Die Schwestern von Rose Cottage: Melanie (German Edition)
wurde Zeit, dass sie ein neues Leben begann. Und zwar in Boston. Dort, wo sie hingehörte.
Sie biss in den etwas zu dunkel gewordenen Keks und warf ihn angewidert zur Seite. Wenn sie doch nur Maggies Talent zum Kochen und Backen hätte! Stattdessen war sie die totale Katastrophe. Wer außer ihr brachte es fertig, sogar Kekse aus Fertigteig zu verderben?
Melanie versank immer tiefer in ihre düstere Stimmung, doch irgendwann klopfte jemand an die Haustür. Zuerst zuckte sie erschrocken zusammen, war aber dann so erleichtert bei der Aussicht auf eine Ablenkung, dass sie fast überstürzt zur Tür gerannt wäre. Doch als sie durch das Fenster Mike und Jessie auf der Veranda stehen sah, zögerte sie einen Moment. Die prickelnde Erregung, die sich in ihrem Bauch ausbreitete, war eine echte Warnung. Sie freute sich viel zu sehr, die beiden zu sehen. Eine kluge Frau hätte in einem solchen Zustand die Tür nicht geöffnet.
Da sie aber schon immer dazu tendiert hatte, auf ihr Herz und nicht auf ihren Verstand zu hören, ließ sie die beiden herein. „Seid ihr mit dem Boot gekommen?“, fragte sie und schaute Jessie an, die ebenso durchnässt war wie ihr Vater. „Kommt, gebt mir eure Mäntel. Ihr solltet etwas Warmes trinken. Wie wäre es mit einer heißen Schokolade, Jessie?“
Jessie schenkte ihr ein dankbares Lächeln. „Ich liebe heiße Schokolade und Daddy auch.“
Melanie sah ihn an. „Stimmt das?“, fragte sie und führte die beiden in die Küche. Dort hängte sie die nassen Mäntel auf den Wäscheständer, der neben der Hintertür stand.
„Sind Sie sicher, dass Sie keinen Kaffee oder Tee wollen?“, fragte sie ihn.
„Was am einfachsten für Sie zu machen ist. Wir sind auf dem Weg nach Hause und wollten nur nachsehen, ob die Fluten Sie noch nicht davongetragen haben.“
„Wie Sie sehen, bin ich immer noch hier. Da ich im Haus mit der Arbeit fast fertig bin, habe ich aus lauter Langeweile Kekse gebacken.“ Sie wies auf den Teller mit dem Gebäck. „Ich habe Sie etwas zu lange im Backofen gelassen, aber nehmt euch, wenn ihr wollt.“
Jessie warf ihrem Vater einen erwartungsvollen Blick zu. Als er nickte, nahm sie sich einen Keks und biss dann hinein. Melanie wartete auf eine Bemerkung über den leicht angebrannten Rand, aber Jessie setzte sich auf einen Küchenstuhl und schien ganz zufrieden zu sein.
Melanie schaute zu Mike hinüber. „Und was ist mit Ihnen? Haben Sie ausreichend Mut, um auch einen zu probieren? Oder schrecken Sie schon von dem Anblick zurück?“
Er lachte. „Um ehrlich zu sein, sehen die meinen Keksen ziemlich ähnlich. Stimmt es, Jessie?“
„Hm“, bestätigte Jessie mit vollem Mund. „Daddy lässt alles anbrennen.“
„Nicht alles“, protestierte er entrüstet. „Das Müsli musst du ausklammern.“
Jetzt lachte Melanie. „Da ihr anscheinend keine hohen Ansprüche habt, kann ich es ja wagen, euch zum Abendessen einzuladen.“
„Heute Abend?“, fragte Jessie freudig. „Dad wollte Ravioli aus der Dose machen.“
„Das könnte ich übertrumpfen“, bot Melanie an und suchte Mikes Blick. „Wie wäre es mit Spaghetti, selbst gemachter Tomatensoße und Knoblauchbrot? Ich habe die Soße zwar eingefroren, weil ich auf Vorrat gekocht habe, aber das ist immer noch besser als Nudeln aus der Dose.“
„Alles ist besser als das“, pflichtete Mike ihr bei. „Wenn wir zum Abendessen bleiben, gibt es allerdings keine Kekse mehr, Jessie. Sonst verdirbst du dir den Appetit.“
Jessie wollte widersprechen, doch dann schien ihr ein anderer Gedanke zu kommen.
„Kann ich fernsehen?“, fragte sie.
Melanie warf Mike einen fragenden Blick zu, und als er nickte, ging sie mit Jessie ins Wohnzimmer und stellte ihr das Kinderprogramm ein.
„Ich bin wirklich nur vorbeigefahren, um nach Ihnen zu schauen“, erklärte Mike, als Melanie in die Küche zurückkam. „Und nicht, um uns zum Abendessen einzuladen.“
„Glauben Sie mir, ich bin heilfroh, Gesellschaft zu haben“, gestand Melanie.
„Zu viel Zeit zum Nachdenken?“, fragte er.
„Viel zu viel.“
„Melanie, möchten Sie … Ach was, sollen wir uns nicht duzen? Irgendwie bringe ich das ‚Sie‘ kaum noch über die Lippen.“
Melanie nickte nur.
„Gut, also möchtest du nicht darüber reden, was dich hierher nach Rose Cottage gebracht hat?“
Sie schüttelte den Kopf. „Es ist schon schlimm genug, dass ich so in Selbstmitleid versinke. Ich möchte Sie …, ich meine, ich möchte dich nicht auch noch mit meinen
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