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Die Schwestern vom Roten Haus: Ein historischer Kriminalroman (German Edition)

Die Schwestern vom Roten Haus: Ein historischer Kriminalroman (German Edition)

Titel: Die Schwestern vom Roten Haus: Ein historischer Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Oelker
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war und ein frischer Wind wehte, strahlte die Märzsonne durch den Morgendunst wie bei einer Generalprobe für den Sommer. Es versprach ein wunderbarer Tag zu werden.
    Zum weiteren Beweis für das Ende der grauen Zeit begann in einem der Büsche unten im Hof eine Kohlmeise ihr Morgenlied zu schmettern, als wolle sie die baldige Rückkehr der Schwalben aus dem Süden verkünden.
    «Das Leben ist schön», murmelte Madam Vinstedt. Es klang nicht enthusiastisch. Sie hatte unruhig und deshalb viel zu lange geschlafen, bis sie endlich aus einem äußerst unerfreulichen Traum erwacht war, dessen Bilder ein Gefühl der Melancholie zurückgelassen hatten.
    Tatsächlich fühlte sie sich weniger melancholisch als zornig. Im Traum hatte sie Magnus gesehen. Mit gebeugtem Kopf, den tief in die Stirn gedrückten Dreispitz und den Mantel schwer von Schnee, kämpfte er sich im Schneesturm über einen Gebirgspass. Er solle warten, hatte sie gerufen, doch er achtete nicht auf sie. Er stapfte einfach weiter, immer weiter, das Pferd am Zügel mit sich führend. Er musste sie hören, der Sturm war gewaltvoll, doch weder jaulte noch toste er, sondern war stumm, was nur in Träumen vorkommt, diesen unvernünftigen Phantastereien. Als sie Magnus nacheilen wollte, hielt der Schnee sie fest, ihre Füße, ihre Beine, ihr ganzer Körper sanken tiefer und tiefer ein. Wieder rief sie nach ihm, wieder vergeblich. Magnus beachtete sie nicht. Dann war er plötzlich verschwunden, aufgelöst in einer aus dem dichten Schneetreiben erwachsenden Schwärze. Auch ihre letzten Rufe, Schreie nun, blieben stumm in diesem Traum, als mache sich irgendjemand, ein Teufel vielleicht, einen großen bösen Spaß und stehle die Töne. Was sie auch rief oder tat – sie blieb unhörbar. Der Schnee begann sie zuzudecken, bald würde auch sie unsichtbar sein. Das Gefühl der Verlorenheit war furchtbar.
    Da endlich war sie aufgewacht, tief eingewühlt in ihr Plumeau, schweißnass und fröstelnd.
    Sie blinzelte noch einmal in die Sonne und steckte mit zwei Kämmen energisch ihre dicken blonden Locken zurück, beugte sich über die Waschschüssel und tauchte ihr Gesicht in das kalte Wasser.
    Ein Abgrund, dachte sie, als sie in ihre Kleider schlüpfte. Die Schwärze in diesem Traum musste einen Abgrund bergen. Oder eine Schlucht? Jedenfalls eine Gefahr. Sie sollte also nicht zornig sein, sondern voller Angst und Sorge. Falls Traumbilder allerdings tatsächlich Bedeutung hatten, woran sie zumindest am hellen Tag nicht glauben mochte, waren diese weniger für Magnus bedrohlich gewesen als für sie selbst. Er hatte im Voranschreiten nicht gezögert, sich nicht einmal nach ihr umgedreht und war über den Pass sicher und rasch vorangekommen. Er hatte absolut zufrieden gewirkt, sie selbst war es gewesen, die in Düsternis und Schneesturm allein zurückgeblieben war.
    «Blöder betrügerischer Traum», murmelte sie. Magnus würde sie nie im Stich lassen. Niemals.
    Sie schüttelte die Kissen, aus seinem stieg noch ein allerletzter Hauch von Lavendel auf. Vielleicht bildete sie sich das auch nur ein. Obwohl der Winter eine harte Zeit für eine so lange Reise war, die zudem über ein großes Gebirge führte und keine gründliche Vorbereitung erlaubt hatte, hatte er die Stadt gleich nach Fastnacht verlassen. Inzwischen hatte er sicher nicht nur den langen rasanten Ritt bis zu den Bergen, sondern auch den Pass bewältigt, er war ein schneller Reiter. Er hatte nun Kälte und Gefahr hinter sich gelassen, ritt auf von blühenden Wiesen gesäumten italienischen Straßen und freute sich seiner Freiheit und seines Lebens. Und seines Abenteuers.
    Genau darin lag die Ursache ihres Grimms: Sie beneidete ihren Ehemann glühend. Nichts, absolut gar nichts, hätte sie lieber getan, als ihn auf dieser langen Reise zu begleiten. Weil sie es hasste, viele Wochen von ihm getrennt zu sein, und wegen des Ziels. Venedig, dieser Sehnsuchtsort aller Reisenden, diese auf Inseln erbaute Stadt mit ihren Palästen und geheimen Gärten, den labyrinthischen Gassen und Kanälen, den Läden und Lagern voller exquisiter Waren, auch Seiden und den weit über Europa hinaus gerühmten Wunderwerken aus den Glasbläsereien von der vorgelagerten Insel Murano. Nicht zu vergessen die Lagune, überhaupt das Adriatische Meer. Es hieß zwar, in der Zahl der Brücken könne Hamburg mit Venedig konkurrieren, doch an Pracht und Palästen, an schönen Künsten und Eleganz musste es unterliegen.
    Was waren allein die hiesigen

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