Die Schwesternschaft des Schwertes - 8
eine Ewigkeit. Dann landeten sie so leicht wie ein Herbstblatt, und Linzels Herz platzte fast vor Liebe und Stolz. Die Finsternis hieß sie willkommen, verschluckte sie und verbarg sie vor den Verfolgern, als Ross und Reiterin über die festgetretene Straße in Richtung Galmannorr und Alane stoben.
Gegen Mittag des nächsten Tages erblickten die Beobachter auf den Mauern eine in der Ferne aufgewirbelte Staubwolke. Ihr Alarmgeschrei ließ Mahlon herbeieilen. Er war auf einer Mauer auf und ab gegangen und hatte sich wegen seines Schlafes und Linzel wegen ihrer Sturheit verwünscht. Doch gleichzeitig hatte er auch einen eigenartigen Stolz für sie empfunden. Als er die Staubwolke sah, nahm sein Mut ab. Es konnte nicht Linzel sein. Dafür war sie viel zu groß. Wahrscheinlich bekamen die Belagerer Verstärkung. Er setzte eine grimmige Miene auf und dachte über seine Möglichkeiten nach. Es waren nur wenige, und keine war erfreulich.
Der Schrei eines Hauptmanns ließ ihn erneut zur Staubwolke hinblicken. Zwei Reiter hatten sich aus ihr gelöst und jagten dem Haupttor entgegen. Sie lagen flach auf dem Hals ihrer Pferde und wurden von wehenden Mähnen verdeckt. Mahlon erkannte sein Rennpferd. Er lief die Treppe hinunter, nahm jeweils drei Stufen auf einmal und schrie nach der Torwache, damit sie öffnete. In einer dichten Staubwolke donnerten die beiden Reiter durch das Tor. Die Pferde bockten und schlugen leicht und steifbeinig aus.
Linzel grinste übers ganze Gesicht und beugte sich vor, um den verschwitzten Hals des Rennpferdes zu streicheln. Ihre Smaragdaugen leuchteten vor Aufregung und suchten Mahlon zwischen den Männern. Er trat vor und packte die Zügel, als sie agil wie ein Junge absprang und mit schmutzverkrustetem Gesicht neben dem Pferd stehen blieb. Ihre Zöpfe hatten sich gelöst, ihr zerzaustes Haar war verschwitzt. Sie umfasste Mahlons Arm mit beiden Händen und schüttelte ihn sanft.
»Sie kommen, Mahlon! Deine und meine Verwandten! Sie sind morgen Abend hier! Bis dahin müssen wir nur durch halten!«
»Und die Staubwolke? So was können zwei Reiter doch nicht erzeugen! Wir haben geglaubt, die Belagerer kriegen Verstärkung.«
»Ach, das«, sagte Linzel mit einer lockeren Geste. »Es sind nur ein paar Söldner, die wir in der Stadt angeworben haben. Sie reiten auf und ab und ziehen Äste hinter sich her. Sieht beeindruckend aus, nicht wahr? Es könnten fünfhundert Mann sein. Wer kann das schon genau sagen?«
»Linzel, dein Einfallsreichtum beeindruckt mich, aber wozu sind ein paar Söldner und eine Staubwolke gut?«
»Hast du nicht zugehört, Mahlon? Knapp zehn Minuten, nachdem ich das Gildenhaus erreicht hatte, ist ein Kurier von dort aufgebrochen, der zuerst zu deinen und dann zu meinen Verwandten reitet. Sie sind frühestens morgen Abend hier, aber übermorgen ganz bestimmt. So lange können wir aushalten!«
»Du hast Recht«, sagte Mahlon, und neue Hoffnung glomm in seinen Augen auf. »Wir haben geglaubt, dass uns niemand hilft.
Damit haben wir das Schlimmste hinter uns. Jetzt, da wir wissen, dass jemand kommt, kämpfen wir eben doppelt so hart!« Er schaute Linzel an und hätte gern mehr gesagt, aber sie hob eine Hand und brachte ihn zum Schweigen.
»Wir unterhalten uns später«, sagte sie leise. »Wenn die Gefahr wirklich vorüber ist und wir wieder klar denken können.«
Und so kam es, dass die beiden einige Abende später sauber, wohl genährt und entspannt in ihrer Kammer saßen. Die Belagerer waren verjagt worden. Viele waren umgekommen, doch Rihannon war wieder sicher. Linzel hatte sich ausführlich mit Alane unterhalten, und das Einverständnis, zu dem die beiden Frauen gekommen waren, erfüllte sie mit solchem Frieden und solcher Freude, dass alle Verbitterung von ihr abgefallen war. In Wahrheit hatte es einige Zeit gedauert, doch ihre Gespräche mit Alane hatten die letzten Spuren fortgewischt. Nun saß sie Mahlon wegen dem, was sie ihm zu sagen hatte, fast mit einem Anflug von Bedauern gegenüber.
Er hörte ihr schweigend zu, als sie die Hoffnungen zunichte machte, die in seinem Herzen gerade ein neues Leben begonnen hatten. Sie wollte außer seinem guten Willen, seinen guten Wünschen und ihrer Freiheit nichts von ihm. Sie bat darum, dass er sie von sich aus freigab, damit sie auch weiterhin gute Freunde blieben, aber sie machte ihm auch klar, dass sie selbst dann gehen würde, wenn er es nicht tat. Dass es falsch sei, wenn sie blieb; falsch für sie und ihn.
»Du bist ein
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