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Die Schwarzen Roben

Die Schwarzen Roben

Titel: Die Schwarzen Roben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond E. Feist
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jetzt noch mehr, es griff mit pummeligen Fingern nach dem sich entfernenden Klingen der Armreifen.
    »Schschsch. Hier, kleine Blume«, trällerte die Amme sanft. »Schenk deiner Mutter ein kleines Lächeln für ihre Reise.«
    In diesem Augenblick, während Mara gegen eine Traurigkeit ankämpfte, die sie beinahe zu Tränen rührte, erklang ein einzelner Glockenschlag in der Luft. Das Geklapper von Justins Übungsschwert im Hof erstarb abrupt. Aus seinem verärgerten Geheul schloß Mara, daß Lujan den Stock mitten im Schwung aufgefangen und weggenommen hatte. Ihr Blick begegnete dem der Amme, krank vor verborgener Furcht. »Geh«, sagte sie. »Rasch. Kauft alles Notwendige während der Fahrt, wenn es sein muß, doch eilt jetzt sofort zur Sänfte. Lujan wird Justin hinbringen und eine Eskorte zusammenstellen und Träger, wenn es nicht bereits zu spät ist.«
    Die Zofe zog die Stirn ängstlich zusammen, während Kasumas Schreie an ihrer Schulter erstickten. Dann schoß sie durch die Tür hinaus. Sie wußte so gut wie ihre Herrin, daß der Glockenschlag das Kommen eines Erhabenen ankündigte.
    Mara schüttelte ihre Lähmung ab. Das Herz pochte vor Erwartung, doch sie schob die schmerzliche Trauer, daß sie ihrem Sohn nicht mehr hatte Lebewohl sagen können, weit von sich. Obwohl sie eigentlich wußte, daß, wenn die Erhabenen Schritte gegen sie unternehmen wollten, der Junge auf der Straße nicht in größerer Sicherheit war, konnte sie den mütterlichen Instinkt nicht unterdrücken: die Kinder von der bevorstehenden Unruhe so weit wie möglich zu entfernen. Sie wandte ihren Blick von der leeren Türschwelle ab, durch die die Amme mit ihrer Tochter verschwunden war, und klatschte nach ihrem Läufer in die Hände. »Ruf meine Berater zu mir. Schnell.« Sie wollte schon nach ihrer Zofe rufen, um sich eine saubere Robe und einen Kamm bringen zu lassen, damit sie die von Kasuma durcheinandergebrachten Haare etwas ordnen konnte, doch dann hielt sie inne.
    Das seltene Metall an ihrem Handgelenk war beeindruckend genug, und sie bezweifelte, daß ihre Nerven selbst die eine Minute aushalten konnten, die sie würde stillhalten müssen, wenn die Zofe ihre Haare kämmte.
    Mara war kaum in der Lage, ihre Furcht zu beherrschen, und verließ die Bequemlichkeit des Gartens vor ihren Gemächern. Sie hastete die dämmrigen Flure entlang; die gewachsten Holzböden klangen merkwürdig hohl unter ihren Füßen, nachdem sie sich an den Stein im Herrenhaus am See im Norden gewöhnt hatte.
    Jedes Herrenhaus hatte einen Raum mit einem Muster auf dem Boden, der für die Magier der Versammlung der Ort war, an dem sie mit ihren geheimnisvollen Mitteln erscheinen konnten. Während die Ausstattung dieser Kammern von schlicht bis üppig reichte, war das Symbol doch überall gleich. Mara trat über die niedrige Türschwelle in den fünfeckigen Raum. Sie nahm ihren Platz außerhalb des Mosaiks aus grün-weißen Ziegeln ein, das einen Shatra-Vogel darstellte, das Familiensymbol. Es gelang ihr kaum mehr als ein steifes Nicken, um Sarics und Chubariz’ Gegenwart zu bestätigen. Der Hadonra, den Jican eingesetzt hatte, verwaltete die Güter ihrer Ahnen. Beim Klang des Gongs waren beide sofort hergeeilt, wie es sich bei der Ankunft eines Erhabenen gehörte. Einen Augenblick später traf auch Lujan ein, schwer atmend und mit festem Blick.
    Ein zweiter Gongschlag ertönte und kündigte die unmittelbare Ankunft an. Wind wehte durch Maras gelöste Haare und bewegte die Federn von Lujans offiziellem Helm. Mara preßte den Kiefer zusammen und zwang ihre Augen, geradeaus zu sehen.
    In der Mitte des Musters stand ein bärtiger Mann in braunen Gewändern. Er trug keine Ornamente. Seine Kleidung war nicht aus Seide, sondern aus gewebter Wolle und in der Taille von einem Ledergürtel mit einer Messingschnalle nach barbarischem Vorbild zusammengehalten. Er trug Schuhe, keine Sandalen, und in der Hitze der fensterlosen Kammer rötete sich seine blasse Haut.
    Saric und Lujan verharrten inmitten ihrer Verbeugungen. Sie hatten einen Mann in Schwarz erwartet, einen Erhabenen der Versammlung. Niemals hatten sie von einem Magier gehört, der etwas anderes als das traditionelle schwarze Gewand trug, und sicherlich von keinem mit Bart.
    Mara verbeugte sich ehrerbietig; sie zog die Bewegung in die Länge, um ihren verwirrten Gedanken Zeit zu geben. Die Stadt der Magier mochte nördlich von Ontoset liegen, doch das Klima war nicht kalt genug, um zu frieren. Es konnte nur einen

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