Die Schwestern des Lichts - 3
ihm das Angebot bereits gemacht hatte.
Die fünfte Schwester, Armina, war älter – eine reife Frau, die durchaus freundlich war, aber durch und durch bei der Sache. Als er bei seiner Suche, sein Han zu finden, bei ihr ebensowenig Glück hatte wie bei den anderen, erklärte sie ihm, das werde mit der Zeit schon kommen, und er solle nicht enttäuscht sein. Aber vielleicht sollte er versuchen, sich ein wenig mehr Mühe zu geben. Mit der Zeit erwärmte sie sich für ihn und lächelte häufiger. Sie war überrascht über die besonderen Blumen und fühlte sich geschmeichelt. Dabei errötete sie darüber, daß sie errötete. Richard mochte ihre gerade, offene Art.
Die letzte, Liliana, war Richards Lieblingsschwester. Ihr unbeschwertes Lächeln war entwaffnend, ihr schlichtes, knochiges Äußeres irgendwie gewinnend, dank ihrer offenen, netten Art. Sie behandelte Richard wie einen Vertrauten. Richard fühlte sich bei ihr gelöst und verbrachte manchmal mehr Zeit mit ihr, als er sich erlauben konnte, unterhielt sich mit ihr bis tief in die Nacht, einfach, weil er ihre Gesellschaft genoß. Auch wenn er keine Freundinnen unter seinen Häschern hatte, sie kam dem näher als alle anderen.
Als Richard ihr eine der besonderen Blumen schenkte, strich sie sich ihre braunen Haare hinters Ohr und beugte sich nach vorn. Ihre großen Augen glitzerten schelmisch, als sie wissen wollte, wie er an den Wachen vorbeigekommen war. Sie mußte kichern, als er ihr die Geschichte erzählte, die er sich ausgedacht hatte: Er sei hinter ihrem Rücken vorbeigeschlichen. Sie steckte jede Rose von ihm stolz in ein Knopfloch und trug sie, bis sie entweder verwelkt war oder er ihr eine neue geschenkt hatte.
Wenn sie ihn auf freundschaftliche Weise berührte, so schien dies ganz natürlich. Er stellte fest, daß er ihr auf die gleiche Art die Hand auf den Arm legte, wenn er ihr komische Geschichten aus seiner Zeit als Waldführer erzählte. Sie brüllten zusammen vor Lachen, hielten sich die Bäuche, bis ihnen die Tränen kamen.
Schwester Liliana erzählte ihm, wie sie auf einem Bauernhof aufgewachsen war und wie sehr sie das Land liebte. Mehrere Male lud Richard sie zu einem Picknick draußen in den Hügeln ein. Sie fühlte sich wohl auf dem Land und war glücklich. Es machte ihr nichts aus, sich das Kleid schmutzig zu machen. Richard konnte sich nicht vorstellen, daß weder Schwester Merissa noch Schwester Nicci je den Fuß auf nackte Erde setzen würden, Schwester Liliana dagegen hockte sich einfach neben ihm auf den Boden.
Sie machte ihm niemals das Angebot, mit ihm zu schlafen. Allein das nahm ihm alle Befangenheit. Nie war ihr irgendeine Verstellung anzumerken, sie schien ihre Zeit mit ihm ehrlich zu genießen. Wenn er die Augen nach einer Sitzung mit ihr öffnete und gestand, kein Han gespürt zu haben, dann drückte sie ihm die Hände und erklärte ihm, das sei in Ordnung, und sie wolle sich beim nächsten Mal noch mehr Mühe geben, ihm zu helfen.
Richard ertappte sich dabei, wie er ihr Dinge erzählte, die er keiner der anderen verriet. Als er ihr anvertraute, wie sehr er sich wünschte, den Rada’Han loszuwerden, legte sie ihm eine Hand auf den Arm, zwinkerte ihm zu und meinte, sie wolle dafür sorgen, daß er seinen Wunsch erfüllt bekäme, und sie es, wenn die Zeit gekommen sei, selbst tun werde. Sie sagte, sie verstehe, wie er empfinde, und meinte, er solle Vertrauen haben.
Sie versprach, ihm zu helfen und den Halsring abzunehmen, sollte seine Geduld eines Tages zu Ende sein und er es wirklich nicht mehr aushalten. Sie wollte aber, daß er wußte, wie sehr sie an ihn glaube, wie sehr sie wollte, daß er sich alle Mühe gab, um zu lernen, sein Han zu kontrollieren, bevor er dies auch nur in Erwägung zog.
Sie meinte, andere junge Männer versuchten, ihren Halsring zu vergessen, indem sie mit jeder willigen Frau ins Bett gingen. Sie erklärte ihm, sie verstehe seine Triebe, hoffe aber, sollte er sich je entscheiden, mit einer Frau ins Bett zu gehen, dann deswegen, weil er sie liebte, und nicht, weil er versuchte, seinen Halsring zu vergessen. Sie riet ihm, nicht zu den Huren zu gehen, denn die seien schmutzig, und dort könne er sich Krankheiten holen.
Richard erzählte ihr, er sei in eine Frau verliebt und wolle ihr nicht untreu sein. Sie schmunzelte, gab ihm einen Klaps auf den Rücken und meinte, sie sei stolz auf ihn. Richard verriet ihr nicht, daß Kahlan ihn fortgeschickt hatte, hätte es aber gern getan. Er wußte, eines
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