Die Schwesternschaft des Schwertes - 8
er ihren Händen und flitzte mit kleinen, ruckartigen Bewegungen über den Tisch. Sean musterte ihn, und sein Gesicht zeigte einen konzentrierten, beutegierigen Ausdruck. Plötzlich machte der Krug einen Satz und flog über die verbleibenden letzten Zentimeter hinweg in seine Hände.
Als Sean den Krug musterte, stand Rakk langsam auf. Ihre adrenalinschwangere Euphorie hatte sich in Nüchternheit verwandelt. Sie ging langsam zur Tür. Sean hob den Krug mit beiden Händen hoch, doch als er einen Schluck trinken wollte, kippte alles über sein Gesicht. Rakk glitt zur Tür hinaus und rannte durch die Straße.
Sie hörte erst auf zu rennen, als sie das terranische Hauptquartier erreichte. Danach wusste sie nur noch eins: Sie war in ihr Quartier gestolpert, hatte sich im Bad übergeben, war ins Bett gefallen und hatte sich wie ein kleines Kind in ihre Decken gewickelt.
Rakk trank einen Schluck des fünften Firi, den sie beim Nachdenken bestellt hatte. »Wenn man besoffen ist, fliegen keine Krüge«, murmelte sie vor sich hin. »Na ja, es spielt jetzt keine Rolle mehr.«
Sie wandte sich an den Theker. »He, erinnerst du dich noch an den rothaarigen Kerl, mit dem ich neulich hier war? Du weißt schon -
der Vai Dom.«
Der Mann riss die Augen auf, als sie den Titel aussprach. »Weißt du, wo er wohnt?«
»Wenn du es nicht selbst weißt, brauchst du es auch nicht zu erfahren«, erwiderte der Mann und entfernte sich. Rakks Hand schoss vor und erwischte ihn am Handgelenk.
»Ich hab dir ‘ne Frage gestellt«, sagte sie mahnend und drückte zu.
Der Theker verzog das Gesicht, dann schaute er an ihrer linken Seite vorbei. Der Rausschmeißer am anderen Ende des Raumes war aufgestanden.
Ohne loszulassen stand Rakk ebenfalls auf und warf die Bank um, auf der sie gesessen hatte. Der Rausschmeißer zögerte. Er schaute Rakk und den Theker kurz an, dann begab er sich zu den Toilettenräumen.
Rakk wandte sich ihrem Gegenüber lächelnd wieder zu. »Er erinnert sich jedenfalls noch an das letzte Mal, als ich hier war. Dann weißt du es auch noch. Wo also kann ich Sean finden?«
Auf dem Gesicht des Thekers zeigte sich eine Mischung aus Angst und Verwirrung. »In der Comyn-Burg«, sagte er schließlich.
»Das sagt mir wirklich viel. Wie komm ich dahin?«
»Folg einfach der Straße … bis auf die andere Talseite.«
Es war ein langer Weg zur Burg hinauf, aber die Luft war kühl und Rakk fühlte sich ziemlich gut. Sie hatte einen flotten Spaziergang durch Thendara gemacht und die drolligen Pflasterstraßen, rustikalen hölzernen Läden und Häuser und die uralte Steinmauer bewundert, welche die Stadt umgab. Ihrer Meinung nach war sie ebenso leicht zu überwinden wie die wunderbaren Glaskinne jener Darkovaner, die der Meinung waren, sie solle lieber in der Handelsstadt bleiben. Als die Frau auf die Burgwachen stieß, nahm sie sich jedoch vor, freundlich zu sein.
»He, ihr da«, sagte sie und hob grüßend einen Arm. »Ich bin gekommen, um mit Sean zu sprechen - er gehört zu den Comyn-Fürsten. Könnt ihr ihm sagen, dass Rakk hier ist? Wenn ihr wollt, warte ich so lange draußen. Ich möchte nicht gern in irgendwas reinplatzen.«
Die beiden jungen, grün gekleideten Gardisten tauschten einen Blick, dann wechselten sie einige Worte in einem Dialekt, den Rakk nicht verstand. Schließlich drehte sich einer der beiden zu ihr um und sagte: »Du bist außerhalb der begrenzten Zone, Terrani, deswegen stehst du unter Arrest.«
»Wartet mal«, sagte die Frau. »Lasst uns die Sache nicht unnötig kompliziert machen. Ich möchte nur mit Sean sprechen. Sagt ihm, dass ich hier bin. Er weiß dann schon Bescheid.«
»Wir werden gewiss keinen Comyn mit irgendwelchen Botschaften einer terranischen Grezalis stören«, sagte der Gardist.
»Komm mit.« Er zog sein Schwert und bedeutete Rakk, durch die Tür des Wachlokals zu treten.
Die Angesprochene wich zurück. Ihre Laune wurde übler. »Hört mal«, sagte sie. »Ihr sollt Sean doch nur meine Botschaft überbringen. Er versteht das schon.«
»Beweg dich!«
Rakk duckte sich; sie war bereit, dem Gardisten das Schwert aus der Hand zu reißen. Dann entspannte sie sich plötzlich. »In Ordnung. Aber lasst mich zuerst mein Schuhband festschnüren.« Sie hockte sich hin und fummelte an ihrem Schuh herum.
Der Gardist senkte das Schwert und schaute seinen Gefährten verwundert an. Die Frau ignorierte die beiden. Schließlich berührte der Gardist sie mit der Klinge. »Ich habe gesagt, beweg
Weitere Kostenlose Bücher