Die Schwestern des Lichts - 3
vermutlich mit der vergifteten Klinge vergleichen, die sie bei sich hatte. Bei einem Dacra ist es nicht die Wunde selbst, die tötet. Ein Dacra löscht den Lebensfunken.« Sie senkte den Blick. »Es ist eine schmerzhafte Erfahrung, jemandem das Leben zu nehmen. Manchmal ist es die einzige Möglichkeit. Heute abend war es die einzige Möglichkeit, um unser Leben zu retten, ob du das glauben willst oder nicht.«
»Ich weiß nur, Schwester Verna, daß Ihr es ohne Zögern benutzt und gar nicht erst etwas anderes versucht habt.« Er wollte sich umdrehen. »Ich werde sie begraben.«
»Richard.« Sie strich ihren Rock glatt. »Ich hoffe, du verstehst, ich hoffe, du mißdeutest unser Tun nicht, doch wenn wir den Palast erreichen, könnte es erforderlich sein, dir das Schwert der Wahrheit wegzunehmen. Zu deinem eigenen Vorteil.«
»Warum? Wie sollte das zu meinem Vorteil sein?«
Sie faltete erneut die Hände. »Die Prophezeiung, auf die du dich berufst, in der es heißt: ›Er ist der Bringer des Todes und wird sich selbst dazu ernennen‹, ist eine sehr gefährliche Prophezeiung. Des weiteren heißt es dort, der Träger des Schwertes kann den Tod auf den Plan rufen, die Vergangenheit in die Gegenwart holen.«
»Was heißt das?«
»Das wissen wir nicht.«
»Prophezeiungen«, murmelte er vor sich hm. »Prophezeiungen sind nichts als dumme Rätsel, Schwester. Ihr schenkt ihnen viel zuviel Beachtung. Ihr gebt zu, daß Ihr sie nicht versteht, und doch versucht Ihr, ihnen nachzugehen. Wäre sie wahr, dann könnte ich den Tod auf den Plan rufen und dieser Frau das Leben zurückgeben.«
»Wir wissen sehr viel mehr darüber, als du denkst. Ich glaube, es wäre am besten, wenn wir das Schwert an uns nehmen, nur zur Sicherheit, bis wir diese Prophezeiung besser verstehen.«
»Schwester Verna, wenn jemand Euch den Dacra nehmen würde, wärt Ihr dann immer noch eine Schwester?«
»Selbstverständlich. Der Dacra ist bloß ein Werkzeug, das uns bei unserer Arbeit hilft. Er macht uns nicht zu dem, was wir sind.«
Er lächelte ein kaltes Lächeln. »Mit dem Schwert ist es dasselbe. Ob mit oder ohne, ich bin immer noch der Sucher. Ich wäre keine geringere Gefahr für Euch. Es mir wegzunehmen, wird Euch nicht retten.«
Sie ballte die Fäuste. »Es ist nicht dasselbe.«
»Ihr werdet mir das Schwert nicht abnehmen«, entschied er knapp. »Ihr werdet nie verstehen, wie sehr ich dieses Schwert und seine Magie hasse und wie sehr ich mir wünschte, davon befreit zu werden, aber es wurde mir gegeben, als man mich zum Sucher ernannte. Es wurde mir gegeben, damit es mir gehört, solange ich es behalten will. Ich bin der Sucher, und ich, nicht Ihr noch irgend jemand sonst, werde entscheiden, wann ich es aus den Händen gebe.«
Sie kniff die Augen zusammen. »Man hat dich zum Sucher ernannt ? Du hast das Schwert nicht gefunden? Es wurde dir von einem Zauberer überreicht? Man hat dich zum Sucher ernannt ? Zum echten Sucher? Von einem Zauberer?«
»Ganz recht.«
»Wer war dieser Zauberer?«
»Ich hab es Euch bereits gesagt: Zeddicus Z’ul Zorander.«
»Du hast ihn nur das eine Mal getroffen, als er dir das Schwert gegeben hat?«
»Nein. Ich habe mein ganzes Leben bei ihm verbracht. Er hat mich praktisch aufgezogen. Er ist mein Großvater.«
Einen Augenblick lang war es totenstill. »Und er hat dich zum Sucher ernannt, weil er sich geweigert hat, dir beizubringen, wie man die Gabe beherrscht? Um Zauberer zu werden.«
»Geweigert! Als er erkannte, daß ich die Gabe besitze, hat er mich praktisch angebettelt, mir beibringen zu dürfen, wie man Zauberer wird.«
»Er hat es dir angeboten?« sagte sie leise.
»Ganz recht. Ich habe ihm gesagt, ich will kein Zauberer sein.« Irgend etwas stimmte nicht. Diese Neuigkeit schien sie zu verstören. »Er hat gesagt, das Angebot gilt noch immer. Warum?«
Sie rieb sich gedankenverloren die Hände. »Es ist nur … ungewöhnlich, das ist alles. Vieles an dir ist ungewöhnlich.«
Richard wußte nicht, ob er ihr glauben sollte. Vielleicht brauchte er den Halsring gar nicht, vielleicht hätte Zedd ihm ohne helfen können.
Allerdings hatte Kahlan gewollt, daß er ihn anlege. Sie hatte gewollt, daß man ihn fortschafft. Der Schmerz verdrehte ihm die Gedärme.
Das Schwert war alles, was er von Zedd hatte. Man hatte es ihm überreicht, als er noch in Westland gewesen war, in seiner Heimat. Er vermißte sein Zuhause und die Wälder. Das Schwert war alles, was ihm von Zedd und von zu Hause geblieben
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