Die Schwestern von Rose Cottage: Melanie (German Edition)
Melanie noch die Chance hatte, etwas zu antworten. Und da dies weder der richtige Zeitpunkt noch der richtige Ort war, um das Thema weiter zu diskutieren, folgte Melanie ihm einfach.
Die Fahrt zu ihrem Haus verlief schweigend. Jessie war auf dem Rücksitz eingeschlafen, und Mike half Melanie nur rasch, die Pflanzen auszuladen, nachdem er in ihrer Einfahrt geparkt hatte.
„Gießen Sie alle Pflanzen regelmäßig“, riet er ihr. „Ich werde Ihnen helfen, sie einzupflanzen, wenn ich Zeit habe.“
„In Ordnung“, versprach sie. „Danke, dass Sie mich mitgenommen haben.“
Er nickte ihr kurz zu, setzte sich dann wieder hinter das Lenkrad und fuhr los. Melanie schaute ihm nach und fragte sich, wie sehr seine Exfrau ihn verletzt haben musste, dass er ihr nicht vertrauen konnte. Aber konnte man ihm sein Verhalten übel nehmen? Schließlich würde sie ja früher oder später tatsächlich abreisen. Sie schüttelte den Kopf und seufzte. Es gab nur einen Weg, sie durfte sich erst gar nicht auf ihn und Jessie einlassen.
Melanie war nicht überrascht, als Mike am Montagmorgen, gleich nachdem er Jessie zur Schule gebracht hatte, wieder vor ihrer Tür stand.
„Haben Sie eine Minute Zeit?“, fragte er.
„Klar. Kommen Sie herein. Ich habe gerade Kaffee gemacht. Möchten Sie auch eine Tasse?“
„Kaffee hört sich gut an.“
Er nahm am Küchentisch Platz, doch als Melanie ihm einen Becher reichte und ihm gegenüber Platz nahm, wich er ihrem Blick aus.
„Ich nehme an, dass Sie mir noch mal sagen wollen, dass ich Jessie nicht zu nahe kommen soll“, begann sie. „Ich habe darüber nachgedacht, und ich finde, dass Sie recht haben.“
„Eigentlich bin ich gekommen, um mich zu entschuldigen“, korrigierte er und suchte ihren Blick. „Ich habe mich verhalten, als ob Sie etwas Unrechtes getan hätten. Dabei waren Sie den ganzen Tag über reizend zu Jessie. Die meisten Leute wären nach Jessies Wutanfall in der Eisdiele geflüchtet.“
„Das war doch nicht so schlimm. Im Großen und Ganzen ist Jessie ein wunderbares Kind.“
„Sie ist ein äußerst schwieriges Kind“, verbesserte er. „Ich nehme an, das haben Sie gemerkt.“
„Sie ist ein Scheidungskind. Es ist normal, dass solche Kinder Probleme machen.“
„Ja, das und …“ Er schien Mühe zu haben, die richtigen Worte zu finden. „Nun, ihre Mutter war drogenabhängig, auch in der Schwangerschaft. Jessie musste direkt nach der Geburt einen Entzug durchmachen.“
„Oh, Mike. Das tut mir wirklich leid.“
„Glücklicherweise hat sie keine bleibenden Schäden zurückbehalten. Aber sie ist sehr unausgeglichen. Sie haben ja selbst miterlebt, wie sie aus der besten Laune heraus, von einer Sekunde zur anderen, einen Wutanfall bekommen kann. Es ist so, als würde man mit einer Zeitbombe leben. Nur leider weiß ich nie, wann sie hochgeht.“
Melanie hatte großes Mitgefühl für beide. „Das muss sehr anstrengend sein.“
Er runzelte die Stirn. „Ich bin nicht hierher gekommen, um mich bemitleiden zu lassen. Ich wollte Ihnen nur erklären, warum ich vorgestern so reagiert habe. Es ist auch so schon schwer genug mit Jessie. Sie kann keinen zusätzlichen emotionalen Stress gebrauchen, und es ist Stress für sie, wenn Menschen in ihr Leben kommen und wieder gehen.“
Melanie hätte ihm gern erwidert, dass das zum Leben gehört. Auch Kinder müssen lernen, dass Menschen kommen und gehen. Aber sie brachte es nicht übers Herz. Jessie hatte in ihrem jungen Leben schon viel mitgemacht, und man sollte tatsächlich vermeiden, ihr noch mehr Schmerz zuzufügen. Bevor Melanie ihm jedoch antworten konnte, war er bereits aufgestanden.
„Nun, das ist alles, was ich sagen wollte. Es ist wohl besser, wenn ich jetzt gehe. Ein Auftraggeber bekommt heute neue Pflanzen geliefert, und ich muss dafür sorgen, dass sie so schnell wie möglich in die Erde kommen. Mitte der Woche könnte ich dann bei Ihnen anfangen.“
„Wann immer Sie Zeit haben“, erklärte sie. „Ich weiß Ihre Hilfe sehr zu schätzen.“
Melanie begleitete ihn zum Ausgang. Als sie an der Tür standen, legte sie kurz die Hand an seine Wange. „Sie sind ein großartiger Vater, besonders, wenn man die schwierigen Umstände betrachtet. Ich hoffe, Sie wissen das.“
Überrascht schaute er auf. „Warum sagen Sie mir das?“
„Sie erinnern mich an meinen eigenen Vater, und glauben Sie mir, es gibt keinen besseren auf der ganzen Welt. Sie sind fürsorglich, aufmerksam und vergöttern Ihre Tochter. Es mag
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