Die Schwestern des Lichts - 3
säuerlich dreinblickender Samuel zurück.
In der Mitte des Raumes stand ein hoher, eleganter Thron. Der Schein der Fackeln tanzte gleißend über die geschnitzten Blattgoldranken, - schlangen, -katzen und das andere Getier, mit dem jeder Zentimeter der stattlichen Konstruktion überzogen war. Darüber erhob sich ein mit schwerem, rotem Brokat behangener und mit goldenen Tressen geschmückter Baldachin. Der Thron selbst ruhte auf drei rechteckigen weißen Marmorplatten, die als Stufen dienten. Das Ganze war wuchtig und eindrucksvoll. Mit Quasten versehener roter Samt bedeckte den Sitz, den Rücken und die Oberseite der Armlehnen. Kahlan konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, wie er durch die Tür gepaßt haben konnte. Oder wie viele Männer notwendig gewesen waren, ihn zu schleppen.
Shota saß da wie eine Königin, die reglosen Mandelaugen auf Richard gerichtet. Sie hatte sich an den roten Samt gelehnt und ein Bein über das andere geschlagen, während ihre Arme auf den breiten, ausladenden Lehnen des Thrones ruhten und sie die Hände in einer Geste edlen Hochmuts über goldverzierte Fratzen drapiert hatte. Die Fratzen leckten ihr die Handgelenke, während sie mit dem langen, lackierten Nagel des Zeigefingers gegen ihren Daumennagel klickte. Das üppige kastanienbraune Haar fiel ihr bis auf die Schultern.
Shota richtete ihre alterslosen Augen auf Kahlan. Der lange, felsenstarre Blick schien die Mutter Konfessor zu lahmen, sie zu durchdringen. Eine rot-weiß-schwarz geringelte Schlange ließ sich herunterfallen und baumelte vom Baldachin herab. Zischend schnellte ihre Zunge Richtung Kahlan, dann ließ sie sich in Shotas Schoß fallen und rollte sich zusammen wie eine zufriedene Katze.
Es war eine Botschaft, daß sie nicht eingeladen sei, und eine Warnung vor allem, was geschehen würde, sollte irgend etwas Shotas Mißfallen erregen. Kahlan mußte schlucken und versuchte, sich nichts anmerken zu lassen. Nach einer Ewigkeit, wie es schien, und nachdem die Hexe sich offenbar überzeugt hatte, daß ihre Botschaft angekommen war, richtete sie ihre ungerührten Augen wieder auf Richard.
»Steck dein Schwert ein, Richard.« Shotas Stimme war wie Samt, der mit dem Strich gestrichen wurde. Kahlan fand es nicht fair, daß eine so schöne Frau obendrein mit einer Stimme gesegnet war, die Butter zum Schmelzen bringen konnte – oder das Herz eines Mannes.
»Dem Eindruck nach zu urteilen, den du bei unserem Abschied hinterlassen hast, muß ich befürchten, daß du mich töten willst.« Zudem klang ihre Stimme nervtötend sanft.
»Sollte ich beschließen, dich zu töten, mein lieber Junge, und das kann durchaus sein, wird dir dein Schwert nichts nützen.« Plötzlich heulte Richard kurz auf und ließ das Schwert wie ein glühendes Stück Kohle fallen. Er starrte auf das Schwert und rieb sich die Hand. »Und nun stecke es fort.« Diesmal glich ihre Stimme eher Samt, der gegen den Strich gestrichen wurde.
Richard sah mit gesenktem Kopf zu Shota auf ihrem Thron hoch, dann bückte er sich, hob sein Schwert auf und ließ es in die Scheide gleiten.
Auf Shotas vollen Lippen machte sich ein selbstzufriedenes Grinsen breit. Sie nahm die Schlange aus ihrem Schoß und legte sie zur Seite. Shota betrachtete Richard noch einen Augenblick, dann erhob sie sich und beugte sich dabei so weit vor, daß Kahlan meinte, die Brüste müßten ihr aus dem hauchdünnen, tief ausgeschnittenen und raffinierten grauen Kleid fallen. Wie sie es schafften, es nicht zu tun, war Kahlan ein Rätsel. Ein kleines verkorktes Fläschchen purzelte aus seinem sicheren Versteck zwischen den Brüsten der Hexe und baumelte an einer dünnen Silberkette.
Kahlan wurde heiß und kalt, als Shota voller Eleganz die drei Stufen hinabstieg, ohne ein einziges Mal den Blick von Richard abzuwenden. Die losen Spitzen ihres Kleides spielten sanft um ihre Beine, wie in einer leichten Brise. Dieser Stoff, beschloß Kahlan, war entschieden zu dünn für ein Kleid. Sie fragte sich, wie sie wohl darin aussehen würde, ein Gedanke, der sie erröten ließ.
Als sie auf dem Boden stand, drehte Shota sich um und zog den Korken aus der kleinen Flasche. Der gesamte Thron begann zu wabern, als betrachtete man ihn durch Hitzeschlieren. Plötzlich verwandelte er sich in grauen Rauch, wirbelte im Kreis herum, wurde dabei immer kleiner, bis er als feiner Strich in das Fläschchen hineingesogen wurde. Shota stöpselte den Korken wieder ein, steckte das Fläschchen wieder zwischen
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