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Die Schwester der Nonne

Titel: Die Schwester der Nonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Hastings
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Besinnung und der Erhabenheit zu finden, wo alte Künste gelehrt und bewahrt werden, wo das Wissen verwaltet und Schönheit gepriesen wird. Wo das Leben zum Wohle Gottes gestaltet wird. Stattdessen habe ich etwas ganz anderes erlebt. Das Kloster ist ein Ort der Sünde, ein Ort der Grausamkeit, ein Ort der Gottlosigkeit, wo man jedes Laster findet, das sich ein krankes Gehirn nur ausdenken kann. Nichts dringt davon nach außerhalb der Mauern, die Sündhaftigkeit wird verschwiegen. Was hält Gott wohl von so einem Leben? Es war nicht mein Leben, deshalb flüchtete ich. Ich suchte Liebe. Im Kloster habe ich die Liebe Gottes nicht erfahren, einer herzlosen Äbtissin und unmenschlicher Regeln wegen. Doch Gott hat das Pflänzchen Liebe auf die Erde gebracht. Es gedeiht außerhalb der Klostermauern, zwischen Menschen, die sich verstehen, die sich ehren und achten, die zueinander stehen bis in den Tod. Das ist Liebe.«
    Sie griff nach Hans’ Hand.
    »Ich habe diese Liebe gefunden. Bei Hans, dem Fischer. Bei den einfachen Menschen, die uns halfen.«
    Sie zeigte mit dem Finger auf Benedictus.
    »Ihr aber sät Angst in die Herzen der Menschen, verbreitet Furcht und Schrecken. Für Geld verkauft Ihr die Vergebung der Sünden. Das Seelenheil der Euch Anvertrauten ist Euch egal, solange nur die Münze im Kasten klimpert. Ihr seid Euch selbst am nächsten. Und damit niemand Eure Macht in Zweifel zieht, schüchtert Ihr die Menschen ein, mit Verfolgung, mit Leid und Schmerz.«
    Jetzt zeigte ihr Finger in die dunklen Fluten der Elster.
    »Ihr wolltet all die Menschen glauben machen, eine Hexe zu schwemmen. In Wirklichkeit habt Ihr bewusst gemordet. Die Unglückliche, die Ihr ins Wasser stießet, war meine Schwester Katharina.«
    »Mörder!«
    »Hängt ihn auf!«
    »Er hat es verdient!«
    Mit jedem Wort war Maria näher auf Benedictus zugegangen, mit jedem Wort wich der Propst weiter vor ihr zurück. Als er mit dem Rücken an das Brückengeländer stieß, riss er die Augen in Panik auf.
    »Ich war es nicht«, keuchte er. »Ich habe nur getreu dem Hexenhammer gehandelt. Die da war es, die hat die Angeklagte als entflohene Nonne Maria erkannt.«
    Er wies auf die Äbtissin.
    »Sie hat falsches Zeugnis abgelegt.«
    »Lüge«, kreischte die Äbtissin. »Sie hat unter der Folter gestanden, Maria zu sein. Es ging alles gerecht zu.«
    »Gerecht? Euch war jedes Mittel recht, nur um ein Exempel zu statuieren. Ihr brauchtet eine Hexe, einen Sündenbock, ein Opferlamm. Was hat das mit Gerechtigkeit zu tun? Katharina ist unschuldig. Sie hat nichts getan, sie ist nicht einmal aus dem Kloster geflohen. Mich hättet Ihr verhaften müssen. Aber in Eurem Hass, Eurem Fanatismus wart Ihr blind. Ihr wolltet die Wahrheit gar nicht sehen.«
    »Außerdem hat auch der Herr Eckhardt bestritten, dass die Gefangene Katharina sei«, versuchte Benedictus eine letzte Ausflucht.
    »Ha, Eckhardt war wütend, weil ihn Katharina nicht wollte. Deshalb hat er sie angeschwärzt. Es war die Rache des abgewiesenen Galans. Die ganze Stadt hat über ihn gelacht.«
    Ein Bürger machte seinem Unmut Luft. Die anderen stimmten mit ein.
    »Los, machen wir kurzen Prozess und werfen ihn ins Wasser. Fett schwimmt bekanntlich oben, was beweist, dass auch er mit den bösen Mächten in Verbindung steht.«
    »Nein, tut das nicht«, versuchte Maria sie aufzuhalten. »Schließlich brauchen wir ihn noch, er muss den Kirchenbann, mit dem er mich belegt hat, wieder aufheben. Sonst können Hans und ich nicht heiraten. Und das wollen wir doch so gern.«
    Hans nahm sie schützend in die Arme, damit ihr in dem Ge­schubse und Gedränge auf der Brücke nichts passierte. Trotz ihrer bittenden Worte hatten es einige der Bürger geschafft, bis zu Benedictus zu gelangen und ihn zu packen. Verzweifelt klammerte er sich an das Brückengeländer. Es bedurfte fünf starker Männer, um ihn hochzuheben. Bei dem Gerangel entdeckte er Bruder Tobias inmitten der Mönche, der wie erstarrt dastand.
    »Wenn ich das überlebe, Tobias, dann bist du des Todes«, kreischte Benedictus, bevor er mit einem lauten Plumps in das Wasser fiel. Die Menschen schrien und tobten und johlten und pfiffen. Benedictus strampelte und prustete, schnappte nach Luft und ruderte mit den Armen. »Hilfe! Hilfe!«
    »Oh mein Gott!« Maria presste die Hände zusammen. »Nicht noch mehr Opfer.«
    »Bleib hier«, rief Hans ihr zu. Er riss sich das Hemd vom Leib, sprang auf das Brückengeländer und hechtete wie ein Pfeil in die dunklen

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