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Die Schwesternschaft des Schwertes - 8

Die Schwesternschaft des Schwertes - 8

Titel: Die Schwesternschaft des Schwertes - 8 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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Holzschale.
    Carlina zuckte innerlich zusammen. Sie fand es abscheulich, im Mittelpunkt des Interesses zu stehen. Doch äußerlich bewahrte sie die Würde, die dem dunklen Gewand einer Priesterin Avarras entsprach. »Ich suche jemanden namens Jandria, die Gildenmutter des Hauses.«
    Eine Frau, die schon älter war, sich aber einen geraden Rücken und einen klaren Blick bewahrt hatte, erhob sich von ihrem Platz und schaute die Fremde an. »Und was willst du von ihr?«, fragte sie mit einem Landakzent, der so breit war, dass Carlina ihn kaum verstand.
    »Ich habe eine Botschaft von Mirelli Lindir«, erwiderte die Angesprochene, »die ich ihr persönlich überbringen muss.«
    Das Gesicht der älteren Frau verzog sich kurz zu einer schmerzverzerrten Grimasse. Dann verließ sie ihren Platz an der Tafel und kam auf Carlina zu. »Du hast mich gefunden«, sagte sie.
    Dann wandte sie sich zu ihren scharlachrot gekleideten Kriegerinnen um. »Esst eure Suppe, Töchter. Ich kümmere mich um die Angelegenheit.«
    Carlina folgte Jandria mit einem Gefühl der Erleichterung aus dem von Menschen wimmelnden Raum, weg von den zahlreichen starrenden Augen. »Mirelli ist für uns tot«, sagte Jandria, als die beiden sich in der Privatsphäre eines leeren Raumes befanden. »Sie hat uns abgeschworen.«
    »Sie stirbt tatsächlich«, erwiderte Carlina. »Sie hat in ihren Träumen zwar mich erreicht, doch eigentlich ruft sie nach dir. Ohne Hilfe wird sie das Ende der Mondspanne nicht überleben.«
    »Ah, das ist schlimm.« Jandria zog den Kopf ein. »Aber trotzdem
    … Das Mädel ist aus freiem Willen gegangen. Die Kleine ist eine Eidbrecherin. Sie hat kein Anrecht auf unsere Unterstützung.«

    Carlina, ansonsten recht leidenschaftslos, fauchte: »Sprich nicht von Rechten, wenn jemand im Sterben liegt, der dich liebt. Zu was ist Ehre ohne Mitgefühl gut? Sind wir nicht alle Avarras Töchter?«
    Jandria schwieg eine Weile. Ihre dunklen Augen waren unergründlich. »Deine Stimme ist grob, Tochter, doch dein Herz ist sanft«, sagte sie schließlich. »Und du bist den ganzen Weg von der Insel des Schweigens gekommen, um an mich zu appellieren. Ich kann mich dir nicht verweigern. Sag mir, was du brauchst, und du wirst es bekommen.«
    Carlina lächelte. Ihr schmales Gesicht wurde für einen Moment fast schön. »Ich brauche eine Hebamme aus dem Dorf, die mir hilft«, sagte sie.
    Jandria errötete. »Bedeutet das etwa …«, setzte sie an.
    Doch Carlina fiel ihr ins Wort. »Du musst ebenfalls mitkommen.
    Das heißt, wenn du zum Reiten noch nicht zu alt bist.«
    Jandria fluchte. »Ich bin jedenfalls noch nicht so alt, dass ich nicht länger sitzen könnte als eine Priesterin Avarras! Ich werde erst in der Mittwinternacht achtzig!«
    »Nun denn«, erwiderte Carlina, und erneut spielte ein seltenes Lächeln über ihre Züge. »Dann brechen wir morgen früh auf. Bis dahin müsste mein Pferd wieder bei Kräften sein.« Und sie dachte mit unvoreingenommener Erheiterung, dass sie endlich einen Grund gefunden hatte, ihrem Pflegebruder Bard di Asturien dankbar zu sein. Denn er hatte den Priesterinnen ein Dutzend guter Pferde geschenkt, ihr eigenes Reittier eingeschlossen.
    Mirelli hörte das Geräusch von Pferdehufen auf dem groben Steinweg, der zu ihrer Hütte führte. Ihr Herz klopfte voller Angst.
    Gnädige Avarra! Es sind Banditen, die mich ausrauben und töten wollen, denn um diese Zeit treibt sich niemand sonst in dieser Gegend herum. Mit einer Verzweiflung, die sie überraschte - sie war davon ausgegangen, dass der Tod ihr gewiss war -, erhob sie sich zitternd von ihrem Lager und suchte aufgeregt nach einer Waffe. Sie erspähte Rafaels Kurzschwert, den einzigen Gegenstand, den er ihr hinterlassen hatte, und versuchte es aufzuheben. In ihrem geschwächten Zustand war das kleine Schwert fast zu schwer für sie. Sie balancierte es unsicher über ihrem geschwollenen Bauch und hielt es mit einer Hand fest. Mit der anderen stützte sie sich an der Wand ab, damit sie nicht umfiel.
    »Mirelli«, vernahm sie eine vertraute Stimme von der Tür her. »Ich bin hier, Chiya.«
    Eine Woge der Erleichterung, so stark, dass sie in die Knie ging, durchflutete sie. Das Schwert fiel mit einem dumpfen Scheppern auf den festgetretenen Erdboden der Hütte. »Oh, möge die Göttin gepriesen sein«, sagte sie leise. »Oder träume ich?«
    Wenn es ein Traum war, hoffte Mirelli, dass er nie endete. Drei Frauen - die alte Jandria, eine ihr unbekannte junge Bäuerin und eine

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