eitel.«
»Also machst du doch weiter?«
»Frag mich was Leichteres.«
Barbara betrachtet ihn
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