Die Schwestern des Lichts - 3
gekommen, um mich in Stücke zu hacken?«
»Pasha –«
»Das einzige, was dich interessiert, ist Menschen umzubringen!«
»Das ist nicht wahr. Ich wünsche mir nichts mehr, als dem Morden ein Ende zu machen.«
»Ja, sicher«, weinte sie, »deswegen sprichst du ja auch von nichts anderem!«
»Das tue ich doch nur, weil –«
»Fast mein ganzes Leben lang habe ich gebetet, daß dieser Tag endlich kommt! Ich wollte niemals etwas anderes, als eine Schwester des Lichts zu werden. Die Schwestern helfen den Menschen. Ich wollte eine von ihnen sein!« Sie überließ sich ihren Tränen. »Jetzt werde ich nie eine Schwester werden.«
»Doch das wirst du, bestimmt.«
»Nicht, wenn es nach dir geht! Nach dem, was du uns erzählst, hast du vor, uns alle umzubringen! Vom ersten Augenblick an hast du nichts anderes getan, als uns zu drohen!«
»Pasha, du verstehst nicht.«
Sie hob ihr tränenverschmiertes Gesicht. »Ach nein? Wir hatten ein großes Festessen, damit du dich willkommen fühlst, größer noch als das Erntefest. Ich mußte ohne dich hingehen und allen erzählen, du wärst krank. Sie haben mich alle angestarrt! Die anderen Novizinnen bekommen kleine Jungen, die etwas lernen wollen. Meine Freundinnen sind zu mir gekommen und haben sich darüber beschwert, daß ihre jungen Zöglinge einen Frosch oder einen Käfer in ihrer Tasche mitgebracht haben. Und du schleppst einen Mriswith an!
Schwester Maren meinte, wir hätten es heute gut gemacht. Das sagt sie so gut wie nie. So etwas tut sie nur, wenn sie es auch wirklich meint.
Und du warst grausam zu Schwester Maren. Seit ich hierhergekommen bin, ist sie Leiterin der Novizinnen. Sie ist streng, aber doch nur, weil sie sich um uns sorgt. Sie paßt auf uns auf.«
Pasha unterdrückte ein Schluchzen. »Als ich klein war, am ersten Tag, als ich im Palast eintraf, hatte ich Angst. Ich war noch nie von zu Hause fortgewesen. Schwester Maren zeichnete ein kleines Bild für mich. Sie erklärte mir, es sei ein Bild des Schöpfers. Sie legte es mir auf das Kopfkissen und erzählte mir, Er würde des Nachts über mich wachen, damit ich sicher wäre.«
Pasha versuchte die Tränen zu unterdrücken, doch es gelang ihr nicht. »Ich habe dieses Bild immer aufbewahrt. Ich wollte es am ersten Abend meinem Jungen geben, damit er keine Angst zu haben brauchte. Ich hatte es gestern bei mir. Als ich dich sah, als ich sah, daß du erwachsen warst, konnte ich es dir nicht schenken. Ich wollte dich nicht in Verlegenheit bringen.
Ich dachte, also gut, Pasha, er ist kein kleiner Junge, wie ihn all die anderen Novizinnen bekommen, dafür hat mir der Schöpfer den bestaussehenden Mann beschert, den ich je gesehen habe. Ich war so froh, daß ich mein hübschestes Kleid trug, das, welches ich extra für diesen Tag aufgehoben hatte.« Sie schnappte nach Luft. »Und dann erzählst du mir, ich sei häßlich!«
Richard schloß langsam die Augen. »Pasha, es tut mir leid.«
»Nein, das tut es nicht!« weinte sie. »Du bist nichts weiter als ein großer, grober Kerl! Wir hatten alles für dich vorbereitet. Wir haben dir eines der schönsten Zimmer im Palast gegeben. Dir war das egal. Wir haben dich mit Geld versorgt, für alles, was du dir nur wünschen kannst, und du benimmst dich, als hätten wir dich beleidigt. Wir hatten elegante, neue Kleider für dich, und du rümpfst nur die Nase!«
Sie wischte sich die Tränen ab, doch es kamen immer wieder neue nach. »Ich wäre die erste, die einräumt, daß es Schwestern gibt, die eine zu hohe Meinung von sich haben, die meisten aber sind so sanftmutig, daß sie nicht einmal einen Käfer zertreten würden. Und du hältst ihnen dein blutiges Schwert vor die Nase und schwörst, sie umzubringen!«
Sie raffte ihr Kleid zusammen und verbarg ihr Gesicht darin, während sie von Weinkrämpfen geschüttelt wurde. Richard legte ihr eine Hand auf die Schulter, doch sie stieß sie fort.
Richard wußte nicht, was er mit seinen Händen tun sollte. »Pasha, tut mir leid. Ich weiß, es muß ausgesehen haben, als wollte ich –«
»Nein, das tut es nicht! Dir tut es überhaupt nicht leid! Du willst den Rada’Han loswerden, aber das ist genau meine Aufgabe: dir beizubringen, wie du deine Gabe benutzen kannst, damit du den Halsring loswirst. Aber du läßt mich nicht! Ohne den Halsring wärst du gestorben.
Zwei Schwestern haben ihr Leben für dich gelassen. Sie werden nie mehr zu ihren Freunden zurück nach Hause kommen. Diese Freunde haben heimlich geweint – und
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