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Die Seele der Elben

Titel: Die Seele der Elben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Gerdom
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inne, ehe die Mädchen wieder nach seinen Händen griffen, und sagte anklagend: »Mir ist lausig kalt! Könnte ich bitte meine Kleider wiederhaben?«
    Trudwin schüttelte energisch den Kopf und deutete auf den Schemel. »Hinsetzen! Ich gebe dir einstweilen eine Decke.«
    Lluis knurrte, gehorchte aber, ehe der Vestiar seine Drohung wahrmachte, die Wache zu Hilfe zu rufen.
    Lluis sank in einen leichten Dämmerzustand, aus dem er nur einmal kurz erwachte, als der Barbier begann, ihn zu rasieren.
    Irgendwann fand die Prozedur ein Ende. Die Mädchen packten ihr Werkzeug ein, der Barbier drückte Lluigolf seine Schere in die Hand und murmelte: »Viel Erfolg«, der Raum leerte sich und Lluis atmete erleichtert auf. Jedoch zu früh – denn jetzt wurde er von seinem Sitz gezogen und wie eine Puppe in Kleider gesteckt, während der Vestiar kopfschüttelnd und murmelnd auf dem Schemel saß und die beiden Bediensteten ihm die beanstandeten Kleidungsstücke vom Leib zogen und ihm dafür andere überstülpten.
    Als er gerade erwog, sich ein zweites Mal mit dem despotischen Vestiar anzulegen, stieß Trudwin laut und energisch die Luft aus, klatschte in die Hände und sagte zufrieden: »So!«
    Die Männer hörten auf, an Lluigolf herumzuhantieren und traten zurück. Lluis sah an sich herab – er steckte in ordentlichen, gut geschnittenen Kleidern in gedeckten Farben, die aussahen, als gehörten sie einem subalternen Hofbeamten oder einem Ladenbesitzer.
    Â»Was soll das alles?«, fragte Lluis. Er hatte diese Frage während der gesamten Prozedur immer wieder gestellt, ohne eine befriedigende Antwort zu erhalten, und rechnete auch jetzt nicht damit.
    Â»Ich hatte die Anweisung, dich präsentabel herzurichten, und das habe ich getan«, knurrte der Vestiar. »Und jetzt liefere ich dich beim Haushofmeister ab und kann mich endlich wieder um meine eigentliche Arbeit kümmern!«
    Er stand auf und gab Lluis das Zeichen, ihm zu folgen, und nach kurzem Zaudern ging der hinter Trudwin her.
    Â»Was will der Haushofmeister von mir?« Das musste der kleine, kugelrunde Anselm sein, den die Orks Exzellenz genannt hatten.
    Trudwin zuckte mit den Schultern. »Ich weiß es nicht, und es interessiert mich auch nicht. Das wirst du schon Seine Exzellenz fragen müssen.«
    Lluis sah sich um. Sie durchquerten einen langen Flur mit vielen Türen und eine düstere Halle, passierten ein schmales Treppenhaus und einige schlicht eingerichtete Räume und gelangten dann in einen deutlich prächtiger ausgestatteten Gebäudeteil. Die Gänge waren breiter, mit mattglänzenden Lüstern und Wandbehängen, die in satten Farben glühten; die Bodenfliesen aus Marmor und Granit schimmerten und glänzten vom Wachs und Türfassungen und Türen waren aus reich geschnitztem, dunklem Holz gefertigt. Lluigolf sah sich staunend um und fühlte sich sogar in seinen neuen Kleidern mit jedem Schritt, den sie in die Pracht hinein taten, ein wenig unscheinbarer und schäbiger.
    Sie gingen durch eine weitläufige Halle mit Säulen aus hellem Marmor, goldenen Stuckverzierungen und Kristalllüstern an der fernen Decke, bodentiefen Fenstern und goldglänzenden Spiegeln. Lluigolf musste sich auf seine Füße konzentrieren, denn das glänzende Parkett ließ jeden Schritt zu einer Rutschpartie werden. Daran schloss sich ein weiteres Treppenhaus an, diesmal mit großzügig geschwungenen Aufgängen, auf deren Absätzen kunstreich gearbeitete Statuen den Weg nach oben schmückten. Überall hingen Gemälde und Wandteppiche, Lüster und Spiegel; gepolsterte Bänke und zierliche Stühle luden zum Verweilen ein, auf intarsiengeschmückten Tischen standen Blumengestecke und Kristallschalen mit frischem Obst und Zuckerzeug, goldene Tabatieren und silberne Näpfe, deren Zweck Lluis nicht kannte – aber deren Wert unbestreitbar war.
    Â»Nicht Maulaffen feilhalten. Folge mir, junger Mann«, wies der Vestiar ihn scharf zurecht.
    Lluis riss die Augen auf und setzte zu einer wütenden Entgegnung an, aber der Vestiar war schon durch eine hohe Flügeltür am anderen Ende des Zimmers verschwunden, und seine klackenden Schritte entfernten sich eilig. Lluis dachte darüber nach, jetzt einfach durch eine der anderen Türen zu huschen und dabei den ein oder anderen Ziergegenstand mitzunehmen, um dann zu verschwinden, als hinter ihm

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