Die Schwestern des Lichts - 3
sich. Jetzt war es Kahlan, die stehenblieb. »Weißt du, woher die Bantak soviel Gold haben?«
Chandalen ließ den Blick über die Schieferdächer schweifen. »Natürlich. Sie haben es von uns.«
Kahlan packte ihn am Arm, der unter seinem Umhang verborgen war, und riß ihn herum. »Was soll das heißen, sie haben es von euch?«
Auf die Berührung reagierte er nervös. Er mochte es nicht, wenn sie, ein Konfessor, ihn mit der Hand berührte. Daß der Pelzumhang den tatsächlichen Hautkontakt verhinderte, spielte keine Rolle, ihre Haut war nah genug. Wenn sie die Beherrschung über ihre Kraft lockerte, böte dieses dünne Stückchen Fell kein Hindernis. Kahlan hatte schon früher ihre Kraft durch eine Rüstung hindurch freigesetzt. Er war sichtlich erleichtert, als sie den Griff löste. »Chandalen, woher haben die Schlammenschen das Gold?«
Er sah sie an, als wäre sie ein Kind, das wissen wollte, wo man Erde findet. »Aus den Erdlöchern. In unserem Land, im Norden, wo es felsig ist und wo nicht viel wächst und gedeiht, gibt es Löcher in der Erde. Sie enthalten das Gold. Es ist eine schlimme Gegend. Die Luft ist heiß und stinkt. Es heißt, man stirbt, wenn man zu lange in der Erde bleibt. Das gelbe Metall befindet sich in diesen tiefen Löchern. Es ist zu weich, um gute Waffen daraus herzustellen, und daher nutzlos.«
Er machte eine abschätzige Handbewegung. »Die Bantak sagen jedoch, die Seelen ihrer Ahnen mögen den Anblick des gelben Metalls, daher lassen wir sie auf unser Land und zu den Löchern, damit sie es sich holen können und die Seelen ihrer Vorfahren den Anblick genießen können, wenn sie in diese Welt kommen.«
»Chandalen, wissen noch andere von diesen Löchern in der Erde und von dem Gold, das sich darin befindet?«
Er zuckte mit den Achseln. »Wir lassen keine Fremden in unser Land. Aber wie gesagt, es ist zu weich, um Waffen daraus herzustellen, deswegen taugt es nichts. Es gefällt den Bantak, und sie tauschen gern mit uns, also lassen wir sie herausholen, soviel sie haben wollen. Sie holen sich allerdings nicht viel, weil es ein so schlimmer Ort ist. Niemand außer den Bantak würde dorthin gehen, um seinen Ahnen einen Gefallen zu tun.«
Wie sollte sie ihm das klarmachen? Er hatte keine Ahnung, wie es in der Welt draußen zuging. »Chandalen, du darfst dieses Gold niemals verwenden.« Sein Gesicht verriet, daß er bereits erklärt hatte, wie nutzlos es sei und daß niemand es haben wollte. »Du denkst vielleicht, es ist nutzlos, aber andere würden töten, um es zu bekommen. Wüßten die Menschen, daß ihr Gold auf eurem Land habt, würden sie in Schwärmen einfallen, um es sich zu holen. Die Gier nach Gold treibt Menschen in den Wahnsinn, manche würden alles tun, um es zu bekommen. Sie würden die Schlammmenschen töten.«
Chandalen richtete sich auf und zog ein selbstgefälliges Gesicht. Er löste seine Hand von der Bogensehne und schlug sich an die Brust. »Ich und meine Männer, wir beschützen unser Volk. Wir würden die Fremdlinge verjagen.«
Mit einer ausladenden Geste deutete Kahlan auf die Hunderte und Aberhunderte von Toten ringsum. »Beschützen? Vor so vielen Menschen? Vor Tausenden von Menschen?« Chandalen hatte noch nie so viele Menschen gesehen. Er wußte nicht viel von den Massen, die außerhalb seines Landes lebten. »Tausende, die so lange euer Land überrennen würden, bis ihr vertrieben wärt?«
Sein Blick folgte dem Bogen, den ihr Arm beschrieben hatte. Die Falten auf seiner Stirn verrieten, wie wenig vertraut ihm diese Ängste waren, und seine Überheblichkeit verflog, als er die Toten musterte. »Die Seelen unserer Ahnen haben uns davor gewarnt, über die Erdlöcher mit der ungesunden Luft zu sprechen. Wir lassen nur die Bantak dorthin, sonst niemanden.«
»Sorge dafür, daß das so bleibt«, sagte sie. »Sonst kommen sie und stehlen es.«
»Es wäre nicht recht, einem Volk etwas zu stehlen.« Er spannte den Bogen wieder, während sie ihrer Verzweiflung geräuschvoll Luft machte. »Wenn ich einen Bogen mache, um ihn einzutauschen, dann weiß jeder, daß dies das Werk von Chandalen ist, weil es ein so guter Bogen ist. Wenn ihn jemand stiehlt, weiß jeder, was für ein Bogen das ist und woher er stammt. Man würde den Dieb fassen und ihn zwingen, ihn zurückzugeben. Vielleicht würde er sogar von seinem Volk verjagt. Woher wollen diese Menschen wissen, wem das Geld gehört, wenn es ein Dieb gestohlen hat?«
Kahlan drehte sich der Kopf, so anstrengend fand
Weitere Kostenlose Bücher