Die Schwestern des Lichts - 3
Schrei aus, wich aber nicht zurück, als Zedd es bei der Mähne packte, sich auf seinen Rücken warf und Adie hinter sich nach oben zog.
»Los! Flieg wie der Wind, Mädchen!«
Moos- und Erdbrocken wurden von den Hufen hoch in die Luft geschleudert, als das Pferd davonsprang, während Reißzähne nach seinen Flanken schnappten. Zedd beugte sich nach vorn, Adie umklammerte seine Hüfte, als sie in die Dunkelheit galoppierten. Der Skrin war keine zehn Schritte hinter ihnen und schien ebenso schnell zu sein wie das Pferd. Wenigstens war er nicht schneller. Zedd hörte das schnappende Geräusch der Reißzähne. Das Pferd schrie jedesmal auf, streckte sich und gab alles, was es hatte. Zedd fragte sich, wer das wohl länger durchhielt, das Pferd oder der Skrin. Er fürchtete, die Antwort zu wissen.
24. Kapitel
Richard riß die Augen auf und sagte: »Ich glaube, da kommt jemand.« Schwester Verna saß auf der anderen Seite des kleinen Lagerfeuers und schrieb in das kleine Buch, das sie sonst in ihrem Gürtel aufbewahrte. Sie sah unter ihren Brauen hervor auf. »Du hast dein Han berührt, ja?«
»Nein«, gestand er. Seine Beine schmerzten. Bestimmt hatte er eine Stunde lang dagesessen, ohne sich zu bewegen. »Aber ich sage Euch, ich glaube, es kommt jemand.«
Sie taten das jeden Abend, und diesmal war es nicht anders. Er hockte da, stellte sich das Schwert vor einem schwarzen Hintergrund vor und versuchte, den Ort in seinem Innern zu erreichen, von dem sie behauptete, daß es ihn gab, den er jedoch nicht finden konnte. Sie beobachtete ihn dabei, schrieb in ihr kleines Buch oder berührte selbst ihr Han. Seit dem ersten Abend hatte er sich kein Bild mehr von dem Schwert vor dem schwarzen Hintergrund mit dem weißen Rand machen können. Er hegte nicht den geringsten Wunsch zu riskieren, diesen Alptraum noch einmal zu erleben.
»Allmählich glaube ich, daß ich mein Han nicht berühren kann. Ich versuche mein Bestes, aber es gelingt mir einfach nicht.«
Sie hielt das Buch ganz nah vor ihr Gesicht und schrieb weiter. »Ich habe es dir doch schon erklärt, Richard, das braucht seine Zeit. Du hast noch nicht einmal ansatzweise genug geübt. Verliere nicht den Mut. Es kommt, wenn es soweit ist.«
»Schwester Verna, ich sage Euch, da nähert sich jemand.«
Sie schrieb weiter. »Wie willst du das wissen, Richard, wenn du nicht in der Lage bist, dein Han zu berühren? Hmm?«
»Ich weiß es nicht.« Er fuhr sich mit den Fingern durchs Haar.
»Ich war viel allein in den Wäldern. Manchmal spüre ich einfach, wenn jemand in der Nähe ist. Fühlt Ihr niemals, wenn jemand in der Nähe ist? Habt Ihr nie gespürt, wie Euch jemand ansieht?«
»Nur mit Hilfe meines Han«, sagte sie und schrieb.
Er beobachtete, wie der Schein des Feuers flackernd auf ihr leidenschaftsloses Gesicht fiel. »Schwester Verna, Ihr habt gesagt, wir befinden uns in einer gefährlichen Gegend. Ich sage Euch, da kommt jemand.«
Sie blätterte in ihrem Buch zurück und kniff die Augen zusammen und las in dem schwachen Licht. »Und wie lange weißt du das schon, Richard?«
»Ich habe es Euch gleich gesagt, als ich das Gefühl hatte. Eben gerade.«
Sie senkte das Buch in ihren Schoß und sah auf. »Aber du sagst, du hast dein Han nicht berührt? Du hast in deinem Innern nichts gespürt? Keine Kraft? Du hast kein Licht gesehen? Hast den Schöpfer nicht gespürt?« Sie kniff die Augen zusammen. »Du solltest mich nicht anlügen, Richard. Du solltest mich niemals über das Berühren deines Han anlügen.«
»Schwester Verna, Ihr hört mir nicht zu! Es kommt jemand!«
Sie klappte das Buch zu. »Richard, ich wußte schon, daß jemand kommt, als du mit deinen Übungen begonnen hast.«
Er starrte sie überrascht an. »Und warum sitzen wir dann einfach hier?«
»Wir sitzen nicht einfach hier. Du übst, dein Han zu berühren, und ich kümmere mich um meine Angelegenheiten.«
»Warum habt Ihr nichts davon gesagt? Ihr habt mir erzählt, das Land hier sei gefährlich.«
Schwester Verna seufzte und ging daran, ihr Buch wieder in ihren breiten Gürtel zu stecken. »Weil sie immer noch ein gutes Stück entfernt waren. Warum solltest du die Übung unterbrechen, die so wichtig für dich ist. Du mußt es so lange versuchen, bis du dein Han berühren kannst.« Sie schüttelte resigniert den Kopf. »Aber vermutlich bist du jetzt zu aufgeregt, um weiterzumachen. Sie sind noch immer zehn, fünfzehn Minuten entfernt; wir können ebensogut anfangen, unsere Sachen zu
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