Die See Der Abenteuer
prüfenden Blick auf diesen sonderbaren Kauz, der sich so auffällig benahm, und segelte dann davon.
»Was bist du nur für ein Dummkopf, Kiki!« schalt Jack.
»Eines Tages werden dich die Möwen noch zum Mittagessen verspeisen.«
»Armer alter Kiki!« seufzte der Papagei.
Bill lachte. »Was wird Kiki erst sagen, wenn er die Lunde zwischen Heidekraut und Seenelken einherwatscheln sieht? Gewiß wird er sie mächtig in Aufregung versetzen.«
Je mehr sie sich der ersten Insel näherten, desto mehr Vögel belebten die Luft und das Wasser. Pfeilschnell segelten sie mit dem Wind dahin, tauchten nach Fischen oder schaukelten wie Spielzeugenten auf den Wellen. Ein vielstimmiges Geschrei erfüllte die Luft. Manche Vogel-stimmen waren schrill, andere weich, wieder andere klangen düster und schwermütig. Was ergab das für einen wilden und mächtigen Chor!
Nun war das Boot dicht vor der Insel angelangt. Stumm vor Staunen starrten die Kinder auf den riesigen Felsen, der vor ihnen aus dem Wasser ragte. Er war von oben bis unten mit Vögeln bedeckt.
Die Knaben ließen die Ferngläser nicht von den Augen.
Vögel, Vögel, Vögel! Zu Tausenden standen oder hockten sie auf den Felsabsätzen. Da gab es weiße Seeraben, braune Lummen und viele andere Arten, die sie nicht zu bestimmen vermochten. Auch Bill und die Mädchen waren ganz gebannt von dem Anblick. Was für ein ewiges Kommen und Gehen!
Zu den Vögeln, die auf den Felsabsätzen standen, ge-sellten sich dauernd neue. Andere verließen ihre Plätze und flogen geschäftig in verschiedene Richtungen davon.
Das Geschrei war ohrenbetäubend.
»Sie passen gar nicht auf ihre Eier auf«, tadelte Lucy, als sie auch einmal durch Philipps Glas schauen durfte.
Sie war ganz entsetzt darüber, wie unachtsam die Vögel mit den kostbaren Eiern umgingen. Immer wieder kam es vor, daß einige beim Abfliegen herabgestoßen wurden und unten auf den Felsen zerschellten.
»Sie können ja wieder neue legen«, tröstete Philipp sie.
»Gib mir jetzt das Glas zurück! Ach, wie herrlich das ist!
Ich werde heute abend alles in meinem Tagebuch be-schreiben.«
Bill steuerte das Boot vorsichtig um den Felsen herum.
Er mußte scharf aufpassen und konnte sich nicht länger mit den Vögeln befassen. Allmählich wurde das Ufer der Insel flacher. Bill sah sich nach einem passenden Landungsplatz um und entdeckte auch bald eine kleine, geschützte Bucht, die wie geschaffen dafür zu sein schien.
Er steuerte darauf zu. Knirschend fuhr das Boot auf das sandige Ufer, und Bill sprang an Land. Die Knaben halfen ihm dabei, den Anker auf den Strand zu ziehen und dort einzugraben.
Dina sah sich um. »Soll das hier unser Hauptquartier werden?«
»O nein!« erwiderte Jack schnell. »Wir wollen uns lieber eine Insel suchen, auf der Lunde leben. Am schönsten wäre es, wenn wir mitten zwischen den Vogelinseln wohnten, dann könnten wir immer von einer zur anderen fahren, wie es uns gerade gefällt. Aber vielleicht können wir heute nacht hier schlafen.«
Das war ein wundervoller Tag! Zuerst gingen sie zu dem steilen Felsen, den sie vom Boot aus gesehen hatten. Tausende von Vögeln umschwirrten sie schreiend und fürchteten sich offenbar nicht im mindesten vor ihnen.
Auch auf dem Erdboden wimmelte es von Vögeln, und sie mußten sich vorsehen, um nicht auf Nester oder Eier zu treten. Manche Vögel hackten nach den Beinen der Kinder, berührten sie dabei aber nicht. Es war nur eine Drohung, nichts weiter.
Kiki hockte mit eingezogenem Kopf auf Jacks Schulter und sagte keinen Ton. Er war anscheinend vollkommen eingeschüchtert. Aber Jack wußte, daß er sich bald wieder erholen würde. Schon nach kurzer Zeit würde er eine Unterhaltung mit den Vögeln anfangen, ihnen zurufen, sie möchten sich gefälligst die Füße abwischen, und derglei-chen mehr.
Als Bill und die Kinder die Spitze des Felsens erreicht hatten, empfing sie ein geradezu betäubendes Geschrei.
Kreischend flatterten die Vögel durch die Luft, stiegen senkrecht in die Höhe oder stießen steil nach unten und zeichneten kreisend und segelnd wechselnde Figuren an den blauen Himmel.
»Es ist eigentlich komisch, daß sie niemals zusammenstoßen«, meinte Lucy. »Ich habe noch keinen einzigen Unfall bemerkt.«
»Wahrscheinlich haben sie einen Verkehrsschutz-mann«, grinste Bill. »Wer weiß, vielleicht trägt jeder Vogel seinen Führerschein unter dem Hügel.«
»Ach, erzähl doch keine Märchen!« lachte Lucy. »Aber ich finde es wirklich sehr
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