Die See Der Abenteuer
klug von den Vögeln, daß sie bei dem Gedränge niemals zusammenstoßen. Was für einen Lärm sie machen! Man versteht kaum sein eigenes Wort.«
Als sie sich dem Rande des Felsens näherten, nahm Bill Lucy vorsorglich bei der Hand. Der Felsen fiel fast senkrecht in die Tiefe. Die Kinder legten sich auf den Bauch und spähten hinunter. Tief, tief unter ihnen lag das Meer. In langsamen Bewegungen kam es auf die Insel zu und zog sich dann wieder zurück. Die Brandung war hier oben nur wie ein leises Murmeln zu hören.
Lucy griff nach den Seenelkenbüscheln an ihrer Seite.
»Mir ist, als läge ich nicht fest auf der Erde«, lachte sie unsicher. »Ich muß mich irgendwo anklammern. Fast habe ich das Gefühl, auf dem Kopf zu stehen.«
Bill legte den Arm um sie. Das Mädchen war offen-sichtlich schwindlig, er mußte sie festhalten. Bill hatte die Kinder alle gern, aber die kleine Lucy war nun einmal sein besonderer Liebling.
Unaufhörlich flogen die Vögel hin und her. Die Kinder wurden es nicht müde, ihnen zuzuschauen. Jack guckte durch sein Fernglas und kicherte über das Gedränge und Geschubse auf den schmalen Felsvorsprüngen.
»Sie sind genau wie ungezogene Kinder«, bemerkte er.
»Einer sagt zu dem anderen, er solle gefälligst Platz machen, sonst würde er ihn herunterstoßen. Und dann stößt er ihn auch schon. Aber das macht ja nichts, denn sie breiten einfach die Flügel aus und gleiten leicht durch die Luft. Ich hätte wahrlich nichts dagegen, ein Seevogel zu sein. Dann würde ich am Strand entlangspazieren, mich auf dem Wasser schaukeln, nach Fischen tauchen oder meilenweit mit dem Wind segeln, ohne einen Flügelschlag zu tun. Ich hätte nichts dagegen ...«
»Was ist denn das?« unterbrach Philipp ihn plötzlich. Er hatte ein Geräusch vernommen, das nicht von den Seevögeln herrührte. »Hört doch nur! Ein Flugzeug!«
Sie horchten angestrengt und suchten den Himmel mit den Augen ab. Und da entdeckten sie in weiter, weiter Ferne einen kleinen Punkt, der sich gleichmäßig vorwärts bewegte. Auch vernahmen sie jetzt deutlich das Brummen von Motoren.
»Ein Flugzeug!« rief Bill, aufs höchste erstaunt. »Das ist das allerletzte, was ich hier zu sehen erwartete!«
Die Insel der Lunde
Die Kinder konnten sich nicht recht erklären, warum Bill sich so furchtbar wunderte, in der Nähe der Vogelinseln ein Flugzeug zu sehen. Was war denn daran so merkwürdig?
Nun griff er hastig nach Jacks Fernglas und schaute hindurch. Aber das Flugzeug war bereits verschwunden.
»Ob es ein Wasserflugzeug war?« murmelte er vor sich hin. »Das ist doch wirklich sonderbar!«
»Was ist denn daran sonderbar?« fragte Dina. »Flugzeuge sieht man doch überall.«
Bill antwortete nichts darauf. Er gab Jack das Glas zu-rück und meinte: »Wir wollen jetzt etwas essen und dann unsere Zelte holen. Ich denke, wir schlagen unser Lager am besten an dem kleinen Fluß auf, den wir vorhin überquerten. Das ist nicht zu weit von der Küste entfernt. Und wenn alle Mann anpacken, haben wir unsere Sachen schnell hingeschafft.«
Sie errichteten die Zelte, breiteten die Bodenplanen darin aus und warfen die Decken darüber. Dann ließen sie sich auf einem kleinen Abhang mit der Aussicht auf das Meer nieder und begannen zu tafeln.
»Ich finde«, begann Lucy, die vergnügt an einem Keks mit Sahnekäse knabberte, »ich finde ...«
»Stopp!« rief Jack. »Das Weitere kannst du dir schen-ken. Wir wissen genau, was du sagen willst, und sind ganz deiner Meinung.«
»Aber ihr könnt doch gar nicht wissen, was ich sagen wollte!« fuhr Lucy ein wenig gekränkt auf.
»O doch«, behauptete Philipp. »Du sagst es in jeden Ferien, wenn wir draußen im Freien essen.«
»Du wolltest sagen: ‘Ich finde, draußen schmeckt es am allerbesten’, nicht wahr?« fiel Dina ein.
»Allerdings«, gab Lucy verblüfft zu. »Sage ich es wirklich jedesmal? Aber es ist auch wahr. Ich finde ...«
»Schon gut«, schnitt ihr Jack das Wort ab. »Ach, Lucy, du erzählst uns immerzu dasselbe. Na, schadet nichts.
Wir denken ja auch immer dasselbe, wenn wir es auch nicht dauernd wiederholen. Kiki, nimm deinen unverschämten Schnabel aus dem Sahnekäse!«
»Kiki ist wirklich zu frech«, sagte Dina. »Jetzt hat er schon drei Kekse gemaust. Du gibst ihm anscheinend nicht genug Sonnenblumenkerne.«
»Sonnenblumenkerne!« rief Jack spöttisch. »Er ver-schwendet nicht einmal einen Blick daran, wenn solche Leckerbissen wie hier aufgetischt sind. Aber Philipps Mäuse sind
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