Die Schwestern des Lichts - 3
Feinde vorzustellen.
Als Schwester Merissa zum ersten Mal an seiner Tür erschien, hätte Richard fast seine Zunge verschluckt. Ihr dunkles Haar und die Art, wie sie ihr rotes Kleid ausfüllte, ließen ihn stammeln wie einen Trottel. Schwester Nicci, die niemals eine andere Farbe trug als Schwarz, hatte die gleiche Wirkung auf ihn. Wenn Schwester Nicci ihn mit ihren blauen Augen durchbohrte, hatte er Mühe, das Atmen nicht zu vergessen.
Die Schwestern Merissa und Nicci waren älter als Pasha – in seinem Alter oder höchstens vielleicht ein paar Jahre älter. Sie traten selbstsicher und mit gesetztem Charme auf. Obwohl Merissa dunkel und Nicci blond war, schienen sie aus demselben seltenen Holz geschnitzt zu sein.
Ihrer beider Han verstrahlte eine Kraft, die sie fast erglühen ließ. Manchmal glaubte Richard, er könne die Luft um sie geradezu knistern hören. Die beiden gingen nicht. Sie schwebten dahin – wie Schwäne, kühl und heiter. Und doch war Richard überzeugt, daß sie beide mit ihrem freundlichen Lächeln Eisenerz zum Schmelzen bringen konnten.
Keine von ihnen grinste jemals. Sie ließen einem höchstens ein kleines, gezähmtes Lächeln zuteil werden. Und auch nur dann, wenn sie ihm in die Augen sahen. Richard spürte, wie sein Herz schneller schlug, wenn sie es taten.
Einmal bot er Schwester Nicci eine seiner seltenen Blumen aus einem verbotenen Bereich an. Seine Erklärung, woher sie stammte und weshalb er sie ihr zum Geschenk machte, war augenblicklich wie verflogen. Sie nahm die weiße Rose behutsam zwischen Daumen und Zeigefinger, so als könnte sie ihre Hand beschmutzen, und während sie den Blick auf seine Augen geheftet hielt, lächelte sie, wie immer zurückhaltend, und meinte in gleichgültigem Ton: »Danke, Richard.« Er mußte daran denken, wie Pasha ihm erzählt hatte, daß manche Burschen den Schwestern Frösche mitbrachten. Nie wieder schenkte er den Schwester Merissa oder Nicci eine Blume. Alles andere als Juwelen von unschätzbarem Wert schien sie zu beleidigen.
Keine der beiden erbot sich, bei den Sitzungen auf dem Fußboden Platz zu nehmen. Bereits die Vorstellung, Schwester Merissa oder Nicci könnten auf dem Boden sitzen, erschien ihm lächerlich. Die älteren Schwestern, Tovi und Cecilia, saßen, genau wie Pasha, auf dem Fußboden, und es wirkte vollkommen normal. Die Schwestern Merissa und Nicci saßen auf Sesseln und hielten seine Hände über einem kleinen Tisch. Es hatte irgendwie etwas Erotisches. Ihm brach der Schweiß dabei aus.
Beide sprachen in ruhigen, gewählten Worten, was ihrem Auftreten einen Hauch von Adel verlieh. Zwar machten sie nie ein direktes Angebot, doch irgendwie gelang es ihnen, Richard nicht im Zweifel zu belassen, daß sie für eine Nacht mit ihm zur Verfügung stünden. Richard hätte niemals etwas Konkretes an ihren Äußerungen festmachen können, was diesen Eindruck bestätigt hätte, doch Zweifel hatte er keine. Ihre verblümte Ausdruckweise ließ ihm den Raum, so zu tun, als habe er ihre Absicht überhört, und keine der beiden erläuterte das Gesagte je näher.
Er betete dafür, daß sie ihr Angebot nie deutlicher zum Ausdruck brächten, denn täten sie es, dann, so wußte er, hätte er sich die Zunge abbeißen müssen, um sich zurückzuhalten und nicht einzuwilligen. Die beiden riefen stets in Erinnerung, was Pasha ihn über die Männer und ihre unkontrollierbaren Triebe erzählt hatte. Nie war er in der Gegenwart von Menschen gewesen, die ihn so stammeln und herumtappen ließen und bei denen er sich scheinbar so zum Narren machte, wie bei diesen beiden. Die Schwestern Merissa und Nicci waren die Verkörperung purer, unverfälschter Lust.
Als Pasha herausfand, daß die Schwestern Merissa und Nicci zwei seiner Lehrerinnen waren, zuckte sie kurz mit den Achseln und meinte, sie seien äußerst begabte Schwestern und würden ihm sicherlich helfen, sein Han zu finden. Doch auf ihren Wangen erschienen plötzlich rote Flecken.
Als Perry und Isaac von den Schwestern Merissa und Nicci hörten, hätte sie fast der Schlag getroffen. Sie sagten, sie würden alle Frauen der Stadt aufgeben, für immer, nur um eine Nacht mit einer der beiden verbringen zu können. Richard solle, wenn sich ihm je die Gelegenheit böte, unbedingt annehmen und ihnen alles bis in die Einzelheiten berichten. Richard versicherte ihnen, daß Frauen wie diese beiden sich niemals für einen Waldführer wie ihn interessieren würden.
Er wagte nicht laut auszusprechen, daß man
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