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Die Seele des Feuers - 10

Die Seele des Feuers - 10

Titel: Die Seele des Feuers - 10 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Goodkind
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Marketendern zurück und gab selbst ein wenig ihres Geldes für eine anspruchslose, aber etwas gesündere Mahlzeit aus. Alle nahmen an, sie verdiene sich den dürftigen Betrag mit ihrer Bettelei. Um der Wahrheit gerecht zu werden: Sie beherrschte das Geschäft des Bettelns nicht gerade gut, denn ein Geschäft war es. Einige der Bettler, die Mitleid mit ihr bekamen, sobald sie sie agieren sahen, versuchten ihre Technik zu verbessern.
    Ann ließ solche Ablenkungen über sich ergehen, damit niemand dahinterkam, dass sie mehr war, als sie nach außen durchblicken ließ. Einige der Bettler konnten sich auf diese Weise ganz ordentlich durchschlagen. Es galt als Zeichen ihres Könnens, Männern wie diesen eine Münze abzuluchsen.
    Sie wusste, dass eine grausame Fügung des Schicksals die Menschen gelegentlich gegen ihren Willen zu hilflosen Bettlern machte. Aus jahrhundertelanger Erfahrung, diesen Menschen zu helfen, wusste sie aber auch, dass Bettler zäh am Leben hingen.
    Ann traute niemandem im Lager und den Bettlern am allerwenigsten; sie waren noch gefährlicher als die Soldaten. Soldaten waren, was sie waren, sie spielten niemandem etwas vor. Wenn sie einen nicht in ihrer Nähe wollten, befahlen sie einem zu verschwinden, oder man bekam einen Tritt. Einige zückten einfach nur warnend eine Klinge. Wenn sie einen verletzen oder töten wollten, dann ließen sie an ihrer Absicht keinen Zweifel.
    Bettler dagegen lebten ein Leben voller Lügen. Sie logen vom Augenblick an, da sie des Morgens die Augen aufschlugen, bis sie schließlich dem Schöpfer in ihrem Gutenachtgebet eine letzte Unwahrheit auftischten.
    Von allen missratenen Geschöpfen des Schöpfers mochte Ann die Lügner am wenigsten – sowie jene, die ihre Hoffnung und ihre Sicherheit immer wieder in die Hände dieser Lügner legten. Lügner waren die Schakale der Schöpfung. Täuschung für einen edlen Zweck war zwar bedauerlich, manchmal aber im Interesse eines höheren Zieles nicht zu vermeiden. Lügen aus Eigennutz dagegen bildeten ebenjenen Humus aus Unmoral, aus dem die Ranken des Bösen sprossen.
    Wer Männern traute, die eine Neigung zum Lügen an den Tag legten, bewies, was für ein Narr er war, und solche Narren waren für den Lügner nichts weiter als der Staub unter seinen Stiefeln – nur dazu da, um draufzutreten.
    Ann wusste, dass Lügner ebenso wie sie Kinder des Schöpfers waren und sie ihnen pflichtgemäß mit Geduld und Nachsicht begegnen müsste, doch dazu war sie außerstande. Sie konnte Lügner einfach nicht ausstehen, mehr gab es dazu nicht zu sagen. Sie hatte sich mit der Tatsache abgefunden, dass sie in einem späteren Leben dafür würde bezahlen müssen.
    Die Bettelei erwies sich als zeitraubend. Um so schnell wie möglich voranzukommen, versuchte Ann daher, sich auf das Allernötigste zu beschränken. Jeden Abend geriet das Lager aufs Neue völlig durcheinander, weshalb auf die Erkenntnisse aus vorangegangenen Streifzügen kein Verlass war, also beschloss sie, so viel wie möglich aus jedem Beutezug zu machen. Glücklicherweise neigten die Soldaten aufgrund der ungeheuren Ausgedehntheit der Armee dazu, in etwa die gleiche Reihenfolge einzuhalten – ganz ähnlich einem Zug von Lastkarren, der entlang der Straße für die Nacht Halt macht.
    Nach dem Aufbruch der Spitze des Trosses dauerte es morgens weit über eine Stunde, bis sich der hinterste Teil in Bewegung setzte. Abends war der Kopf bereits mit dem Zubereiten des Abendessens beschäftigt, lange bevor die Nachhut Halt machte. Man kam jeden Tag nicht sehr weit voran, dennoch war der Vormarsch unaufhaltsam.
    Nicht nur ihre Absicht, auch ihre Marschrichtung beunruhigte Ann. Die Imperiale Ordnung hatte sich vor einiger Zeit unten bei Grafan Harbour in der Alten Welt gesammelt. Als sie sich schließlich in Bewegung setzte, war sie von der Küste dort in die Neue Welt eingedrungen, dabei aber der Küste gefolgt, zunächst nach Westen bis hin zu jener Stelle, wo Ann überraschend auf sie gestoßen war.
    Ann war keine Militärtaktikerin, aber das Auftauchen der Imperialen Ordnung an dieser Stelle war ihr sofort seltsam erschienen. Sie hatte angenommen, die Truppen würden in nördlicher Richtung in die Neue Welt vordringen. Dass sie sich auf einem solchen, scheinbar sinnlosen Kurs bewegten, sagte ihr, sie mussten einen guten Grund dafür haben. Jagang tat nichts ohne Grund; er war zwar grausam, überheblich und dreist, aber unbesonnen war er nicht.
    Jagang war geübt in der feinen Kunst

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