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Die Schwarzen Roben

Die Schwarzen Roben

Titel: Die Schwarzen Roben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond E. Feist
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Auffassung teilen, würde Jahrtausende umfassen. Für uns ist Eure Vorstellung etwas Vergängliches, gebunden an die Dauer eines menschlichen Lebens. Insoweit wir Cho-ja überhaupt etwas begreifen können, das außerhalb unseres Verständnisses hegt, werden wir versuchen, Euch zu helfen.«
    Hier faltete die Königin die winzigen, rudimentären Vorderglieder, um zu zeigen, daß sie geduldig wartete.
    Mara starrte auf den Bodensatz ihrer Teetasse, ohne wirklich etwas zu sehen. Sie war sich bewußt, daß die Individualität eines Cho-ja-Wesens niemals von dem Bewußtsein des Schwarms getrennt war; persönliche Autonomie spielte in ihrer Kultur keine Rolle, und erst Jahrhunderte von Kommunikation zwischen den Rassen hatten die insektenähnlichen Geschöpfe in die Lage gebracht, das Wesen eines Menschen zu verstehen, dessen Identität einzeln und getrennt vom Ganzen existierte. Individualität war für sie eine Ironie, verwirrend und konfliktfördernd. Das Konzept der Dummheit, die darin lag, daß jemand gegen die eigenen Interessen oder die der Familie handelte, erschien ihnen als eine Krankheit von unverzeihlichem Ausmaß. Der abstrakte Begriff »Weisheit« war zu flüchtig, als daß das Bewußtsein des Schwarms ihn ermessen konnte.
    Mara runzelte die Stirn und versuchte es aufs neue. »In meiner kurzen Zeitspanne hat mich Euer Rat und der anderer Menschen gelehrt, daß ich in einer kleinen Welt lebe. Bis jetzt dachte ich, ich hätte die Kontrolle über diese Welt.« Sie mußte das Schicksal Ayakis nicht wiederholen – oder irgendein anderes Ereignis. Die Nachricht vom Eingreifen der Versammlung hatte sich bis in die entfernteste Provinz des Kaiserreichs herumgesprochen, und obwohl die Cho-ja möglicherweise nicht alle Nuancen der menschlichen Angelegenheiten verstanden, hatten sie eine deutliche Erinnerung an Ereignisse.
    Vielleicht spürte das Bewußtsein des Schwarms, daß das Verbot der Versammlung die Wurzel von Maras Fragen war; sicherlich waren sie durch irgend etwas gewarnt worden. Denn wenn die Königin auch weiterhin reglos dasaß, gaben die Wärter um sie herum zum ersten Mal in Maras Anwesenheit ihre eifrige Tätigkeit auf und verharrten still. Sämtliche Aktivität in der riesigen Halle erlahmte, obwohl kein erkennbarer Befehl dazu erteilt worden war.
    Maras Unsicherheit wandelte sich in Furcht.
    Die Königin hatte vor langer Zeit einmal enthüllt, daß die Allianzen der Cho-ja als Ware erworben werden konnten. Mara hatte üppige Summen für die Loyalität der Stöcke auf ihren beiden Landsitzen ausgegeben. Sie zitterte bei dem Gedanken, daß der Einfluß der Erhabenen sich sogar bis hierher erstrecken konnte und daß sie durch ihre Worte oder Schlußfolgerungen ihre Strafe veranlaßte. Ein durch Magie hervorgerufenes Erdbeben, auch nur einen Bruchteil so stark wie das, welches die Heilige Stadt erschüttert hatte, als der schwarzgewandete Milamber seine Macht entfesselt hatte, konnte diese Tunnel zerstören. Bogengänge und Wölbungen würden zu Staub zerfallen, und tonnenweise würde schwarze Erde herniederprasseln … Mara fühlte ihre Hand zittern und steckte sie in die Ärmel. Sie durfte nicht denken! Nur handeln. Und tatsächlich hatte die Königin noch nichts darüber gesagt, wo der Schwarm seine Verbündeten suchen würde.
    Sie konnte nur noch warten.
    Die Stille wurde unheimlich. Nach einiger Zeit nahmen Maras überempfindliche Sinne ein schwaches Summen wahr, einen Ton, der so hoch war wie das Flügelschlagen von Insekten. Sie fragte sich, ob dieses Geräusch eine weitreichende Kommunikation darstellte, dann war sie sich dessen sicher, denn die Königin sprach mit der Autorität derjenigen, die zu einer Entscheidung gekommen war. »Mara von den Acoma, Ihr habt etwas angesprochen, das Ihr, wenn ich es so sagen darf, für weise halten würdet. Ihr bemerktet, daß Ihr in einer kleinen Welt lebt. Ihr tut gut daran, die Grenzen dieser Welt neu zu definieren und auf andere Welten zu schauen, die neben Eurer eigenen existieren.«
    Mara kaute auf der Unterlippe; ihre Gedanken rasten. Hinter den gespreizten, sorgfältig auf die Etikette achtenden Worten der Cho-ja-Königin spürte sie ein Zögern. Auf der Suche nach einer verborgenen Möglichkeit drängte Mara nach weiteren Informationen. »Welche Welten soll ich bereisen?«
    Die Arbeiter blieben weiterhin reglos, während die Königin antwortete. »Diese Welt, Kelewan, zuerst. Ihr habt uns häufig besucht, etwas, das keine anderen Edlen Eurer Nation

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