Die Schwarzen Roben
des Feldes. Wenn diese beiden Männer ihre Waffen senkten, würde im gleichen Augenblick eine Flut schreiender Soldaten über den schmalen Wiesenstreifen strömen, und die Hügel würden von Schwertgeklirr und Kriegsgeschrei widerhallen.
Hokanu holte Luft, um ein eiliges Gebet für Lujan zu murmeln, denn der mutige Kommandeur der Acoma würde mit ziemlich großer Sicherheit sterben. Der Ansturm der Soldaten auf beiden Seiten ließ es fast unmöglich erscheinen, daß in den vorderen fünf Reihen irgend jemand den ersten Angriff überlebte. Die beiden großen Armeen würden sich gegenseitig zermalmen wie die Zähne eines Kiefers, und nur die Krieger in den hintersten Reihen würden erkennen können, welche Seite den Sieg davontragen würde.
Und dann war es soweit. Die Männer richteten ein letztes stummes Gebet an die Götter, baten um Ehre, Sieg und Leben. Lujan senkte sein Schwert.
Noch während die Krieger zum Angriff ihr Gewicht verlagerten und die Banner in den Händen der Träger flatterten, die die Stangen aus der Erde zogen, rollte ein gewaltiger Donner über den klaren, grünen Himmel.
Die Druckwelle traf Mara und Hokanu voll ins Gesicht. Kissen flogen durch die Luft, und Hokanu stolperte. Er fiel auf die Knie, während er mit dem freien Arm Mara beschützend umschloß. Incomo wurde zurückgeschleudert, seine Gewänder bauschten sich wie Segel, als das Kommandozelt unter dem kräftigen Windstoß knirschte und die Leinwand sich aufblähte. Keyoke prallte gegen Sanc, der ihn auffing und dann beinahe zu Boden ging, als die Krücke gegen seine Beine knallte. Die beiden Berater hielten sich einen Augenblick aneinander fest, um nicht den Halt zu verlieren, während im Zelt Tische umstürzten und Karten mit Schlachtplänen durch die Luft wirbelten und im Gewirr der Vorhänge landeten, die auf Maras Schlafmatratze gefallen waren.
Auch über das Schlachtfeld wehten heftige Staubstürme und entfachten ein Chaos. Sturmgepeitschte Banner schlugen knallend im Wind, von der Gewalt des Sturms den Händen der Träger entrissen. Schreie ertönten in den vorderen Reihen beider Armeen, als die Krieger auf den Boden geworfen wurden. Ihre Schwerter trafen Erde, kein Fleisch. In den Reihen dahinter stürzten die Soldaten übereinander, nachdem der Wirbelwind ihre Reihen in Unordnung gebracht hatte, bis schließlich keiner mehr in der Lage war, vorzupreschen und den Kampf zu beginnen.
Auf dem freien Wiesenstreifen zwischen den Fronten erschienen mehrere schwarzgekleidete Gestalten. Ihre Gewänder bewegten sich nicht, sondern hingen geradezu unheimlich ruhig herab. Dann ließ der unnatürliche Wind wie auf Befehl nach. Männer auf beiden Seiten blinzelten aus staubverkrusteten Augen und sahen, daß Erhabene gekommen waren, um einzuschreiten. Die Waffen noch in den Händen und nach wie vor voller Angriffslust, stand doch kein einziger Krieger auf oder wagte gar den Versuch, über die von beiden Armeen gleich weit entfernten Magier herzufallen. Statt dessen blieben sie einfach niedergeschlagen auf dem Bauch liegen, die Gesichter ins Gras gepreßt. Kein Befehl ihres Herrn oder ihrer Herrin würde sie dazu bringen können, vorwärts zu marschieren, denn einen Erhabenen zu berühren hieß den Untergang heraufzubeschwören – und war darüber hinaus eine Beleidigung der Götter.
Mara betrachtete die schwarzgewandeten Magier, die ihre Rache vereitelt hatten, mit feindseligen Blicken. Die Riemen an ihrer Rüstung quietschten, als sie aufstand. Ihre Hände ballten sich zu Fäusten, und einer ihrer Kiefermuskeln zuckte. »Nein«, sagte sie leise.
Eine lose Haarsträhne rutschte unter ihrem Helm hervor, und ihr Federbusch zitterte wie Schilf in einer Brise. Einen Herzschlag später erschien vor der offenen Zeltklappe ein weiterer Erhabener aus dem Nichts. Seine Robe war so schwarz wie die Nacht, und er wirkte jugendlich schlank. Doch in seinen Augen lag nichts Jugendliches – in ihnen glomm ein düsteres Licht. Seine Stimme klang überraschend tief. »Lady Mara, hört unseren Willen. Die Versammlung verbietet diesen Krieg!«
Mara wurde blaß. Wut stieg in ihr auf und ließ sie innerlich erbeben. Niemals hatte sie daran gedacht, daß die Versammlung gegen sie einschreiten könnte, sie daran hindern könnte, ihre Rache zu vollziehen. Und sie konnte noch nicht einmal gegen diese Entwicklung aufbegehren. Sie war so hilflos wie damals Tasaio von den Minwanabi, ihr ehemaliger Feind. Wenn ihr die traditionellen Mittel, den Mord an Ayaki zu
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