Die Schwestern des Lichts - 3
Beherrschung zu bezwingen – und du sie ihm nimmst. Du mußt sie dir von ihm holen. Verstehst du mich?«
Weinend, die Augen fest geschlossen, nickte die Frau mit dem Kopf.
Die Schwester nahm den Knebel fort. »Dann gehört er jetzt dir. Hol dir die Gabe, wenn du sie willst.«
Die anderen beiden ließen ihre Arme los, und zu dritt kehrten sie auf ihre Plätze im Kreis zurück und stimmten in den Sprechgesang der anderen ein. Die Frau stieß einen Klagelaut aus, der Margarets Blut zu Eis gefrieren ließ.
Die Frau schlang Arme und Beine um den Namble, klammerte sich an ihn, folgte seinen Bewegungen, bewegte sich im Rhythmus des Gesangs. Ihre Schreie verstummten, als sie vor Anstrengung zu keuchen begann.
Margaret konnte es nicht länger mitansehen. Sie schloß die Augen und schluckte ein Jammern hinunter, das sich aus ihrer Kehle lösen wollte. Doch selbst mit geschlossenen Augen wurde es nicht besser. Sie konnte es noch immer hören. Bitte, geliebter Schöpfer , flehte sie in Gedanken, mach ein Ende. Mach dem ein Ende.
Und dann endete es – mit einem rohen Grunzlaut. Margaret öffnete die Augen und sah den Namble reglos, mit durchgebogenem Rücken. Er schüttelte sich und erschlaffte dann langsam. Die Frau hatte Mühe, unter seinem Gewicht Luft zu holen.
Mit einer unvorstellbar scheinenden Kraftanstrengung stieß sie den Namble von sich herunter. Schwer atmend wälzte er sich auf Hände und Knie und stahl sich zurück auf seinen Platz im Kreis, wo er sich zu einem dunklen Knäuel zusammenrollte. Der Gesang war verstummt. Die Frau blieb noch eine Weile keuchend auf der Erde liegen, um sich zu erholen. Sie war mit einer glänzenden Schweißschicht bedeckt, in der sich das gelbliche Licht der Kerzen spiegelte.
Mit einem letzten, tiefen Seufzer kam die Frau auf die Beine. Dunkles Blut lief ihr die Beine hinab. Mit einer ruhigen Gewißheit, die es Margaret eiskalt den Rücken hinunterlaufen ließ und ihr den Atem raubte, drehte die Frau sich zu ihr um und nahm ihre Kapuze ab. Das bedrohliche orangene Glühen in ihren Augen schwand, und sie nahmen wieder das helle Blau mit den violetten Flecken an, die Margaret so gut kannte.
»Schwester Margaret.« Ihr Tonfall war ebenso spöttisch wie das Lächeln auf ihren dünnen Lippen. »Hat es dir gefallen zuzusehen? Das dachte ich mir schon.«
Margaret riß die Augen auf und kam langsam auf die Beine. Auf der anderen Seite des Kreises erhob sich die Schwester, die den Knebel gehalten hatte, und zog die Kapuze zurück. »Margaret, Liebes, wie schön, daß du soviel Interesse an unserer kleinen Gruppe zeigst. Ich hätte dich nicht für so dumm gehalten. Meinst du, ich hätte dich den Quillion in meinem Büro zufällig sehen lassen? Glaubst du, ich hätte nicht gewußt, daß jemand neugierig geworden war? Ich mußte wissen, wer sich überall herumdrückt und seine Nase in Dinge steckt, die ihn nichts angehen. Ich habe dich ihn sehen lassen. Ich war allerdings erst völlig sicher, als du uns gefolgt bist.« Ihr Lächeln ließ Margaret den Atem gefrieren. »Hältst du uns für Trottel? Ich habe die Lache deines Han gesehen, in die wir treten sollten. Den Gefallen habe ich dir getan. Wie schade. Für dich.«
Margaret hielt die Goldblume um ihren Hals fest umklammert, die Fingernägel bohrten sich in ihre Handfläche. Wie hatten sie die Lache ihres Han sehen können? Weil sie sie unterschätzt hatte, ganz einfach. Sie hatte unterschätzt, was sie mit der Gabe anstellen konnten. Es würde sie das Leben kosten.
Aber nur sie. Nur sie. Bitte, geliebter Schöpfer, nur sie. Sie spürte Jedidiah dicht neben sich.
»Jedidiah«, hauchte sie. »Lauf fort. Ich versuche, sie aufzuhalten, während du fliehst. Lauf fort, mein Geliebter. Lauf um dein Leben.«
Er hob seine kräftige Hand und packte sie am Arm. »Ich glaube kaum, ›meine Liebe‹.« Sein grausam leerer Blick hielt dem ihren stand. »Ich habe versucht, dich zu retten, Margaret. Ich habe versucht, dich zur Umkehr zu bewegen. Aber du wolltest nicht hören.« Er blickte kurz zu den Schwestern auf der anderen Seite der Lichtung. »Wenn sie es mir schwört, könnten wir dann nicht einfach…« Die Schwester erwiderte den Blick. Er seufzte. »Nein, das können wir wohl nicht.«
Er stieß sie mit einem kräftigen Schubs auf die Lichtung. Vor dem Ring aus Kerzen kam sie stolpernd zum Stehen. Sie war wie betäubt. Ihr Verstand verweigerte den Dienst. Ihre Stimme versagte.
Die Schwester auf der anderen Seite des Kreises faltete die
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