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Die Schwarzen Roben

Die Schwarzen Roben

Titel: Die Schwarzen Roben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond E. Feist
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Träumen hätte sie nicht gedacht, daß eine solche Kommunikation gleichzeitig geschehen konnte. »Ihr könnt… mit der Stimme eines Wesens sprechen, das dort war …?« Ihr Verstand versuchte, die Vorstellung eines so gewaltigen Bewußtseins zu erfassen, daß es die gesamte Vergangenheit enthielt.
    Die Königin klickte amüsiert mit ihren Mundwerkzeugen.
    »Wir waren da, Mara. Wie es der Vorstellung von Euch Menschen entsprechen würde … ich war da … nicht mit diesem Körper natürlich, aber … wir waren da. Was meine Vorfahren sahen, kenne ich so wie sie.«
    Mara bedeutete einem Diener, die Teetasse nachzufüllen; sie vergaß, daß das Wasser inzwischen kalt war. Lujan hütete sich, über ihre Versunkenheit zu grinsen. Sein Verstand war nicht so flink wie der seiner Herrin, doch er hatte sie schon so oft merkwürdiges Wissen in der politischen Arena in einen Vorteil verwandeln sehen, um ihre Phantasien als Launen abzutun. Und da er alles andere als dumm war, spürte auch er die grundlegende Bedeutung der Offenbarung der Königin. Was immer ein Mitglied der Cho-ja sah, wurde von allen anderen Cho-ja bewahrt, offensichtlich über Jahrhunderte hinweg. Fasziniert beobachtete er, wie Mara die Diskussion wieder auf gefährlicheres Terrain lenkte.
    »Was geschah mit den Cho-ja seit der Ankunft der Menschen?«
    Die Arbeiter behielten ihre Tätigkeit bei, als die Königin antwortete. »Wir waren erst einige unter vielen, wenn auch nicht so zahlreich wie jetzt. Wir mußten uns gegen andere Rassen bewähren – die Thun, die Nummongum, die Chadesh und die Sunn.« Von diesen Namen kannte Mara lediglich die Thun. Sie widerstand der Versuchung, ein Nebenthema zu verfolgen. Wenn sie die Mittel in die Hand bekam, um sich vor den Magiern zu schützen und zu überleben, würde sie viele Jahre zur Verfügung haben, um ihre Neugier zu befriedigen.
    Als hätte die Königin die Wendung ihres Gastes gespürt, enthüllte sie eher allgemeine Fakten. »Unsere Krieger sind da, um zu schützen; Cho-ja gehen niemals gegen Cho-ja vor, außer in Zeiten der Hungersnöte, wenn ein Stock gegen einen anderen kämpft und nur der kräftigste überleben kann. Ein Wettkampf der Stöcke wird ohne Haß ausgetragen; Töten ist nicht unsere bevorzugte Natur. Doch gegen andere Rassen kämpfen wir, denn sie haben eine andere Vorstellung von ihrem Platz in der Welt. Viele Schwärme litten unnötigerweise, denn Wesen kamen zu uns, die tief unter jedem vernünftigen Gesetz standen, die für mehr als Nahrung und Schutz töteten. Sie kämpften aus Liebe zum Töten, schien es uns damals – und noch heute. Sie besetzten Land, das sie nicht benötigten, und begannen Schlachten, um sich mit einer Idee zu krönen, die wir nicht verstehen, mit Ehre.«
    Das Blut wich aus Maras Gesicht. »Tsurani.«
    »Menschen«, warf die Königin in sanfter Trauer ein. »Euch beurteilen wir anders, Lady Mara, doch das Bewußtsein des Schwarms weiß genau: Keine andere Rasse auf dieser Welt, die Ihr Kelewan nennt, gleicht Eurem Volk an Boshaftigkeit. Denn die Menschen kämpfen ohne Grund. Als Euer Kaiserreich im Laufe der Jahre wuchs, strebten wir Cho-ja danach, alle Angelegenheiten zwischen uns zu bereinigen, und doch kamen immer und immer wieder Menschen, suchten dieses oder jenes Ding, dieses oder jenes Recht. Und als wir uns weigerten, zu unvernünftigen Bedingungen einzuwilligen, folgte Blutvergießen. Oft verließen wir den Kampfplatz und dachten, die Angelegenheit wäre erledigt, nur um wieder aus Gründen angegriffen zu werden, die keine Logik bargen. Am Ende ergaben wir uns.«
    Mara klopfte mit den Fingern gegen die Tasse und sah, wie sich Wellen in dem erkalteten Getränk ausbreiteten. »Ihr wurdet zu dem Vertrag gezwungen?«
    Wieder wurde es totenstill in der Kammer, und der Ton der Königin hatte jetzt etwas Eisiges. »Das ist verboten.«
    Maras Augen weiteten sich. »Haben wir Euch verboten, darüber zu sprechen?«
    »Das ist verboten.«
    Inzwischen überzeugt, daß sie die Königin nicht beleidigt hatte, sie aber durch irgendein Versprechen, das die Cho-ja nicht verletzen wollten oder konnten, gebunden war, ließ Mara ihren Gedanken freien Lauf. »Wer hat die Macht, Euch zum Schweigen zu verdammen? Die Versammlung? Der Kaiser?«
    »Das ist verboten.«
    Mara nahm die Hand von der Tasse, um das feine Porzellan nicht zu zerbrechen. »Verzeiht meine Neugier. Ich werde woanders nach Antworten suchen.« Mara zitterte vor Besorgnis und Enttäuschung und probierte es erneut.

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