Die Seele des Feuers - 10
Ihr sicher, Sergeant?« Carine hatte entsetzlich schlechte Augen, selten erkannte sie etwas, das mehr als dreißig Schritte entfernt war, und besagte Personen befanden sich noch weit draußen am Horizont.
Das hatte Beata noch nie zuvor getan: Befehl gegeben, den Schlegel aus seiner Halterung zu nehmen. Wenigstens nicht, wenn Leute nahten. Das Herausnehmen wurde selbstverständlich geübt, aber den Befehl dazu hatte sie noch nie gegeben. In ihrer Abwesenheit hatten die Diensthabenden die Anweisung, ihn herauszunehmen, sobald ihrer Einschätzung nach eine Bedrohung nahte; war Beata jedoch zugegen, oblag es ihr, den Befehl zu geben, ihn einsatzbereit zu machen. Sie trug die Verantwortung, auf sie verließen sie sich.
Nach dem schrecklichen Unfall war vor der Halterung, in der der Schlegel stand, ein zusätzlicher Riegel angebracht worden, obwohl sie wussten, dass nicht der Schlegel die Waffe zum Klingen gebracht hatte. Niemand hatte ihnen gesagt, sie sollten dies tun, Beata war mit einer zusätzlichen Sicherung vor dem Schlegel einfach wohler zumute. Es gab ihnen das Gefühl, auf den Zwischenfall zu reagieren, auch wenn es im Grunde gar nicht stimmte.
Niemand wusste, weshalb die Dominie Dirtch erklungen war.
Beata wischte sich die verschwitzten Handflächen an den Hüften ab. »Bin ich. Macht es einfach.«
Wenn sonst Menschen nahten, ließ sich recht einfach feststellen, ob sie harmlos waren. Händler mit einem Karren, ein paar Angehörige der Nomadenvölker aus der Wildnis, die mit den an der Grenze postierten Soldaten Handel treiben wollten – Beata ließ sie niemals durch –, Kaufleute, die aus dem einen oder anderen Grund eine ungewöhnliche Wegstrecke eingeschlagen hatten, manchmal sogar ein paar Gardisten der anderischen Sondereinheit, die von einem Patrouillengang zurückkehrten.
Diese anderischen Gardisten waren keine gewöhnlichen Armeesoldaten, sondern etwas Besonderes: ausschließlich Männer, die auf Beata den Eindruck machten, als seien sie es gewohnt, sich mit Ärger der einen oder anderen Art zu befassen. Regulären anderischen Soldaten wie Beata schenkten sie überhaupt keine Beachtung.
Einmal hatte sie ihnen befohlen, stehen zu bleiben, als sie herangeritten kamen. Beata wusste, wer sie waren, denn Captain Tolbert hatte sie und ihren Trupp über die besonderen Gardetruppen der Anderier aufgeklärt und sie angewiesen, diese Männer nach Belieben passieren zu lassen, sollten sie des Weges kommen. Sie hatte sie lediglich fragen wollen, ob sie etwas benötigten, schließlich waren es Kameraden.
Sie waren auf ihren Befehl hin nicht stehen geblieben. Ihr Anführer hatte lediglich feixend zu ihr herübergesehen, während er mit seiner Kolonne großer, kräftiger Männer vorüberritt.
Bei den Personen, die jetzt nahten, handelte es sich allerdings nicht um Gardisten. Beata wusste nicht, was sie von ihnen halten sollte, außer, dass sie allem Anschein nach eine ernstliche Bedrohung darstellten. Sie konnte Hunderte berittener Soldaten in dunklen Uniformen ausmachen, als sie beim Haltmachen ihre geschlossene Formation auflösten.
Selbst aus der Ferne war es ein gewaltiger Anblick.
Beata warf einen Blick zur Seite und sah, wie Carine den Schlegel nach hinten schwenkte. Annette hielt den Schaft gepackt, um ihr beim Anschlagen der Dominie Dirtch zu helfen.
Beata war mit einem Satz bei ihnen und bekam den Schaft des Schlegels zu fassen, bevor sie damit ausholen konnten.
»Ich habe nichts dergleichen befohlen! Was ist in Euch gefahren? Zurücktreten!«
»Aber Sergeant«, beschwerte sich Annette, »es sind Soldaten – eine Menge Soldaten –, und sie gehören nicht zu uns.«
Beata stieß die Frau zurück. »Sie geben das Signal. Seht Ihr das nicht?«
»Aber Sergeant Beata«, greinte Annette, »das sind nicht unsere Leute. Sie haben hier nichts zu suchen…«
»Ihr wisst doch noch gar nicht, was sie hier wollen!« Beata war verängstigt und wütend, dass Annette und Carine die Waffe beinahe aus freien Stücken angeschlagen hätten. »Habt ihr den Verstand verloren? Ihr wisst nicht einmal, wer sie sind! Womöglich hättet ihr unschuldige Menschen umgebracht!
Wegen Missachtung eines Befehls werdet ihr beide heute Abend und für den Rest der Woche eine zusätzliche Wache übernehmen. Habt ihr verstanden?«
Annette ließ den Kopf hängen. Carine salutierte, unschlüssig, wie sie auf eine solche Disziplinarmaßnahme reagieren sollte. Beata hätte sich über jeden aus ihrem Trupp geärgert, der
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