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Die Schwarzen Roben

Die Schwarzen Roben

Titel: Die Schwarzen Roben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond E. Feist
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seltenen Ruhepausen das einzige Glück, das sie kannte.
    Kasuma lächelte sie mit feuchten Lippen an. Mara berührte die Nase des Kindes; sie verlangsamte ihre Bewegung absichtlich, damit die kleinen Hände nach dem Armband greifen und es zum Klingen bringen konnten. Heute trug sie, zusammen mit der Jade für normale Tage, den unbezahlbaren Kupferschmuck, den sie einst von Chipino von den Xacatecas erhalten hatte, ausdrücklich, um ihr Kind zu erfreuen. Kasumas Lächeln gab ihr ein warmes Gefühl. Hat sich so auch meine Mutter gefühlt, fragte sich die Lady der Acoma, als sie hinunter in mein Gesicht geschaut hat? Wie anders ihr Leben verlaufen wäre, wenn ihre Mutter noch gelebt hätte. Wäre sie dort geblieben und hätte den Dienst im Tempel Lashimas ausgeübt, während Lady Oskiro die Herrscherin der Acoma wurde? Hätte ihre Mutter so reagiert, wie Isashani es tat, durch sanfte weibliche List? Oder hätte die Verzweiflung sie zu gefährlichen Neuerungen getrieben?
    Mara seufzte. Dieser endlose Kreislauf von Vermutungen diente niemandem. Alles, was sie von ihrer Mutter kannte, war ein gemaltes Porträt, das Lord Sezu noch vor ihrem unzeitgemäßen Tod in Auftrag gegeben hatte.
    Lujans tadelnde Stimme erscholl vom Hof, und das klatschende Schlagen von Justins Übungsschwert nahm einen gleichmäßigen Rhythmus an. Mara konnte das Klatschen eines Holzschwertes nicht hören, ohne an Ayaki zu denken. Obwohl Justin ihrem verstorbenen Erstgeborenen in nichts ähnelte, kam immer wieder einmal der seltsame Augenblick, da ihr ein Blick, eine kurze Kopfbewegung oder jungenhaftes Gelächter den älteren Bruder ins Gedächtnis rief. Ayaki hätte inzwischen die Männlichkeitszeremonie hinter sich, begriff Mara. So viele Jahre waren vergangen … Sie zwang sich, mit den fruchtlosen Träumereien aufzuhören. Sie spürte Kasumas Finger an ihrem Armband und mußte sich anstrengen, nicht über das andere Kind Hokanus nachzudenken, das die Hamoi Tong ihr vor der Geburt geraubt hatten.
    In einer Stunde würden ihre beiden lebenden Kinder fort sein, mit einer vertrauenswürdigen Gefolgschaft auf der Straße zum Kaiserlichen Haushalt in Kentosani. Sie würden dort sicherer sein, bis Hokanu sich von den Verpflichtungen der Shinzawai freimachen und auf die Güter am See zurückkehren konnte.
    Mara schloß die Augen. Morgen würde auch sie sich auf einer Reise befinden, eine, die in bekanntem Gebiet beginnen, aber weit darüber hinausführen würde. Die Götter alleine wußten, wie lange sie weg sein würde. Die Jahre, in denen Ayaki herangewachsen war und die sie während des Feldzugs in Dustari verpaßt hatte, schmerzten sie noch im nachhinein. Jetzt, da der Junge tot war, ärgerte sie sich über die Jahre, die die Politik sie von seiner Seite fortgeführt hatte.
    Schlimmer noch: Sie wollte nicht, daß Kasuma aufwuchs und sich nur aufgrund eines gemalten Bildes an ihre Mutter erinnerte.
    Ein weicher Babyfuß trat gegen ihr Kinn. Mara lächelte; sie öffnete die Augen und seufzte, als sie die Amme hereinkommen sah, um die Tochter wieder mitzunehmen. Der Tag verging zu schnell. Die große Frau verbeugte sich forsch angesichts ihrer Aufgabe. Es war offensichtlich, daß sie es nicht sehr genoß, Zeugin zu werden, wie eine Mutter sich von ihrem Kind verabschiedete.
    »Es ist alles in Ordnung«, versicherte Mara. »Ich weiß, daß es noch einige Dinge zu packen gibt, und Kasuma sollte noch ein Schläfchen halten, bevor sie zusammen mit ihrem Bruder in die Sänfte gesteckt wird. Justin wird sie nicht schlafen lassen, so geschäftig schwingt er sein Holzschwert gegen imaginäre Diebe durch die Sänftenvorhänge.«
    Der ernste Ausdruck wich vom Gesicht der Amme. »Mylady, Euren Kleinen wird es gutgehen. Ihr dürft Euch keine Sorgen machen.«
    »Achtet darauf, daß der Kaiser sie nicht verdirbt«, warnte Mara und umarmte Kasuma so fest, daß sie protestierend wimmerte. »Er ist schrecklich mit Kindern, immer gibt er ihnen etwas Süßes oder Juwelen, die die Babies am Ende nur in den Mund stecken. Er wird eines Tages noch schuld daran sein, wenn eines der armen Dinger daran erstickt, wenn nicht eine seiner dummen Frauen genug Mut findet, ihm beizubringen, wie man ein Kind behandelt.«
    »Macht Euch keine Sorgen«, meinte die Amme erneut. Sie persönlich glaubte, daß es Gier war, weshalb die kaiserlichen Mütter ihren Gemahl nicht von seiner Generosität abhielten. Sie breitete ihre großen, warmen Arme aus und nahm Kasuma entgegen. Das Kind schrie

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