Die Schwestern von Rose Cottage: Melanie (German Edition)
sein, dass Jessie ihre Mutter vermisst, aber sie kann sich sehr glücklich schätzen, einen Vater wie Sie zu haben.“
Einen Moment lang wirkte Mike verlegen. „Ich weiß nicht, was ich sagen soll.“
Melanie lächelte. „Ich habe Ihnen ein Kompliment gemacht. Danke würde als Antwort schon reichen.“
Doch zu ihrem Erstaunen sagte er nichts, sondern beugte sich vor und berührte ihren Mund mit seinen Lippen. Es war ein Kuss so leicht wie der Flügelschlag eines Schmetterlings, aber trotzdem breitete sich eine prickelnde Wärme in ihr aus.
Dann verließ er das Haus. Er war schon halb auf der Straße, als er sich noch einmal umschaute und Melanie dabei ertappte, wie sie mit den Fingerspitzen ihre Lippen berührte. Er winkte.
„Danke“, rief er.
Jetzt war sie an der Reihe, verlegen zu sein. „Gern geschehen“, flüsterte sie, aber nur, weil er sie nicht mehr hören konnte.
Zweck ihres Aufenthaltes in Rose Cottage war, sich von den Gefühlen zu verabschieden, die sie einst für Jeremy empfunden hatte, und ihr Leben wieder in die Normalität zurückzuführen. Doch unvermittelt hatte ein unschuldiger, kurzer Kuss mehr Gefühle in ihr geweckt, als Jeremy es je fertiggebracht hatte. War das nicht sonderbar?
Zweifellos.
Und sehr gefährlich.
In der stillen Hoffnung, dass Schweiß und harte Arbeit ihn den Kuss vergessen lassen würden, hatte Mike den ganzen Tag wie ein Besessener geschuftet. Er hatte aus einem Impuls heraus gehandelt, und um ganz ehrlich zu sein, hatte er Melanie ein wenig durcheinanderbringen wollen.
Aber der Spaß war zum Eigentor geworden. Seine Gefühle hatten bereits den ganzen Tag verrücktgespielt, und er konnte Melanies Duft einfach nicht vergessen.
„He, Mike, das war eigentlich unsere Arbeit“, rief Jeff Clayborne ihm jetzt zu.
„Ich helfe nur ein wenig aus“, erwiderte Mike und legte eine Pause ein, um sich mit einem Taschentuch den Schweiß von der Stirn zu wischen.
„Wenn du uns noch mehr hilfst, sind wir bald arbeitslos“, erwiderte Jeff. „Hör auf, Mann. Ich habe eine Kanne Eistee dabei. Komm wir trinken erst mal etwas.“
Mike kannte Jeffs Tee. Er war so süß, dass er fast wie Sirup schmeckte. Mike schüttelte es bei dem Gedanken.
„Ich werde jetzt eine Pause machen, aber den Tee kannst du alleine trinken. Ich habe noch eine Flasche Mineralwasser in meinem Laster.“ Er holte sich die Flasche aus der Kühlbox und ging dann zu den anderen, die im Schatten einer Eiche Platz genommen hatten.
Jeff sah ihn prüfend an. „Ist irgendwas mit dir?“
„Nein. Warum?“
„Normalerweise arbeitest du nur so hart, wenn du ein Problem mit Jessie hast. Wenn bei dir dagegen alles gut läuft, stehst du herum und gibst Befehle.“
„Sehr witzig“, kommentierte Mike. „Aber du liegst völlig falsch. Mit Jessie geht alles bestens.“
„Dann hat es wohl etwas mit deiner neuen Freundin zu tun“, bemerkte Jeff mit unschuldiger Miene.
Mike wusste sofort, welche Wendung dieses Gespräch nehmen würde, und fragte sich, wie es sich bloß so schnell herumgesprochen haben konnte, dass er einen halben Tag mit Melanie verbracht hatte.
„Und was soll das für eine neue Freundin sein?“, fragte er und versuchte so gelassen wie möglich zu klingen.
„Ich habe gehört, sie hat blonde Haare, große blaue Augen und schöne lange Beine“, bemerkte Jeff.
„Ach, hör doch auf“, schnaubte Mike.
„Ich habe gehört, dass sie neu in der Stadt ist und dass sie Cornelia Lindseys Enkeltochter sein soll. Am Samstag seid ihr mit Jessie in der Gärtnerei gewesen, anschließend habt ihr noch ein Eis gegessen, und danach wart ihr im Buchladen nebenan.“
„Wie gut, dass hier niemand die Nase in die Angelegenheiten anderer Leute steckt“, brummte Mike.
Jeff lachte. „Tja, mein Junge, du hast dir den falschen Ort ausgesucht, wenn du darauf Wert legst, dein Privatleben geheim zu halten. Du weißt doch, wie viele Leute dich in den letzten Jahren verkuppeln wollten, meine Frau eingeschlossen. Es ist ganz normal, dass sie neugierig sind, wenn du selbst mal einen Versuch startest, unter die Haube zu kommen. Die Angestellten vom Buchladen haben Pam und mich natürlich sofort angerufen.“
„Melanie hat absolut nichts mit meinem Privatleben zu tun“, log Mike. „Sie ist eine Kundin. Auf jeden Fall so etwas Ähnliches“, fügte er hinzu.
„Wie kann jemand ‚so etwas Ähnliches‘ wie eine Kundin sein?“, zog Jeff ihn auf. „Nimmst du deswegen im Moment keine Aufträge mehr
Weitere Kostenlose Bücher