Die Schwestern des Lichts - 3
holte tief Luft. »Es ist eine Botschaft. Es soll ihre Verachtung für die hier lebenden Menschen zeigen. Damit sagen sie, daß sie für diese Menschen und für alles, was ihnen gehört, nichts als Geringschätzung übrig haben. Sie haben die Ehre ihres Feindes auf jede mögliche Art, die ihnen in den Sinn gekommen ist, beschmutzt.«
»Wenigstens ist deine Halbschwester nicht hier.«
Kahlan zog die Bänder ihres Umhangs am Hals behaglich zusammen. »Wenigstens etwas.«
Als sie die Stufen hinunterstieg, blieb sie kurz stehen, um einen letzten Blick auf die verschlossenen Türen des ersten Stocks zu werfen. Chandalen beobachtete sie, nachdem auch er noch einen kurzen Blick auf die Türen geworfen hatte.
Um die Stille zu brechen, sagte sie: »Wir müssen nachsehen, wo Tossidin und Prindin sind.«
Der Zorn stand ihm ins Gesicht geschrieben. »Macht dich das nicht wütend?«
Erst jetzt bemerkte sie, daß sie ihre Konfessormiene aufgesetzt hatte. »Es würde mir nichts nützen, wenn ich meinen Ärger jetzt zeige. Wenn die Zeit gekommen ist, wirst du erfahren, wie wütend ich tatsächlich bin.«
30. Kapitel
In einer engen Lehm- und Flechtwerkhütte in der Nähe des Loches in der Stadtmauer sah Kahlan zu, wie Chandalen ihr ein kleines Feuer in der Grube mitten im Raum anzündete. Die beiden Brüder waren nirgends zu sehen.
»Wärm dich auf«, meinte er. »Ich werde nachsehen, ob Prindin und Tossidin in der Nähe sind, und ihnen sagen, wo wir warten.«
Als er gegangen war, nahm sie ihren Umhang ab, obwohl sie wußte, daß es keine gute Idee war, sich zu sehr an die Wärme zu gewöhnen, denn später würde ihr die Kälte nur noch schlimmer vorkommen. Vom lodernden Feuer angezogen, hockte sie sich dicht daneben, rieb sich über den Flammen die Hände und bibberte, während die Wärme ihr langsam in die Knochen drang.
Der kleine Raum war einer von nur zweien, die einmal den größten Teil der Welt einer Familie ausgemacht hatten. Der Tisch war zertrümmert, nicht aber die derbe Bank, die an der Wand stand. Ein paar Kleidungsstükke lagen verstreut herum, zusammen mit verbogenen Blechtellern und einem zerbrochenen Spinnrad. Jemand hatte drei Garnrollen in den Lehmboden getreten.
Kahlan zog einen zerbeulten Topf zwischen den Trümmern hervor. Es war einfacher, den zu benutzen, als einen ihrer eigenen auszupacken. Sie häufte Schnee von draußen vor der Tür hinein, stellte den Topf auf die drei im Feuer liegenden Steine, dann wärmte sie sich wieder die eiskalten Finger und legte sie anschließend auf ihr kaltes Gesicht. In einer zerdrückten Dose in der Ecke gab es Tee, sie zog jedoch ihren eigenen aus ihrem Rucksack, während sie darauf wartete, daß der Schnee schmolz und die Männer zurückkamen.
Sosehr sie es auch versuchte, sie bekam die Gesichter der toten jungen Mädchen nicht aus dem Kopf.
Mehrere Male füllte sie Schnee nach, sobald der im Topf zusammengeschmolzen war. Das Wasser fing gerade an zu sieden, als Prindin durch die Tür trat. Er lehnte seinen Bogen an die Wand und ließ sich mit einem Seufzer auf die Bank fallen.
Kahlan erhob sich und blickte zum leeren Türeingang. »Wo ist dein Bruder?«
»Er müßte bald hier sein. Wir haben unterschiedliche Wege zurück genommen, um uns noch weitere Spuren anzusehen.« Er reckte seinen Hals und blickte durch die Tür in den zweiten Raum. »Wo ist Chandalen?«
»Er ist dich und Tossidin suchen gegangen.«
»Dann wird er bald zurück sein. Mein Bruder ist nicht weit weg.«
»Was habt ihr gefunden?«
»Noch mehr Tote.«
Er schien im Augenblick nicht darüber sprechen zu wollen, daher beschloß sie zu warten, bis Chandalen mit Tossidin zurückkehrte, bevor sie ihn ausfragte.
»Ich war gerade dabei, Tee zu machen.«
Er nickte und lächelte ihr kurz und freundlich zu. »Ein heißer Tee wäre gut.«
Kahlan beugte sich über den Topf und schüttelte mit der einen Hand Tee aus einem Lederbeutel hinein, während sie sich mit der anderen das lange Haar zurückhielt.
»Du hast einen schönen Hintern«, hörte sie Prindin von hinten sagen.
Sie richtete sich auf und starrte ihn an. »Was hast du gesagt?«
Prindin deutete auf ihre Körpermitte. »Ich habe gesagt, du hast einen schönen Hintern. Er hat eine schöne Form.«
Kahlan hatte gelernt, auf die seltsamen Gebräuche der unterschiedlichen Völker in den Midlands nicht verblüfft oder beleidigt zu reagieren. Wenn zum Beispiel bei den Schlammenschen ein Mann einer Frau ein Kompliment über ihre Brüste
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