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Die Seele der Elben

Titel: Die Seele der Elben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Gerdom
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hatten ihn zwar vorbereitet, aber er musste sich jetzt doch sehr zügeln, damit er nicht staunend und gaffend gleich an der Tür stehen blieb. Statt in dem erwarteten Audienzsaal fand er sich in einem zwar großen, aber doch recht intim wirkenden Salon oder Empfangszimmer wieder. Der Haushofmeister lotste Lluigolf ans andere Ende des Salons, wo ein grauhaariger älterer Mann in schlichten Hauskleidern sich mit einer Lupe in der Hand über ein Tablett mit Taschenuhren beugte. »Ja?«, sagte er unwillig, als die beiden sich näherten.
    Â»Der Junge«, sagte der Haushofmeister.
    Â»Welcher Junge?« Der Mann blickte auf, und Lluis sah, dass er neben der Lupe, die er in der Hand hielt, noch eine weitere ins Auge geklemmt hatte, durch die ihn jetzt ein vergrößertes Auge forschend anblickte.
    Â»Wir haben heute Morgen darüber gesprochen«, antwortete Anselm im geduldigen Tonfall eines Lehrers, der mit einem etwas zurückgebliebenen Schüler sprach. »Sie erinnern sich gewiss. Die gnädige Prinzessin …«
    Der andere wischte alle weiteren Worte mit einer ungeduldigen Handbewegung beiseite. »Ja, ja. Erspar mir deinen herablassenden Ton, Anselm, ich erinnere mich ja schon wieder!«
    Er ließ die Lupe in seine Hand fallen und starrte Lluigolf weiter an. »Hmmm«, machte er nachdenklich. »Ich bin enttäuscht, Anselm. Ich habe ihn mir anders vorgestellt. Irgendwie zarter. Exquisiter. Er ist so grob gebaut, ich finde, er sieht recht gewöhnlich aus.«
    Der Haushofmeister machte ein unverbindliches Geräusch, und Lluigolf spürte, wie eine warnende Hand sich unauffällig, aber mit festem Druck auf seine Schulter legte. Deshalb biss er sich auf die Zunge und schluckte die Worte herunter, die schon auf dem Weg zum Ohr dieses unhöflichen Menschen gewesen waren, der hier so abfällig über ihn sprach, als wäre er ein tumbes, taubes Möbelstück.
    Â»Dreh dich, Junge«, befahl der Mann. Obwohl er ganz und gar nicht großartig oder gar hochherrschaftlich aussah, war Lluis inzwischen sicher, hier dem Markgrafen selbst gegenüberzustehen. »Gewöhnlich«, dachte er aufsässig, während er sich gehorsam umdrehte. »Wenn hier jemand gewöhnlich aussieht, dann ja wohl …«
    Â»Ssst«, machte der Haushofmeister, und seine Augen sandten eine Warnung, als hätte er Lluigolfs innerste Gedanken gelesen.
    Â»Na gut«, sagte der Mann schließlich. »Wenn man ihn etwas herausputzt, wird es schon gehen.« Er kniff die Augen zusammen und schielte misstrauisch an seiner scharfen Nase vorbei. »Bück dich«, befahl er, und Lluis gehorchte überrumpelt. Ehe er sich versah, hatte der Mann in sein Haar gegriffen und befingerte sein Ohr.
    Jetzt richtete auch die warnende Hand Anselms nichts mehr aus. Lluis fuhr hoch, machte mit einer abwehrenden Handbewegung einen Schritt rückwärts und rief: »He, was fällt Ihnen ein?«
    Sprachlose Stille. Dem Haushofmeister entfuhr ein leises Stöhnen. Die Lippen des anderen Mannes öffneten sich erstaunt, und sein Blick richtete sich zum ersten Mal in einer Art und Weise auf Lluis, dass dieser sich wahrgenommen fühlte – als Lebewesen, nicht als Möbelstück.
    Â»Bitte?«, fragte der Mann verdutzt.
    Â»Ich bin doch kein Gaul, dem man einfach so im Maul oder an den Ohren herumfingern kann«, ereiferte sich Lluis. Anselm stöhnte wieder, diesmal etwas lauter.
    Der andere Mann blinzelte, dann räusperte er sich und blickte hilfesuchend den Haushofmeister an.
    Â»Ich nehme ihn dann also mit, lasse ihm eine Livree anmessen und ein Quartier zuweisen, wenn es Ihnen recht ist«, sagte Anselm hastig.
    Der andere leckte sich unschlüssig über die Lippen, dann nickte er, offensichtlich des Themas überdrüssig, und beugte sich über seine Uhren. »Danke, Anselm«, murmelte er und klemmte sich die Lupe wieder ins Auge.
    Lluigolf holte tief Luft, fühlte sich aber energisch am Arm gepackt und davongezerrt. »Dummer Kerl«, murmelte der Haushofmeister. »Was wolltest du erreichen? Dass man dich auspeitscht?«
    Wenig später fand Lluis sich in einer Kleiderkammer wieder. Zwischen Stapeln von Leibwäsche, Strümpfen und kleinen Hügeln aus Schuhen kreiste eine Schar von Frauen in adretten Häubchen und Schürzen emsig um Trudwin, der sich Notizen auf einer Schiefertafel machte.
    Â»Du willst mich doch nicht schon wieder

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