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Die schweigenden Kanäle

Die schweigenden Kanäle

Titel: Die schweigenden Kanäle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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sich ab, weil es ihm unmöglich war, seine Augen zu beherrschen. Sie hat die Pläne, dachte er immer wieder.
    »Dann wird es in den nächsten Tagen zu einem endgültigen Abschluß kommen«, sagte er rauh, als er zu Ilse Wagner zurückkam. »Wenn Dottore Berwaldt morgen oder übermorgen – genau steht es noch nicht fest – zurückkommt, werden wir ihm den fertigen Vertrag überreichen. Sie werden mir dabei helfen und ihn schreiben. Ich glaube, daß Dottore Berwaldt aufgrund unserer Freundschaft nichts dagegen hat, wenn Sie mir die Formelmappe übergeben und wir mit den anderen Gesellschaftern das Ergebnis Berwaldtschen Genies durchrechnen –«
    Cravelli hielt den Atem an. Es war geschafft, auf eine elegante, selbstverständliche, unverfängliche Art. Ohne Zwang, ohne Druck, ohne ein neues Verbrechen –
    »Ich weiß nicht –«, sagte Ilse Wagner in diesen erwartungsvollen Triumph hinein. »Ich habe den strikten Befehl, keinem Außenstehenden –«
    »Signorina … bin ich ein Außenstehender?«
    Cravelli lächelte. Wie ein gütiger Onkel sah er aus. Nur seine kleinen Augen waren kalt und raubtierhaft.
    »Ich weiß nicht –«
    »Sie sehen doch, ich bin über alles orientiert! Ist das ein Außenstehender? Ich weiß um die Vorsichtsmaßnahmen des Dottore. Die Spionage ist hinter ihm her … Sie glauben nicht, wie auch in unserer Branche mitleidlos spioniert wird. Jedes neue Mittel bedeutet ja einen Millionengewinn, wenn es anschlägt. Die Fabrik, die ein gleiches Mittel früher herausbringt, ist der Sieger!« Cravelli steckte die Hände in die Tasche seines Anzuges, weil sie vor verhaltener Erregung bebten. »Bei uns ist das etwas anderes. Der Dottore und wir sind Partner! Freunde sogar! Wir werden uns zusammentun und in großem Maße die Erfindung auswerten.«
    »Ich habe ein Verbot –«, sagte Ilse hart. Eine natürliche, instinktmäßige Abneigung gegen Cravelli hielt sie davon ab, der Logik ihres Gegenüber rechtzugeben. Cravelli lächelte noch immer, aber es war eine im Lächeln erstarrte Maske.
    »Ihr Diensteifer in allen Ehren, Signorina, aber manchmal kann Übereifer großen Schaden bringen. Für Dottore Berwaldt hängen von dem Gelingen unserer Pläne immerhin gute 25 Millionen Dollar ab. Wollen Sie diesen Verlust verantworten?«
    »25 Millionen Dollar …«, stammelte Ilse Wagner. Es war eine Zahl, die ihr in die Knie fuhr. »25 Millionen …«, wiederholte sie stockend.
    Cravelli hob die Schultern. »Dazu noch 25 % von den Nettoeinnahmen, vertraglich auf Lebenszeit. Diesen unermeßlichen Schatz tragen Sie in Ihrer Aktentasche spazieren, Signorina. Glück oder Untergang Ihres Chefs! Je schneller wir der Konkurrenz, die sich naturgemäß sehr aktiv rührt, zuvorkommen, um so sicherer ist unser Gewinn!«
    Sie sah Cravelli an. Sein Vogelgesicht schwamm im Halbdunkel. Es grinste und stieß gleichzeitig ab. Ekel kam in ihr hoch, aus einem Unterbewußtsein, über das sie keine Macht hatte. Die Hände Cravellis, die auf der Weltkugel lagen, kamen ihr plötzlich unheimlich vor … sie sahen aus, als könnten sie jeden Augenblick zugreifen und würgen.
    »Die Mappe liegt bei mir im Hotel –«, sagte sie leise. »Ich kann sie Ihnen morgen früh bringen –«
    Cravelli überlegte rasend schnell.
    Morgen früh?! Das war eine gute Zeit. Noch hatte die Polizei keinerlei Spuren entdeckt. Sie hatte die Hütten am Ende des Canale Santa Anna durchsucht, ohne etwas zu finden. Den Zeitungsartikel würde man schnell vergessen, weil er nur vage Vermutungen enthielt und keine Beweise. Wenn es Rudolf Cramer aber wirklich gelingen sollte, im Laufe der nächsten Tage einen Beweis zu erbringen, daß Dr. Berwaldt mit Cravelli zusammengekommen war, kam er um Stunden zu spät. Dann waren die Formeln schon in seiner Hand, und man würde den Palast leer vorfinden. Nein, nicht völlig leer … zwei sterbende Frauen würde man auf dem Dachboden finden und im Nebenzimmer einen mit Morphium vergifteten Arzt –
    Cravelli beugte sich galant zu Ilse Wagner.
    »Morgen früh … das ist schön. Ich werde noch in dieser Nacht versuchen, mit allen Gesellschaftern Verbindung aufzunehmen. Morgen abend kann dann das Vertragswerk diktiert werden. Natürlich in Ihrer Gegenwart … Sie können dann die Geheimakten wieder an sich nehmen! Einverstanden?«
    »Ja.«
    Ilse Wagner wandte sich zur Tür. Cravelli blieb stehen und rang die Hände. Eine wahnsinnige Angst spülte über ihn weg. Wenn sie nicht wiederkommt, dachte er. Wenn der greifbare Sieg eine

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